Der Landtag von Sachsen-Anhalt hat sich zum Meisterhandwerk bekannt und will den Meisterbrief als hohen Qualitätsstandard erhalten. Abgeordnete aller vier Fraktionen haben in der Plenarsitzung am Donnerstag, 16. Oktober, einen entsprechenden Antrag beschlossen. Darin wird die Landesregierung gebeten, sich auch zukünftig dafür einzusetzen, den Meisterbrief als Siegel für Qualität der Dienstleistung und Ausbildung im Handwerk zu erhalten. Eingebracht wurde der Antrag von den Fraktionen der CDU und SPD. Die Fraktion DIE LINKE ergänzte den Antrag um drei weitere Punkte, von denen zwei eine Mehrheit unter den Abgeordneten fanden.
Hintergrund der Debatte war ein Vorstoß der Europäischen Kommission, den Meisterbrief abzuschaffen. Aus Sicht der EU-Kommission handle es sich um eine ungerechtfertigte Beschränkung auf dem Dienstleistungsmarkt innerhalb Europas. Im Februar dieses Jahres hatte die EU-Kommission dann wiederum signalisiert, den Meisterbrief in Deutschland unangetastet zu lassen.
Mormann: „Beste Waffe gegen Jugendarbeitslosigkeit“
Ronald Mormann (SPD) erläuterte mit zahlreichen Argumenten die Bedeutung des Meisterbriefes für das Handwerk in Sachsen-Anhalt und betonte besonders die Ausbildungsleistung der Meisterbetriebe. 95 Prozent der Handwerkslehrlinge würden in Meisterbetrieben ausgebildet, sagte Mormann. Außerdem werde mit der Meisterausbildung der Grundstein für erfolgreiches Unternehmertum gelegt und Sekundarschüler bekämen die Chance, auch ohne Abitur eine hochwertige Qualifikation zu erlangen. Darüber hinaus zeigte sich Mormann überzeugt, dass die duale Ausbildung „die beste Waffe gegen Jugendarbeitslosigkeit“ sei. Während die Quote in Deutschland bei 7,4 Prozent liege, sei sie im europäischen Durchschnitt rund dreimal so hoch. Daher dürfe das Erfolgsmodell Meisterbrief nicht in Frage gestellt werden.
Möllring: „Meister entspricht Bachelor-Abschluss“
Gleicher Meinung war auch Hartmut Möllring (CDU), Minister für Wissenschaft und Wirtschaft. Er versicherte, dass er sich weiterhin für den Erhalt des Meisterbriefes einsetzen wolle. Der Meisterbrief „steht bei Verbrauchern für eine fachlich gute Beratung der Kunden und die verlässliche Ausführung von Leistung“, sagte Möllring. Außerdem berechtige der Meistertitel mittlerweile zum Studium und entspreche einem Bachelor-Abschluss.
Meisterbetriebe im Handwerk hätten eine höhere Überlebensdauer als zulassungsfreie Handwerksbetriebe, erklärte Möllring weiter. Seiner Ansicht nach liege das nicht zuletzt an den fachlichen und kaufmännischen Kenntnissen, die während der Meisterausbildung vermittelt würden. Die Haltung der Europäischen Union empfindet Möllring als widersprüchlich. Einerseits empfehle die EU, das deutsche Ausbildungssystem nachzuahmen, andererseits stelle sie den Meisterbrief in Frage. Abschließend erklärte Möllring, um die Erfolgsgeschichte fortzuschreiben, wurde auf Bundesebene festgelegt, das Berufsbildungsgesetz zu evaluieren und eventuell Anpassungen vorzunehmen. Dieses Vorhaben werde von der Landesregierung ausdrücklich begrüßt.
Thiel: „Auch Berufsschulen unter die Lupe nehmen“
Dr. Frank Thiel (DIE LINKE) machte deutlich, dass seine Fraktion den Antrag grundsätzlich unterstütze. Allerdings sollte auch die Situation des Handwerks in Sachsen-Anhalt noch einmal ausführlich analysiert werden. Darum brachte seine Fraktion einen Änderungsantrag ein, der dem Antrag von CDU und SPD drei weitere Aspekte hinzufügte. Zum einen wird die Landesregierung gebeten, die Situation in den Berufsschulen unter die Lupe zu nehmen, zum anderen sollte die Meisterausbildung in den nicht reglementieren Berufen als wichtiger Beitrag im europäischen Qualifizierungsrahmen stärker propagiert werden. Außerdem gelte es zu prüfen, so Thiel, inwieweit Ausbildungsbeihilfen wie zum Beispiel das „Meister-Bafög“ zugänglicher gemacht werden könnten.
Keindorf: „Gute Ausbildung braucht gute Ausbilder“
„Lehrling ist ein jedermann, Geselle ist, wer etwas kann, Meister ist, wer etwas ersann.“ – Mit diesem Sprichwort eröffnete Thomas Keindorf (CDU) seine Rede zur Stärkung des Meisterbriefes. Das Sprichwort illustriere die Dreistufigkeit des Handwerks und zeige, wie wichtig eine gute Ausbildung sei. Keindorf, der selbst Handwerksmeister ist, betonte, eine gute betriebliche Ausbildung setze gute Ausbilder voraus und genau darum sei der Meisterbrief so wichtig. Außerdem sei der Meisterbrief auch gelebter Verbraucherschutz, weil er gute Qualität garantiere.
Meister kritisiert: Auflösungsquote zu hoch
Auch die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN will den Meisterbrief als zentrales Qualitätsmerkmal im Handwerk erhalten und stärken. Grünen-Abgeordneter Olaf Meister sagte, das Handwerk in Sachsen-Anhalt stehe für hohe Wettbewerbsfähigkeit, Innovationskraft, hohe Mitarbeiterzahlen und eine hohe Ausbildungsleistung. Gleichzeitig begrüßten die Grünen den Änderungsantrag der Linken. Dieser enthalte laut Meister sinnvolle Ergänzungen rund um das Thema „Meisterbrief“.
Ein besonderes Augenmerk legte Meister noch auf die hohe Auflösungsquote von Ausbildungsverträgen in Sachsen-Anhalt. Diese sei zwischen 2006 und 2013 von 22 auf 31 Prozent gestiegen und dies obwohl die Landesregierung ein Präventivprogramm beschlossen hatte. Dies sei laut Meister offenbar „relativ erfolglos“ geblieben. Um der hohen Auflösungsquote entgegenzuwirken, schlägt er eine Modularisierung der Ausbildung sowie Ausbildungspatenschaften und die Möglichkeit der Verbundausbildung vor.
Bei der Abstimmung wurde der Antrag von CDU und SPD – ergänzt um die Punkte 6 und 7 aus dem Änderungsantrag der Linken – von allen Fraktionen angenommen. Punkt 5 des Änderungsantrags der Linken (Untersuchung der Situation der Berufsschulen) wurde von der Regierungskoalition abgelehnt.