Viele Menschen engagieren sich dieser Tage ehrenamtlich, um Flüchtlingen zu helfen und gemeinsam mit ihnen Integration zu leben. Träger dieses Engagements sind in vielen Fällen Wohlfahrtsverbände und Kirchen. Die SPD hat eine Aktuellen Debatte beantragt, in der dieses Engagement gewürdigt und gleichzeitig die Positionen von Kirchen und Wohlfahrtsverbänden in der Flüchtlingshilfe diskutiert wurde.
Ehrenamtliches Engagement ist unverzichtbar
Egal ob als Deutschlehrer, Alltagshelfer oder in der Kleiderkammer – Möglichkeiten für ein ehrenamtliches Engagement in der Flüchtlingshilfe gibt es viele und die Sachsen-Anhalter nutzen sie. Im Rahmen einer Aktuellen Debatte wurde ihr Engagement nun ausdrücklich vom Landtag gewürdigt. Matthias Graner (SPD) sagte:„Das Engagement der kirchlichen und sozialen Verbände ist unverzichtbar.“ Daher sollten wir den Dank an die Ehrenamtlichen nicht nur routiniert aussprechen, weil es sich so gehört, sondern weil wir als Land unmittelbar davon profitieren, so Graner. „Wir müssen uns hüten vor der Annahme, dass dieses Engagement selbstverständlich ist.“
Viele Ehrenamtliche seien in festen Strukturen organisiert, aus diesen Vereinen, Verbänden und Kirchen hätte es in den vergangenen Wochen verschiedene Resolutionen gegeben. Die Kirchen in Sachsen-Anhalt hätten beispielsweise in der vergangenen Woche eine gemeinsame Position veröffentlicht. Darin konstatierten sie unter anderem, dass unsere Gesellschaft vor tiefgreifenden Veränderungen stehe, ob wir es wollten oder nicht. Diese müssten konstruktiv aufgenommen und gestaltet werden, so die Kirchen, und dafür seien wir Politiker zuständig, sagte Graner.
Dank muss über Parteigrenzen hinaus gelebt werden
Norbert Bischoff, Minister für Arbeit und Soziales (SPD) räumte ein, dass unser Land bei der Aufnahme von Flüchtlingen in den letzten Monaten teilweise überfordert gewesen sei. Gleichzeitig hätte er aber ein ungemein großes Engagement der Bevölkerung erlebt, auf das er stolz ist. „Diese Menschen sind die Ehre unseres Landes. Es gereicht uns zur Ehre, wenn sie Mitmenschlichkeit zeigen.“ Diese Eigenschaften könne von der Politik nicht organisiert, wohl aber durch Wertschätzung begleitet werden. Da reiche manchmal auch ein Händedruck oder eine kleine Urkunde. Wichtig sei jedoch, dass der Dank für diese Ehrenamtlichen über Parteigrenzen hinweg gelebt werden müsse.
Mit Blick in die Zukunft warb Bischoff dafür, die ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer nicht aus dem Blick zu verlieren, da ihre Unterstützung noch lange nötig sein werde. Insbesondere, da sie nicht nur Dank aus der Gesellschaft erhielten, sondern auch mit Anfeindungen leben müssten.
Helfer stoßen oft an staatliche Mauern
Seriösen Schätzungen zufolge hätten sich in diesem Jahr bundesweit rund sieben Millionen Menschen ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagiert, erklärte Wulff Gallert (DIE LINKE). „Darauf können wir alle gemeinsam stolz und sollten dankbar sein.“ Allerdings gebe es für diesen Dank keinen politischen Konsens. So habe der AfD-Fraktionschef im brandenburgischen Landtag die Flüchtlingshelfer kürzlich als „nützliche Idioten“ bezeichnet. Der Landrat von Anhalt-Bitterfeld sprach einmal von „rosa-roter Willkommenshysterie“.
Neben verbalen und körperlichen Anfeindungen würden Ehrenamtliche in Sachsen-Anhalt immer wieder auch an „staatliche Mauern stoßen“, die systemimmanent seien. Denn die Asylpolitik sei seit den 1990er Jahren darauf ausgerichtet, möglichst große Abwehrmechanismen zu organisieren, erläuterte der Linken-Fraktionschef. Als Beispiel nannte Gallert unter anderem Medizinstudenten aus Magdeburg, die Hilfe für illegalisierte Flüchtlinge organisierten und dafür selbst kriminalisiert würden.
„Ehrenamtliche werden diskreditiert, belächelt und angegriffen – das ist die Realität.“ Umso mehr Respekt habe er vor der Arbeit der ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer, sagte Gallert: „Sie dürfen nicht zum Notnagel für staatliches Versagen werden, sondern müssen von staatlichem Handeln unterstützt werden.“
Rolle von Kirchen und Verbänden gewürdigt
Der Termin für die Aktuelle Debatte könnte einen Tag vor der Veranstaltung „Politik sagt Danke“ nicht besser gewählt werden, sagte Angela Gorr (CDU). Ohne die überwältigende Hilfsbereitschaft von Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe, hätte Deutschland sich nicht als gastfreundliches Land präsentieren können. Die Kirchen und Wohlfahrtsverbände spielten dabei eine wichtige Rolle, weil sie Menschen zusammenbrächten und in der Lage seien, die Hilfe möglichst effektiv zu organisieren. Als Beispiele nannte sie Kleiderkammern und „Die Tafeln“, die zunehmend auch Flüchtlinge versorgten.
„Die Ehrenamtlichen bilden das Rückgrat unserer Gesellschaft und ihnen gehört daher unser ausdrücklicher Dank“, so die CDU-Politikerin. Gleichzeitig verwies auch sie auf die Anfeindungen, denen ehrenamtliche Flüchtlingshelfer im Internet von Hetzern und Rassisten ausgesetzt seien, und appellierte an ihre Kollegen im Landtag: „Lassen sie uns diesen Menschen entgegentreten, damit unsere Gesellschaft nicht auseinanderfällt.“
Ehrenamt als Kern verantwortlicher Zivilgesellschaft
Prof. Dr. Claudia Dalbert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) betonte eingangs ihres Redebeitrags einmal mehr:„Das Asylrecht kennt keine Obergrenze.“ Auch sie dankte den ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern, deren Engagement dazu beitrage, die Flüchtlingshilfe zu verbessern. Außerdem dankte sie ihnen dafür, dass sie sich jenen Menschen entgegenstellen, die Flüchtlingen anfeinden und Brandsätze werfen. Sie alle tritten für eine tolerante und offene Gesellschaft ein. Allerdings merkte sie kritisch an, dass das Ehrenamt auch das Hauptamt und damit verbunden eine verlässliche Finanzierung brauche.
Grundsätzlich müsse die Landespolitik dafür sorgen, dass es bei diesem positiven Klima im Bereich der Flüchtlingshilfe bleibe, sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen. Außerdem müssten die Politiker dafür sorgen, „dass wir von einem Transit- zu einem Bleibeland werden“. Denn momentan verlasse noch jeder dritte Flüchtling Sachsen-Anhalt wieder. Ihrer Ansicht nach ist „Integration eine gemeinsame Zukunftsaufgabe von uns allen“. Flüchtlinge müssten spüren, dass sie dazugehören und nicht alleine stehen. Dies ginge nur in einem Miteinander von Politik und vielen ehrenamtlich engagierten Menschen im Land.
Zwar könne Engagement manchmal auch unbequem sein und Hierarchien stören, so Dalbert, aber es sei der Kern einer verantwortlichen Zivilgesellschaft und diese sollte die Politiker an ihrer Seite wissen.
Am Ende der Aktuellen Debatte wurden keine Beschlüsse gefasst.