„Du musst einfach mehr üben!“ oder „Jetzt konzentriere dich mal, dann klappt das auch!“ So oder so ähnlich reagieren bestimmt die meisten Eltern, wenn ihre Kinder wieder mit einem „Ungenügend“ in der letzten Mathearbeit nach Hause kommen. Ist ja eigentlich auch kein Grund zur Panik, schließlich ist Mathe wirklich nicht jedermanns Sache. Wenn das aber öfter passiert und Kinder bereits in der Grundschule mit einfachsten Rechenaufgaben überfordert zu sein scheinen, dann kann ein Test auf Rechenschwäche helfen.
Ursache nicht mangelnde Intelligenz
Wie viele Kinder genau von einer Rechenschwäche – wissenschaftlich Dyskalkulie – betroffen sind, ist umstritten. Einige Studien sprechen von fünf andere von bis zu 25 Prozent der Grundschüler. Bei diesen Kindern hilft dann auch nicht „üben, üben, üben“ sondern sie brauchen eine richtige Therapie, weil ihnen das Grundverständnis für Zahlen, Mengen und einfachste Rechenoperationen fehlt. Ganz wichtig: Diese Defizite haben nichts mit mangelnder Intelligenz oder fehlendem Lernwillen des Kindes zu tun. Hilfe beim Erkennen einer Dyskalkulie und der dann folgenden Therapie bieten in Sachsen-Anhalt zehn Zentren zur Therapie der Rechenschwäche (ZTR). Anlässlich des 15-jährigen Jubiläums des ZTR Halle hat Landtagspräsident Detlef Gürth das Zentrum besucht.
Akzeptanz für Rechenschwäche stärken
Gürth betonte: „Das grundsätzliche Verständnis und die Akzeptanz für Rechenschwäche müssen nicht nur in den Behörden oder Schulen gestärkt werden, sondern zunächst bei den Eltern.“ Es sei wichtig, dass Schülerinnen und Schüler mit einer Rechenschwäche eine frühzeitige individuelle Förderung erhalten. Nur so könne Schulversagen vorgebeugt und eine Grundlage für die Ausbildung von Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit gelegt werden. Das ZTR würde hier bereits sehr gute Arbeit leisten und dazu beitragen, dass junge Menschen die Freude am Lernen zurückgewinnen und ihr Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen gestärkt würden.
Eltern bleiben oft auf Kosten sitzen
Die Kosten für eine Therapie müssen in vielen Fällen die Eltern selbst tragen, so der Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie e. V. Demnach tragen Krankenkassen die Kosten nur, wenn die Kinder bereits seelische oder psychische Störungen in Folge der Rechenschwäche erlitten haben. In einigen Fällen würden auch die Jugendämter einspringen, jedoch werde dies in Sachsen-Anhalt regional sehr unterschiedlich gehandhabt, so Cornelius Issels, Leiter des ZTR Halle. Von seinen Schützlingen würden 30 Prozent vom Jugendamt unterstützt. Eine Therapie kostet rund 250 Euro im Monat. Ob einem Kind geholfen werden kann oder nicht, hängt damit oft vom sozialen Status der Eltern ab.
Landtagspräsident Gürth plädierte dafür, dass Deutschland mehr Geld für die Therapie von Rechenschwäche in die Hand nehmen solle. Schließlich liege Deutschland im OECD-Durchschnitt immer noch deutlich unter dem Durchschnitt bei den Ausgaben für die Grundschulbildung.
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