- Netzentgelte im Osten bundesweit am höchsten
- Fraktionen fordern eine faire Verteilung der Kosten
- Konsens: Netzausbau schneller voranbringen
Sollte der Ausbau der Stromtrassen nicht schneller und weiter voranschreiten, fürchten die Fraktionen von CDU und SPD eine weitere Erhöhung der Netzentgelte. Dies gefährde ostdeutsche Unternehmen im Standortwettbewerb und Tausende heimische Arbeitsplätze, so der Wortlaut eines Antrags der Koalition. Durch einen Beschluss des Landtags soll sich die Landesregierung für die bundesweite Angleichung der Netzentgelte auf Übertragungsnetzebene einsetzen.
Kosten nicht solidarisch verteilt
Es sei eine Tatsache, dass die Netzentgelte im Osten Deutschlands deutlich höher seien als in den alten Bundesländern, konstatierte Ulrich Thomas (CDU). Sachsen-Anhalt habe deutschlandweit die dritthöchsten Entgelte, dies schlage sich in den Strompreisen für Haushalte und Unternehmen wider. Dadurch ergebe sich für das Land ein erheblicher Standortnachteil, so der CDU-Politiker. Der Übertragungsnetzbetreiber 50 Hertz Transmission GmbH habe zudem angekündigt, dass die Netzumlage im kommenden Jahr in den neuen Bundesländern um weitere 30 Prozent steigen solle. Dies sei besonders bitter in einer Region, die durch einen großen Strukturwandel in den letzten 25 Jahren geprägt worden sei.
Die neuen Länder hätten den höchsten Beitrag bei der CO2-Reduktion in Deutschland geleistet; all die Kosten seien aber nicht solidarisch geteilt worden, sondern seien in Form höherer Strompreise in Ostdeutschland verblieben. Thomas forderte nun eine faire Lastenverteilung beim Netzausbau, vor allem für die Netzstrecken in den alten Bundesländern.
Positionspapier noch nicht umgesetzt
Sachsen-Anhalt erfülle schon heute die für 2020 beziehungsweise 2025 vorgesehenen Ziele des Bundes und der EU hinsichtlich der erneuerbaren Energien, konstatierte Wirtschaftsminister Hartmut Möllring (CDU). Vor dem Hintergrund dieses Erfolgs müsse der Weitertransport des in Sachsen-Anhalt erzeugten Stroms aber sichergestellt werden. Jeder nichtgebaute Kilometer Stromnetz koste viel Geld, so Möllring. Nun drohe für das kommende Jahr eine Erhöhung von 0,6 Cent pro Kilowattstunde, die auf die Endnutzer umgelegt würden. Es ergebe sich ein deutlicher Wettbewerbsnachteil für energieintensive Unternehmen. Hier müsse gegengesteuert werden.
Das von ihm, Möllring, beim Bundeswirtschaftsministerium vorgelegte Positionspapier zur fairen Lastenverteilung der Netznutzungsentgelte sei zwar zur Kenntnis genommen worden, die Umsetzungsschritte seien jedoch noch völlig unzureichend. Auch Möllring strebt eine bundesweite Angleichung der Entgelte auf der Ebene der Übertragungsnetze an und entsprach damit dem Anliegen des Antrags von CDU und SPD. Unterstützung fand auch die zweite Forderung des Antrags, nämlich die sofortige Abschaffung von vermiedenen Netzentgelten für volatil einspeisende Anlagen.
Netzbau nicht vom Osten bezahlen lassen
Die Angleichung der Netzentgelte sei bisher nicht geglückt, erklärte Angelika Hunger (DIE LINKE). Ihre Fraktion forderte, nicht nur die Kosten für die Nutzung der Übertragungsnetzwerke, sondern auch die des Verteilnetzes aufzuteilen. Der Netzausbau dürfe nicht nochmal durch den Osten mitbezahlt werden, die bereits erbrachten Vorleistungen müssten in Rechnung gestellt werden. Die Linken sprachen sich für eine in ihren Augen realistischere Lösung hinsichtlich der „vermiedenen Netzentgelte“ aus: Statt wie von der Koalition gefordert, die Netzentgelte für volatile Anlagen sofort abzuschaffen, sollte diese Abschaffung lediglich für Neuanlagen gelten. Am billigsten sei das Stromnetz, das nicht gebaut wird, so Angelika Hunger. Daher solle nur der unbedingt nötige Netzausbau stattfinden. Ihre Fraktion werde sich für Stromerzeugung und
-speicherung auf regionaler Ebene einsetzen und darauf drängen, entsprechende Projekte im Land intensiver voranbringen.
Kosten bundesweit einheitlich tragen
Silke Schindler (SPD) versteht den Netzausbau als Teil der Energiewende. „Wir sind auf dem Weg zur Energiewende, es handelt sich aber um ein gesamtdeutsches Projekt“, betonte Schindler. Es könne nicht nur von denjenigen getragen werden, die sich dafür einsetzten (also insbesondere die neuen Bundesländer). Auch wenn das Interesse daran in den Bundesländern sehr unterschiedlich ausfalle, müsse der Ausbau und die Modernisierung des Stromnetzes vorangebracht werden. „Wir brauchen ein intelligentes System der Bewältigung der Netzkosten“, sagte die SPD-Energieexpertin. Diese Entgelte seien deutschlandweit sehr unterschiedlich, daher müsse es zum Ausgleich kommen, um die Akzeptanz für den Ausbau der erneuerbaren Energien zu erhalten. Die Kosten müssten demnach nicht regional, sondern bundesweit gleichermaßen getragen werden.
Kosten fair verteilen
Dorothea Frederking (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) bezeichnete die Gestaltung der Netznutzungsentgelte als ungerecht. Sie forderte eine faire Verteilung der Netzkosten auf alle Bundesländer. Man müsse dafür sorgen, dass die Kosten des Netzausbaus nicht aus dem Ruder liefen und so wenig Ausbau wie möglich betrieben würde. Angebot und Nachfrage an erneuerbaren Energien seien abzuwägen.
Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag mit den Stimmen der Koalition angenommen, die Grünen stimmten dagegen, die Linken enthielten sich. Eine von den Grünen gewünschte Ausschuss-Überweisung fand keine Mehrheit.