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Plenarsitzung

„Ein Betrieb – eine Gewerkschaft“?

„Tarifautonomie stärken – Streikrecht verteidigen“ – mit diesem Antrag wollte die Fraktion DIE LINKE die Landesregierung auffordern, im Bundesrat aktiv zu werden, um einer weiteren Zergliederung der Unternehmen und damit verbundenen Einschränkung der Mitbestimmungsrechte entgegenzuwirken. Hintergrund ist das umstrittene Tarifeinheitsgesetz, das Mitte Mai im Bundestag beschlossen wurde. Danach werden künftig nur Tarifverträge der größten Gewerkschaft eines Betriebes gelten.

„Ein Betrieb – eine Gewerkschaft“? Die Landtagsabgeordneten diskutierten über das neue Tarifeinheitsgesetz. Foto: maxcam/fotolia.com

Starke Demokratie braucht starkes Streikrecht

Das Tarifeinheitsgesetz des Bundestags werde seinem Namen nicht gerecht, sagte Dr. Frank Thiel (DIE LINKE). Ziel sei vielmehr die Lähmung der Gewerkschaften. Dabei sei die Koalitionsfreiheit der Arbeitnehmer  im Grundgesetz verfassungsrechtlich geschützt, das Gesetz sei daher rechtwidrig und stelle einen Eingriff in die Koalitionsfreiheit dar. Die Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie werde nicht durch Streiks, sondern durch die Tarifflucht von Arbeitgebern gefährdet. Als Beispiel führte Thiel die Ausgliederung der Druckerei bei der Volksstimme in Magdeburg an.

Grundsätzlich sei das Prinzip „Ein Betrieb – eine Gewerkschaft“ richtig, aufgrund der unternehmerischen Entwicklung sei es jedoch ausgehöhlt worden. Ursachen sieht  Thiel in der Zergliederung von Unternehmen durch Outsourcing, Leiharbeit und den Missbrauch von Werkverträgen. Die dadurch entstandene Wahlmöglichkeit für eine Gewerkschaft dürfe nicht per Gesetz beschnitten werden.  Zukünftig müssten kleine Gewerkschaften bei den größeren betteln, damit ihre Forderungen in die Tarifverhandlungen mitaufgenommen werden, so Thiel. Wenn sie dies langfristig nicht schafften, würden sie sich über kurz oder lang in Luft auflösen. Dass sei das eigentliche Ziel des Tarifeinheitsgesetzes. Der Linken-Abgeordnete betonte: „Eine starke Demokratie braucht ein starkes Streikrecht“.

Alter Rechtszustand wieder hergestellt

Nobert Bischoff (SPD), Minister für Arbeit und Soziales erklärte, mit dem neuen Tarifeinheitsgesetz werde nur ein bewährter Rechtszustand wieder hergestellt, der bis 2010 bundesweit Gültigkeit hatte. Der Minister zeigte sich überzeugt, dass Gesetz  werde die Funktionsfähigkeit der Tarifeinheit sichern. Zudem greife es nur, wenn es in einem Betrieb eine Tarifkollision gebe. Zum Schutz kleinerer Gewerkschaften seien besondere Verfahrensweisen vorgesehen. Eine abschließende Klärung unterschiedlicher Interpretationen des Gesetzes könnte nur das Bundesverfassungsgericht leisten und dies halte Minister Bischoff  auch für richtig. Bezug nehmend auf die konkreten Forderungen im Antrag der Linken verwies er darauf, dass es auf Landes- und Bundesebene schon verschiedene Aktivitäten dazu gegeben habe.

Ähnlich argumentiert auch CDU-Abgeordneter Ulrich Thomas. Es müsse der Grundsatz gelten, dass es für eine Beschäftigungsgruppe auch nur einen Tarifvertrag gebe. Seinem Kollegen Thiel warf er vor, in seiner Argumentation nur einseitig auf Arbeitgeberseite fixiert zu sein. Es sei nicht besonders charmant, die Arbeitgeber in Sachsen-Anhalt so darzustellen, als wollten die Arbeitnehmer nur ausbeuten. Das Tarifeinheitsgesetz funktioniere in den meisten Fällen gut. Bei der Bahn sei es zuletzt daran gescheitert, dass die Gewerkschaft sich vor alle um Macht und Einfluss gekümmert hätte und weniger um die Ziele ihrer Beschäftigten. Abschließend appelliert Thomas für Fairness bei den Tarifvertragsparteien einzutreten und das Gesetz zu unterstützen.

„Nein“ zu Aushöhlung der Arbeitnehmerrechte

Das Tarifeinheitsgesetz sei eigentlich nicht notwendig gewesen, da kleine Gewerkschaften in den letzten Jahren nicht gerade wie Pilze aus dem Boden geschossen seien und in Sachsen-Anhalt auch nicht überdurchschnittlich oft gestreikt werde, erklärte Prof. Dr. Claudia Dalbert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ). Davon abgesehen hält ihre Fraktion das Gesetz für „verfassungsmäßig äußerst bedenklich“, weil es die Koalitionsfreiheit einschränke und das Streikrecht bedrohe.

Die Ursache für die Zersplitterung der Gewerkschaften liege darin, dass die Arbeitgeber sehr kreativ seien, den Kündigungsschutz zu umgehen und tarifliche Bezahlung zu vermeiden. Außerdem beklagten Gewerkschaften immer wieder die Flucht in Werkverträge, wodurch Mitbestimmung vermieden werde. Abschließend betonte Dalbert: „Die Grünen lehnen jede Aushöhlung der Arbeitnehmerrechte ab und streiten in Sachsen-Anhalt für gute Arbeit.“

Streikrecht nicht gefährdet

Andreas Steppuhn (SPD) zeigte sich verwundert, was alles in das Tarifeinheitsgesetz hinein interpretiert werde. Natürlich gebe es zwischen den Gewerkschaften unterschiedliche Auffassungen über das Gesetz, die große Mehrheit allerdings wolle das Gesetz. Zum Bahnstreit stellte er die Frage, wie soll es ausgehen, wenn sich zwei Gewerkschaften in einem Unternehmen dauerhaft stritten, wer die bessere ist? Steppuhn ist überzeugt, dass es gute Argumente für das Tarifeinheitsgesetz gebe und dass es die Sozialpartner und die Tarifautonomie stärken werde. Man sei weit davon entfernt, das Streikrecht auszuhöhlen.

Der Antrag der Fraktion DIE LINKE wurde mit den Stimmen von CDU und SPD abgelehnt.