Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat am 14. November 2014 die obersten Verfassungshüter/innen des Landes und deren Stellvertreter/innen neu gewählt. Genau einen Monat später endet die siebenjährige Amtsperiode des siebenköpfigen Landesverfassungsgerichtes, dessen Mitglieder am 13. Dezember 2007 ihre Ernennungsurkunden erhielten.
Besonderer Status des Landesverfassungsgerichts
Der Gesetzgeber – der Landtag von Sachsen-Anhalt – hatte als „verfassungsgebende Landesversammlung“ 1992 die Verfassung von Sachsen-Anhalt verabschiedet, in der dem Landesverfassungsgericht ein eigener Abschnitt gewidmet worden war. Danach steht das Gericht als Verfassungsorgan gleichwertig neben Landtag und Landesregierung. „Oberstes Gericht“, das womöglich andere Landesgerichte kontrolliert, ist dieser unabhängige Gerichtshof jedoch keinesfalls und auch keine Behörde, an die sich jedermann mit x-beliebigen Beschwerden wenden kann.
Einzig und allein über die Einhaltung der Landesverfassung wacht das Gericht und hat darum nur die in der Verfassung verankerten Zuständigkeiten. So hat es unter anderem bei Streitigkeiten über die Durchführung von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden zu entscheiden, wenn entweder die Antragsteller selbst oder ein Viertel der Landtagsmitglieder beziehungsweise die Landesregierung dies beantragen. Auch Städte und Gemeinden können sich an das Landesverfassungsgericht wenden, wenn sie ihr Recht auf Selbstverwaltung durch ein Landesgesetz verletzt sehen.
Anders als in zahlreichen anderen Bundesländern können Bürger in Sachsen-Anhalt Individualverfassungsbeschwerden aber nur gegen Landesgesetze, jedoch nicht gegen gerichtliche oder behördliche Entscheidungen richten.
Zusammensetzung des Gerichts
Ein eigenes Landesgesetz regelt die Zusammensetzung des Landesverfassungsgerichts. Danach besteht es aus sieben Mitgliedern. Für jedes Mitglied wird ein Vertreter gewählt. Drei Mitglieder und ihre Vertreter haben Präsidenten der Gerichte des Landes oder Vorsitzende Richter an den oberen Landesgerichten zu sein. Die weiteren Mitglieder und ihre Vertreter sollen aufgrund ihrer Erfahrung im öffentlichen Leben für das Amt eines Mitglieds des Landesverfassungsgerichts besonders geeignet und mindestens ein Mitglied und sein Vertreter müssen auf Lebenszeit ernannte Universitätsprofessoren des Rechts sein. Nach Ablauf der siebenjährigen Amtszeit ist eine Wiederwahl möglich, eine dritte Legislatur als Mitglied des Landesverfassungsgerichts ist jedoch ausgeschlossen.
Für die im November 2014 erfolgte Wahl des neben Landtag und Landesregierung dritten Verfassungsorgans hatte der Landtagsausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung einstimmig den Präsidenten des Oberlandesgerichts Naumburg, Winfried Schubert, und den Vorsitzenden Richter am Oberverwaltungsgericht Sachsen-Anhalt, Lothar Franzkowiak, für eine zweite Amtszeit als Präsident und Vizepräsident des Landesverfassungsgerichts nominiert. Auch für die übrigen fünf Mitglieder und alle Vertreter des Gremiums lag den Abgeordneten ein Vorschlag des Ausschusses vor. Laut Landesverfassung war für ihre Wahl eine Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Abgeordneten, mindestens die Mehrheit der Mitglieder des Landtags, erforderlich. Die Ernennung der Gewählten durch den Ministerpräsidenten und ihre Vereidigung vor dem Landtag erfolgt voraussichtlich im Januar 2015.
Gemeindegebietsreform ein Brennpunktthema
Hauptsächlich aber beschäftigten sich die Verfassungshüter Sachsen-Anhalts in der zurückliegenden Legislaturperiode mit der Gemeindegebietsreform. Die hatte ihnen eine Welle von Verfassungsbeschwerden und Anträgen auf Erlass einstweiliger Anordnungen eingebracht. Allein zum Gemeindeneugliederungs-Grundsätzegesetz waren etwa 180 Verfahren anhängig, berichtet Frank Straube, Sprecher des Landesverfassungsgerichts. Gegen die durch Parlamentsentscheid verordnete Neugliederung wehrte sich nochmals eine Vielzahl von Kommunen und ließ überprüfen, ob die einzelnen Eingemeindungen verfassungskonform seien. Doch lediglich bei Formfehlern wurde eine Zuordnung aufgehoben. „Bei den kommunalen Neugliederungen hat das Landesverfassungsgericht dem Gesetzgeber einen weiten politischen Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum zugebilligt“, sagt Gerichtssprecher Frank Straube.