Der Bundestag hat am Freitag, 27. Februar, mit großer Mehrheit einer Verlängerung des laufenden Hilfsprogramms für Griechenland um vier weitere Monate zugestimmt. Zeitgleich hat sich auch der Landtag von Sachsen-Anhalt mit dem Zustand Europas und der Bedeutung eines stabilen Euros für Sachsen-Anhalt beschäftigt. Unter der Überschrift „Für eine Europäische Stabilitätskultur in Sachsen-Anhalts Interesse“ hatte die CDU-Fraktion eine Aktuelle Debatte beantragt und bot allen Fraktionen die Gelegenheit, sich zu diesem Thema zu positionieren.
CDU: „Keine Leistung ohne Gegenleistung“
„Solidarität ist keine Einbahnstraße“, erklärte André Schröder (CDU) eingangs der Aktuellen Debatte. Man müsse sich fragen, wann sie wirklich „Hilfe zur Selbsthilfe“ sei. Ein stabiler Euro sei für Sachsen-Anhalt unter anderem deshalb wichtig, weil 70 Prozent des Exports in die Eurozone gingen. Zwar sei der Landeshaushalt nicht direkt an den Rettungspakten für Griechenland beteiligt, indirekt jedoch schon, so Schröder, zum Beispiel durch den Haftungsverbund mit den Ländern. Am Ende würden auch die Steuerzahler in Sachsen-Anhalt für die Rettungsmilliarden haften.
Im Interesse des Landes sei es daher unerlässlich, die bisherige europäische Stabilitätskultur beizubehalten, sagte Schröder. Es müsse weiterhin der Grundsatz gelten: „Keine Leistung ohne Gegenleistung.“ Niemand könne auf Dauer mehr ausgeben, als er einnehme, sonst sei er letztendlich mitverantwortlich für die sozialen Problem, die daraus entstünden. Mit Blick auf die Debatten um den Landeshaushalt ergänzte Schröder, nur eine solide Haushaltspolitik sei langfristig auch ein Garant im Kampf gegen Armut. Der Fraktion DIE LINKE im Landtag warf er Doppelmoral vor. Einerseits würden sie sich mit der griechischen Schwesterpartei „Syriza“ – die mit einer rechtspopulistischen Partei koaliere – solidarisieren, andererseits die AfD in Deutschland als „rechtsradikale Schmuddelpartei“ verteufeln.
Linke: „Von Stabilitätskultur kann keine Rede sein“
Matthias Höhn (DIE LINKE) attackierte die CDU scharf und beschrieb, warum aus Sicht seiner Fraktion von einer „Stabilitätskultur“ überhaupt nicht die Rede sein könne. Die Arbeitslosigkeit in Griechenland liege bei 25 Prozent, drei Millionen Griechen seien ohne Krankenversicherung und das Land habe fünf Jahre nach dem Rettungsprogramm mehr Schulden als vorher. Diese Fakten belegten nach Ansicht von Höhn, dass der europäische Rettungsplan für Griechenland gescheitert und der Wunsch der griechischen Bevölkerung nach Veränderung berechtigt sei.
Außerdem wüssten alle, dass die Rettungsmilliarden in erster Linie in die griechischen Banken geflossen seien und nicht den Griechen selbst zugutekamen. Höhn zeigte sich überzeugt, dass die neue griechische Regierung den Euro langfristig stabiler machen werde und stellte die Frage, was falsch daran sei, die Reichen stärker zu besteuern und Korruption, Steuerhinterziehung und Schmuggel bekämpfen zu wollen. Genau das hätte die griechische Schwesterpartei der CDU („Nea Dimokratie“) in den letzten vierzig Jahren nämlich nicht getan. Nach Ansicht der Linken hätten die Griechen nur mit diesem Aufbruch die Chance, die europäischen Hilfsgelder überhaupt irgendwann zurückzuzahlen. Der Kurs der neuen griechischen Regierung werde Europa guttun und „DIE LINKE in Sachsen-Anhalt wird ab 2016 auch Sachsen-Anhalt gut tun“.
SPD: „Sparpredigten alleine reichen nicht“
„Sachsen-Anhalt war nicht, ist nicht und wird auch 2016 nicht das deutsche Griechenland werden“, betonte Rüdiger Erben (SPD). Auch wenn Turbulenzen in der Eurozone natürlich starke Auswirkungen auf die sachsen-anhaltische Wirtschaft hätten. Ursächlich für die Krise in Griechenland seien nicht die EU-Rettungshilfen, sondern die Eliten hätten das Land ins Verderben gestoßen. Dass die griechischen Banken ihre „Schäfchen rechtzeitig ins Trockene gebracht haben“, die Menschen jetzt aber unter der Sparpolitik leiden müssten, hätte den Populisten in Griechenland erst Auftrieb gegeben.
Die neue griechische Regierung müsse daher dringend die notwendigen Reformen in den Bereichen Korruption, Steuerhinterziehung und Effizienz der Verwaltung angehen. Allerdings ist Erben auch davon überzeugt, dass der Euro nicht allein mit „Sparpredigten“ zu retten sei, sondern dass es einer gesunden Mischung aus Sparpolitik und Strukturreformen bedarf.
Grüne: „Ernüchternde Bilanz“
Olaf Meister (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) stellte ähnlich wie die Linken die Frage, ob 25 Prozent Arbeitslosigkeit in Griechenland, ein Drittel der Bevölkerung ohne Krankenversicherung, eine um 33 Prozent gestiegene Kindersterblichkeit und immer weniger Wirtschaftsleistung als stabile Lage bezeichnet werden könnten? Er fragte außerdem, ob der von der EU verordnete Reformkurs wirklich alternativlos und die verordnete „extreme Rosskur“ der richtige Weg gewesen sei.
Meister sprach sich dafür aus, bei allen Sparbemühungen auch die hohe Arbeitslosigkeit und das krankende Gesundheitssystem Griechenlands im Blick zu behalten. Das Ergebnis nach 227 Milliarden Euro Hilfe sei ernüchternd, Griechenland sei keinen Schritt weiter und hätte deutlich besser dastehen müssen. Darum zweifelte der Grünen-Abgeordnete an, ob es sich mit dem EU-Rettungsprogramm wirklich um „Hilfe zur Selbsthilfe“ handelte. Wenn die neue griechische Regierung Probleme wie Korruption, Steuerhinterziehung und Bürokratieabbau wirklich angeht, sei dies der richtige Weg.
Staatsminister: „Wir unterstützen die Bundesregierung“
Griechenland habe lange über seine Verhältnisse gelebt, die Europäische Union habe das Land in der Krise aufgefangen und vor einem Bankrott gerettet. Dies geschah auch mit einer großen Portion Eigennutz, erklärte Staatsminister Rainer Robra. Es sei nicht einfach, abzuwägen, ob sich weitere Investitionen lohnten oder ob ein Staatsbankrott vielleicht die bessere Lösung wäre. Robra mahnte, es stehe „Spitz auf Knopf“, aber wenn sich Griechenland an die Reformpläne halte, habe es eine realistische Chance. Abschließend sagte der Staatsminister, Sachsen-Anhalt habe die Position der Bundesregierung bei der Griechenlandhilfe immer unterstützt und werde dies auch weiterhin tun – „nicht weil wir die Griechen so lieben, sondern in unserem ureigensten Interesse“.
Beschlüsse wurden am Ende der Aktuellen Debatte nicht gefasst.