Cookies helfen uns bei der Weiterentwicklung und Bereitstellung der Webseite. Durch die Bestätigung erklären Sie sich damit einverstanden, dass Cookies gesetzt werden.

Plenarsitzung

Der Reißverschluss ist schon fast zu

Die Reißverschlusszähnchen des Ost-West-Mäntelchens greifen mehr und mehr ineinander, aber um den Hals rum zieht es noch ein bisschen. So könnte man die am Mittwoch, 18. Februar, in Berlin vorgestellte Studie „Sind wir ein Volk?“ vielleicht bildlich zusammenfassen.

Die Ostbeauftragte der Bundesregierung Iris Gleicke (SPD) hatte bei der Vorstellung der Studie folgendes Fazit: „Wir sind vereint, aber noch nicht eins.“ Die Studie „Deutschland 2014 – 25 Jahre friedliche Revolution und Deutsche Einheit“ liefere laut Gleicke klare Belege dafür, dass Ost und West seit der Wiedervereinigung immer mehr zusammenwachsen. Dafür spreche auch die laut Studie außerordentlich hohe allgemeine Lebenszufriedenheit sowohl im Westen (83 Prozent) als auch im Osten (76 Prozent). 

Für bemerkenswert hält Gleicke in diesem Zusammenhang den Umstand, dass 77 Prozent der Ostdeutschen und immerhin auch 62 Prozent der Westdeutschen die Wiedervereinigung für sich persönlich als vorteilhaft erleben. Dies sei ein deutliches Zeichen für eine gelungene Entwicklung, so Gleicke. Das dürfe natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass es noch jede Menge zu tun gebe. Zum Beispiel bei der geringeren Wirtschaftskraft in den neuen Ländern, den deutlich niedrigeren Löhnen und dem immer noch unterschiedlichen Rentenrecht.

70 Prozent der Ostdeutschen sagen: DDR war Diktatur

Außerdem belegt die Studie, dass 70 Prozent der Ostdeutschen das politische System der DDR als Diktatur betrachten. Als „Unrechtsstaat“ bewerten die DDR jedoch nur 46 Prozent. Die Autoren der Studie interpretieren die Zahlen mit der Sorge vieler Ostdeutscher, dass Teile ihrer eigenen Biografie entwertet würden, wenn die DDR generell zu einem Synonym für Unrecht erklärt wird. Gleicke äußerte Verständnis für die Sorgen der Menschen und betonte: „Aber gerade weil die DDR eine Diktatur war, muss im Westen endlich allgemein anerkannt werden, dass die Ostdeutschen in ihrer ganz großen Mehrheit ganz einfach versucht haben, für sich und ihre Familien etwas aufzubauen und unter den schwierigen Bedingungen der DDR-Diktatur ein anständiges Leben zu führen."

Vertrauen in Politiker ist in Ost und West gleich schlecht

Darüber hinaus hat sich die Studie mit der Einstellung zur Politik, zu politischen Akteuren und Institutionen beschäftigt. Die Ergebnisse zeigen, dass es in diesem Bereich kaum noch Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland gibt. So ist beispielsweise das Vertrauen, das Politikern und Parteien entgegengebracht wird in beiden Teilen Deutschlands gleich schlecht. „Das ist ein Befund, der uns zu denken geben muss“, sagte Gleicke. Das niedrige Vertrauensniveau geht laut Studie einher mit einer konstant gering eingeschätzten Bürgernähe von Politikern. Diese sogenannte „Responsivitätslücke“ fällt im Osten seit Jahren größer aus als im Westen.

Die Studie „Deutschland 2014 – 25 Jahre friedliche Revolution und Deutsche Einheit“ wurde von der Ostbeauftragten anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Wiedervereinigung in Auftrag gegeben. Sie wurde vom Zentrum für Sozialforschung Halle unter Federführung von Prof. Dr. Everhard Holtmann durchgeführt. Befragt wurden insgesamt 2001 Menschen ab 14 Jahren, die per Zufallsprinzip ermittelt wurden. Im September soll die Studie über die Bundeszentrale für politische Bildung veröffentlicht werden.