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Plenarsitzung

Grüne wollen Schulgesetz ändern

  • Grüne wollen lokale Kompetenzen bei Schulentwicklung fördern
  • Koalitionsfraktionen kritisieren Zeitpunkt des Gesetzentwurfs
  • Linke unterstützen Entwurf mit Einschränkungen

Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Schulgesetzes in Sachsen-Anhalt eingebracht. Vor dem Hintergrund eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts zu einem Fall in Sachsen sollen die Entscheidungs- und Gestaltungskompetenzen der Gemeinden, Landkreise und kreisfreien Städte hinsichtlich der Schulentwicklungsplanung gestärkt werden. Im Detail geht es unter anderem um die Berufs- und Studienorientierung, die Würdigung ehrenamtlichen Engagements und die Chancengleichheit in der Schülerbeförderung.

Die Koalitionsfraktionen lehnten eine Novellierung des Schulgesetzes fünf Monate vor der Landtagswahl ab. Dennoch wurde der Gesetzentwurf der Grünen in den Ausschuss überwiesen. Foto: Christian Schwier/fotolia.com

Lokale Kompetenzen vor Ort stärken

Vor dem Hintergrund des Bundesverfassungsgerichtsurteils sei Sachsen-Anhalts Schulgesetz ebenfalls nicht verfassungskonform, argumentierte Prof. Dr. Claudia Dalbert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) und es bestehe Nachbesserungsbedarf. Sie appellierte für mehr lokale Verantwortung der Schulentwicklungsplanung vor Ort, inklusive der Einrichtung von Schulverbünden. Dabei gehe es nicht nur darum, „den Mangel zu verwalten, sondern progressive Bildungskonzepte nach vorne zu bringen“. Das Kultusministerium sollte nach Ansicht der Grünen bei der Schulentwicklungsplanung zwar beratend und begleitend tätig werden, die Entscheidungen sollten jedoch vor Ort getroffen werden.

Ein weiterer Punkt, der den Grünen am Herzen liege, sei die Chancengleichheit in der Schülerbeförderung. Daher enthalte der Gesetzentwurf den Vorschlag, die jährliche Eigenbeteiligung der Eltern ab der 11. Klasse aufzuheben. Um das bürgerschaftliche Engagement von Schüler/innen zu fördern und anzuerkennen, sollte es möglich sein, dass sie bis zu fünf Tage pro Jahr von der Schule befreit werden können. Außerdem forderte Dalbert, dass endlich verbindlich anerkannt werden müsste, dass Schuleschwänzen keine Ordnungswidrigkeit sei.

Opposition: Vorwurf des vorgezogenen Wahlkampfs

Kultusminister Stephan Dorgerloh (SPD) zeigte sich überzeugt, dass es den Grünen mit dem Gesetzentwurf lediglich darum gehe, einen Teil ihres Wahlprogramms vorzustellen. Die schulpolitischen Experten im Ministerium  quittierten den Entwurf als „unausgegoren, schlecht informiert, wenig durchdacht“, so Dorgeloh. Er verzichtete daher darauf, im Plenum auf Details einzugeben.

Ähnlich sah dies auch Hardy Peter Güssau (CDU). Er argumentierte, man wolle die Eltern und Schülern nicht mit einer zweiten Novelle des Schulgesetzes innerhalb einer Legislaturperiode verunsichern und überfordern. „Eine seriöse und eingehende Befassung ist kurz vor Toreschluss der Legislatur schwer möglich“, ein Schnellschuss müsse unbedingt vermieden werden. Stattdessen kündigte er für seine Fraktion an, in der neuen Legislaturperiode einen eigenen Gesetzentwurf zur Novellierung des Schulgesetzes in den Landtag einzubringen.

Linke: Grundsätzlich einverstanden

„Wir können nicht ein halbes Jahr vor der Wahl aufhören zu arbeiten“, zudem sei es für die Wähler/innen wichtig, zu erfahren, wer welche Positionen habe, erklärte  Birke Bull (DIE LINKE).  Im Wesentlichen teile ihre Fraktion die Vorstellungen und Vorschläge der Grünen, insbesondere was die Berufsorientierung, „Schuleschwänzen“ und die Stärkung des Ehrenamts angehe. Unsicher sei Bull bei der Frage nach der Abschaffung des Elternbeitrags zur Schülerbeförderung. Man müsse realistisch sein, auch wenn vieles wünschenswert wäre, müsste geprüft werden, was am Ende wirklich finanziert werden könne. 

Ebenfalls unschlüssig zeigten sich die Linken bei der Frage, bei wem die Schulentwicklungsplanung vorrangig angesiedelt werden sollte. In jedem Fall müsst es das gemeinsame Ziel sein, „ein kinderfreundliches Schulnetz einzurichten und gleichzeitig eine hohe Qualität zu sichern“, so Bull. Vor diesem Hintergrund habe der Gesetzentwurf der Grünen auch zu diesem Zeitpunkt durchaus seine Berechtigung.

Praktische und finanzielle Umsetzbarkeit bleiben offen

Corinna Reinecke (SPD) erinnerte daran, dass einige Punkte des Gesetzentwurfs bereits früher keine Mehrheit im Plenum gefunden hätten, andere würden bereits im Ausschuss diskutiert, wie zum Beispiel die verpflichtende Berufsorientierung an Schulen. An den Ausführungen von Prof. Dalbert kritisierte sie generell, dass nicht deutlich genug erklärt worden sei, wie die Vorschläge praktisch und finanziell umgesetzt werden sollen.

Zum Thema Freistellung für ehrenamtliches Engagement sagte Reinecke, dass sich mit dem Gesetzentwurf der Grünen die Lage an den Schulen verschlechtern würde. Schon jetzt könnten Schüler/innen (laut einem Erlass des Kultusministeriums) bis zu zehn Tage freigestellt werden, daher hält sie die Regelung für überflüssig. Die freie Schulwahl der Eltern sieht die SPD-Politikerin ebenfalls kritisch und befürchtet verstärkte soziale und ethnisch räumliche Abgrenzung. Abschließend sagte Reinecke, wenn das Land – wie von den Grünen vorgeschlagen – nicht mehr für die Schulentwicklungsplanung zuständig wäre, würde es wesentliche Steuerungsmöglichkeiten verlieren.

Der Gesetzentwurf wurde mit den Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Fraktion DIE LINKE in den Ausschuss für Bildung und Kultur überwiesen. Die Koalitionsfraktionen enthielten sich.