Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN will mit einem Antrag „Alleinerziehende und ihre Kinder stärken“. Die Landesregierung soll unter anderem aufgefordert werden, sich für eine stärkere steuerliche Entlastung von Alleinerziehenden und für eine Ausweitung des Unterhaltsvorschusses einzusetzen. Des Weiteren soll dafür gesorgt werden, dass mehr Eltern ihren Unterhaltspflichten nachkommen und die gemeinsame elterliche Sorge im Rahmen des ALG-II-Bezugs finanziell abgesichert wird. Entschieden wurde noch nichts, die Beratungen werden zunächst in den Ausschüssen fortgesetzt.
Ein-Eltern-Familien würden mittlerweile auch als vollwertige Familien anerkannt, freute sich Cornelia Lüddemann (Grüne). Sie zeichneten sich durch über die Maßen engagierte alleinerziehende Eltern aus. „Doch Kinder kosten schlichtweg Geld“, sagte Lüddemann und betonte, dass Alleinerziehende mit zu hohen Kosten konfrontiert seien. Zwar seien das Kindergeld und der Kinderfreibetrag geringfügig angehoben, der steuerliche Entlastungsbeitrag für Alleinerziehende jedoch sei nicht angepasst worden. Die Erhöhung des Entlastungsbeitrags sei unumgänglich, um Alleinerziehende nicht weiter zu belasten.
Die Abgeordnete der Grünen kritisierte zudem die Handhabung des sogenannten Unterhaltsvorschusses. Dieser wird geleistet, wenn Eltern ihrer Unterhaltspflicht nicht nachkommen. Er werde jedoch nur bis zum zwölften Lebensjahr und höchstens für 72 Monate gezahlt. Durch den Wegfall rutsche die/der Alleinerziehende oft in ALG-II-Bezug. Der Vorschuss soll nach Wunsch der Grünen ausgebaut werden (bis zum 18. Lebensjahr bzw. bis zum Ende der ersten Ausbildung).
Lüddemann monierte abschließend das von einer Planungsgruppe erstellte Konstrukt der „temporären Bedarfsgemeinschaft“. Durch dieses soll der Regelsatz des Kindes tagesgenau reduziert werden, wenn es beim zweiten Elternteil ist, gleichwohl die ständigen Kosten dieselben blieben. Dies werde Alleinerziehenden nicht gerecht, sagte die Grünen-Politikerin.
Entlastungsbeitrag sollte erhöht werden
Alleinerziehende seien überdurchschnittlich auf die Grundsicherung angewiesen, räumte Sozialminister Norbert Bischoff. Er bestätigte Lüddemann in dem Vorhaben, den steuerlichen Entlastungsbeitrag, der seit dem Jahr 2004 1 308 Euro beträgt, zu erhöhen. Die SPD-Bundesfraktion habe sich kürzlich für eine Erhöhung des Betrags (auf 1 608 Euro) und eine Staffelung nach Anzahl der Kinder ausgesprochen, erklärte Bischoff. Die Regelungen des Unterhaltsvorschusses nach oben hin zu korrigieren, hält der Minister für derzeit nicht bezahlbar, zumal zwei Drittel der Kosten von den Landkreisen und Kommunen zu leisten seien.
Alle Familienformen in Einklang bringen
Eduard Jantos (CDU) sah die Thematik zu sehr auf Alleinstehende mit Kindern konzentriert, alle Familienformen seien aber in Einklang zu bringen. Denn es gebe auch Familien mit zwei Eltern und Kindern, denen es ebenfalls finanziell nicht blendend gehe. Jantos warb für ein Steuermodell, das Familien mit Kindern bevorzuge. Ein solches sei in Frankreich sehr erfolgreich. Darüber hinaus habe seiner Ansicht nach das sogenannte Ehegattensplitting bei der Steuer ausgedient.
Armutsfeste Kindergrundsicherung
Die Grünen forderten zwar eine stärkere steuerliche Entlastung von Alleinerziehenden, seien aber in ihrem Antrag die Antwort schuldig geblieben, welche Weichen dafür gestellt werden müssten. Die Linken werben für eine Reform des Kinderzuschlags, die Erhöhung des Kindergelds und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, um Alleinerziehende und ihre Kinder besser zu unterstützen.
In ihrem Änderungsantrag sprechen sich die Linken dafür aus, „sich gegenüber der Bundesregierung und im Bundesrat für eine stärkere steuerliche Entlastung Alleinerziehender und für die Einführung einer armutsfesten Kindergrundsicherung einzusetzen“. Dies vor dem Hintergrund, dass viele Alleinerziehende allein aus einem erhöhten Entlastungsbeitrag keine Vorteile ziehen könnten, da sie wenige bis gar keine Steuern entrichteten, so der Wortlaut der Begründung.
Auf Arbeitskraft nicht verzichten
Nadine Hampel (SPD) zeigte sich dankbar über den Antrag der Grünen, denn er ermögliche die Beschäftigung mit dem wichtigen Thema. Viele alleinerziehende Frauen und Männer seien trotz guter Bildungs- und Berufsabschlüsse häufiger armutsgefährdet als andere Eltern. Immer weniger Alleinerziehende würden in Vollzeit arbeiten können – auf diese Arbeitskraft könne das Land vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels aber nicht verzichten. Es gelte nun, nach praktikablen Lösungen für Sachsen-Anhalt zu suchen.
Der Antrag der Grünen und der Änderungsantrag der Linken wurden im Anschluss an die Debatte in die Ausschüsse für Arbeit und Soziales (federführend) und für Finanzen, für Inneres und Sport sowie für Recht, Verfassung und Gleichstellung (mitberatend) überwiesen.