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Plenarsitzung

Politik mahnt: Mehr Ethik in der Tierhaltung

Die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sprachen mit einem Antrag gravierende Missstände in Schweinezuchtanlagen an, vor allem im Bereich der Haltung von Zuchtsauen und der geworfenen Ferkel. Insbesondere ging es um die Größe der Kastenstände der Sauen und das Verbot der Tötung von Ferkeln allein aus wirtschaftlichen Gründen. Die Fraktionen von CDU und SPD brachten einen Alternativantrag ein.

Neue Haltungsbedingungen entwickeln

„Die Landwirtschaft ist der wichtigste Wirtschaftszweig im Land und sichert unsere Lebensgrundlage“, erklärte Dorothea Frederking (Grüne). Sie müsse die Anerkennung erhalten, die ihr zustehe. Missstände und widrige Haltungsbedingungen brächten auch die gute Landwirtschaft in Verruf – „Das dürfen wir nicht zulassen!“ Die unhaltbaren Zustände in Sauen- und Ferkelanlagen seien so schnell wie möglich zu beenden: zu enge Kastenstände, schlechte Bodenbeschaffenheit, fehlendes Trinkwasser für die Tiere und mangelnde tierärztliche Versorgung. „Die Tiere haben ein Recht auf Schutz und ein Leben ohne Qualen und Schmerzen“, konstatierte Frederking. Sauen dürften nicht länger als Gebärmaschinen und Ferkel nicht als Produktionsmasse angesehen werden.

Im Kastenstand verbleibt die Sau bis zu vier Wochen nach der Besamung. Sie kann darin weder gehen und noch sich bewegen. Die Sau kann lediglich stehen und liegen, dabei aber in vielen Fällen die Beine nicht ausstrecken, weil die Anlagen zu eng sind. Die Grünen fordern eine klare Ergänzung in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung, dass die Breite des Kastenstandes mindestens der maximalen Höhe des Schweins im Stehen entspricht. Außerdem wird die Haltung der Sauen außerhalb des Kastenstandes nach dem Besamungszyklus gefordert. Die Grünen sprechen sich dafür aus, Haltungsbedingungen ohne Kastenstände zu entwickeln. Aufgrund der Züchtung bringen Sauen mittlerweile mehr Ferkel zur Welt als sie säugen können. Nach Erkenntnissen der Grünen würden schwache Ferkel einfach getötet, nach dem Tierschutzgesetz sei dies eine Straftat. Nottötungen dürften nur bei nicht überlebensfähigen oder leidenden Ferkeln vorgenommen werden, erinnerte Frederking. Das Ferkeltöten allein aus wirtschaftlichen Gründen sei nicht gestattet. Die sei zukünftig stärker zu kontrollieren. Strafanzeigen wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz (Zufügung von Schmerzen und grundlose Tötung von Wirbeltieren) müssten strikter verfolgt werden.

Gravierende Mängel ahnden

Die landwirtschaftliche Nutztierhaltung müsse im Rahmen des geltenden Rechts erfolgen, erklärte Landwirtschaftsminister Dr. Hermann Onko Aeikens. Gleichwohl räumte er gravierende, ja abstoßende Missstände ein. Man habe systematische Verstöße durch bestimmte Tierhalter beobachten können: „Das nehme ich nicht hin, und ich nehme auch nicht hin, dass Behörden pfuschen.“ Dagegen werde mit aller Konsequenz vorgegangen. Wer Tiere halte, übernehme auch eine ethische Verantwortung.

Die Ergebnisse der bisherigen Kontrollauswertungen zeigten aber, dass die meisten Tierhalter ihren Pflichten nachkämen. Diskussionsbedarf bestätigte Aeikens hinsichtlich der Sauenhaltung, aber auch hinsichtlich der Tierzucht. Er frage sich, ob man noch auf dem richtigen Weg sei, wenn Sauen immer mehr Ferkel zur Welt brächten, die sie gar nicht säugen könnten. Der Minister verwies beim Thema Tötung von Ferkeln auf die bereits bestehenden rechtlichen Regelungen. Es sei offenbar nicht allen Tierhaltern bewusst, welche Umstände vorliegen müssen, damit Ferkel überhaupt getötet werden dürfen. Er kündigte einen Erlassentwurf zum Tierschutz beim Töten von Ferkeln, also der Darstellung zulässiger Verfahren an. Zudem sei die tierschutzrechtliche Überwachung zu verstärken. In großen Tieranlagen sollte die Kontrollintensität erhöht werden, so Aeikens. Komme es zu gravierenden Verstößen könnte auch eine kontinuierliche Überwachung des Unternehmens die Folge sein. Der Minister warb für ein bundesweites Register für Tierhaltungsverbote und die Umsetzung von EU-weiten Standards.

Auf Einhaltung gesetzlicher Vorschriften achten

Jürgen Barth wehrte sich gegen Verallgemeinerungen, die durch die Debatte erzeugt würden. Dies sei nicht fair gegenüber den Menschen, die sich 365 Tage im Jahr regelkonform um ihre Tiere kümmerten. „Der Tierschutz ist uns wichtig, Standards und Kontrollmechanismen müssen überprüft werde“, sagte Barth und wies darauf hin, dass zur Erfüllung dieser Aufgaben die Landkreise mit mehr Personal und der nötigen sächlichen Ausstattung versorgt werden müssten. Die Notwendigkeit noch schärferer gesetzlicher Vorgaben sieht Barth indes nicht: „Wir haben gesetzliche Vorschriften, sie müssen nur eingehalten werden.“ Das Töten von Ferkeln aus wirtschaftlichen Gründen sei verboten und eine Straftat. Es sei konsequent gegen Verstöße vorzugehen, notfalls auch so strikt, dass Tierbestände aufgelöst würden. Auf Antrag von CDU und SPD soll zudem geprüft werden, welchen Beitrag unter anderem das Zentrum für Tierhaltung und Technik Iden der Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (LLFG) leisten kann, welches entsprechend des Landtagsbeschlusses „Artgerechte und gesellschaftlich anerkannte Nutztierhaltung voranbringen“ (Drucksache 6/1073) zu einem Kompetenzzentrum für art- und umweltgerechte Nutztierhaltung weiter entwickelt werden soll.

Schwerer Imageschaden

Es gebe einige schwarze Schafe im Landwirtschaftsbereich, die ihrem Image schweren Schaden zufügten, erklärte Hans-Jörg Krause (DIE LINKE), aber die große Mehrzahl beweist mit ihrer täglichen Arbeit ein verantwortungsvolles Vorgehen bei der Tierhaltung. Krause plädierte dafür, zukünftig mehr auf den Wunsch der Bevölkerung nach kommunaler Beteiligung bei Entscheidungen zum Bau von Tierhaltungsanlagen einzugehen. Im Gegensatz dazu stellte der Landwirtschaftsexperte der Linken aber dar, dass moderne und größere Ställe sehr wohl mit artgerechter Haltung einhergehen können. Nun sei es angebracht, einzelne Tierschutznormen und deren Einhaltung auf den Prüfstand zu stellen. Denn es reiche nicht, Gesetzesverstöße immer nur im Nachhinein zu ahnden. Der vom Minister erwähnte Erlass könne jedoch, so Krause, nicht allein die Antwort auf die offenen Fragen sein. 

Zuchtziele in Frage stellen

Bernhard Daldrup drängte auf die Einhaltung des geltenden Tierschutzrechts. „Wer es nicht einhält, muss mit harten Sanktionen bestraft werden“, fordere der CDU-Abgeordnete. Es gebe Missstände im Land, die man nicht verleugnen könne. Aber man dürfe auch nicht so tun, als würden alle Tierhalter auf diese Art und Weise arbeiten. Das Ferkeltöten aus wirtschaftlichen Gründen sei bereits verboten, im Alternativantrag der Koalition werde aber der vernünftige Grund dargelegt, dies in der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung noch zu konkretisieren. Ähnlich wie Minister Aeikens stellte auch Daldrup die Zuchtziele in der Massentierhaltung (Milch bei Kühen, Ferkel bei Schweinen) in Frage.

Im Anschluss an die Debatte wurde der Alternativantrag der Fraktionen von CDU und SPD angenommen. Der Antrag der Grünen konnte keine Mehrheit finden und wurde auch nicht in die Ausschüsse überwiesen.