Die Landesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, Birgit Neumann-Becker, hat den 21. Tätigkeitsbericht ihrer Behörde vorgelegt. Im Rahmen einer Pressekonferenz am Dienstag, 31. März, übergab sie den 148 Seiten langen Bericht an Landtagspräsident Detlef Gürth.
Neumann-Becker sagte, auch 25 Jahre nach der Friedlichen Revolution sei die Aufgabe des Landesbeauftragten noch nicht abgeschlossen. „Einen Schlussstrich gibt es nicht.“ Gewalt, Unrecht und Willkür in der SBZ/DDR hätten die Würde vieler tausender Menschen verletzt und ihnen Lebenszeit und Kraft gestohlen. Diesen Opfern müssten Anerkennung und Würde zurückgegeben werden. Bis Ende September 2014 hätten beispielsweise mehr als 4 000 Personen in Sachsen-Anhalt einen Antrag beim Heimkinderfond gestellt. Allein diese Zahlen zeigten, dass die Aufarbeitung des unmittelbar menschenrechtsverletzenden Unrechts der SED-Diktatur nicht abgeschlossen sei, hob die Landesbeauftragte hervor.
Landtagspräsident Detlef Gürth betonte bei der Pressekonferenz, wie wichtig ihm die Verpflichtung sei, „den betroffenen Menschen ihre Würde wiederzugeben. „Ich werde das Parlament bitten, sich mit der gesamten Thematik zu befassen, in den Ausschüssen darüber zu beraten und entsprechende Schlussfolgerungen zu ziehen.“
Etwa 2500 Personen beraten
Im Jahr 2014 wurden von der Landesbehörde etwa 2 500 Personen beraten und weitere 2 000 Menschen hätten telefonische Anfragen gehabt. Daneben gab es 45 öffentliche Beratungstage. Allein beim Tag der offenen Tür im Landtag wurden 70 Anträge auf Akteneinsicht entgegengenommen, erklärte die Landesbeauftragte Neumann-Becker. Um die regionale Erreichbarkeit für SED-Opfer zu verbessern, hätte es eine Kooperation mit Caritas-Verbänden und regionalen Sprechtagen in ganz Sachsen-Anhalt gegeben. Im Juni vergangenen Jahres fiel zudem der Startschuss für die Projektstelle zum Aufbau eines Kompetenznetzwerks für psychosoziale Beratung und Therapie in Magdeburg. Dort soll eine Erstberatung von Betroffenen erfolgen, bevor sie für eine weitere Beratung oder Therapie an andere Stellen verwiesen werden.
Aus dem Tätigkeitsbericht geht außerdem hervor, dass die Beratung zu Rehabilitationsmöglichkeiten und -entscheidungen nach den SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen ein weiterer Arbeitsschwerpunkt gewesen ist. Nach Ansicht der Stasibeauftragten sei der Umgang mit den Opfern der Diktatur für die Wertebegründung unserer Demokratie entscheidend. „Wie sollen Menschen für den Einsatz für Demokratie ermutigt werden, wenn diejenigen, die sich der Diktatur widersetzt und ihre Freiheit riskiert haben, heute am Rand stehen?“
Freiwillige Überprüfung angeboten
Neumann-Becker führte weiterhin aus, dass nach den Kommunalwahlen im Mai 2014 alle Mandatsträger angeschrieben worden seien, sich freiwillig überprüfen zu lassen. Etwa ein Drittel der Landkreise und Gemeinden hätten daraufhin beschlossen, einer freiwilligen Überprüfung zuzustimmen. Im Vorfeld der Wahlen gab es laut Landesbeauftragter verschiedene Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern, die eine weitere Aufarbeitung möglicher Verstrickungen forderten. Gleichzeitig gebe es jedoch kritische Stimmen, die Überprüfungen für nicht mehr zeitgemäß hielten. Damit eng verbunden sei die Frage, inwiefern eine Verstrickung mit dem Staatsdienst, die vor 25 Jahren beendet worden ist, heute noch von Bedeutung sei.
Landtag erarbeitet neues Aufgabenprofil
Der Landtag hatte im März vergangenen Jahres beschlossen, dass sich der Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung mit der Neuorientierung des Amtes des Landesbeauftragten beschäftigen soll. Dabei geht es insbesondere um ein neues Aufgabenprofil und eine sachgemäße Neubenennung des Amtes. Eine öffentliche Anhörung zu dem Thema fand bereits statt, die Beratungen des Landtags sind jedoch noch nicht abgeschlossen.