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Plenarsitzung

Gut 25 Grundschulen vor der Rettung?

Die Debatten um die drohenden Schulschließungen in ländlichen Gebieten haben ganz schön Staub aufgewirbelt. Daher haben Bildungspolitiker aller Landtagsfraktionen und das Kultusministerium in den letzten Wochen um einen Kompromiss gerungen. Dieser wurde jetzt von den Oppositionsfraktionen im Landtag mit einem Antrag zu den Vorgaben der Mindestschülerzahlen (60 Schüler) und der STARK-III-Förderkriterien aufgegriffen. Der Antrag wurde in den Ausschuss für Bildung und Kultur überwiesen. Kultusminister Stephan Dorgerloh kündigte an, den erarbeiteten Kompromiss über die Mindestschülerzahlen umzusetzen.

Blick in das Klassenzimmer einer Grundschule: Ab 1. August 2017 könnte es neue Richtwerte für die Klassenstärke geben. Foto: Dalibri

Kompromiss gilt nur als Ganzes

Es sei durchaus Tradition, sich fraktionsübergreifend mit einem Thema zu befassen und der Landesregierung anschließend Eckwerte zur Umsetzung mit auf den Weg zu geben, erklärte Matthias Höhn (DIE LINKE) bei der Einbringung des Antrags. Der Kultusminister sei in diesem Fall sogar auf alle Fraktionen zugegangen. Man habe sich auf einen Kompromiss verständigt, durch den sich die Schulschließungen in ihrer Zahl etwa halbieren. Laut Antrag sollen Schulverbünde als Modellprojekt durchgeführt werden. Die Linken sprechen sich zudem für Veränderungen bei den STARK-III-Förderkriterien aus (gleichberechtigte Förderkriterien auch für kleinere, nicht in Gänze bestandsgesicherte Schulen), was bei der SPD allerdings auf keinen Zuspruch stößt. Der ausgearbeitete Kompromiss bestehe jedoch nur in Gänze oder er bestehe nicht, sagte Höhn, der sich gegen eine im Verlauf der Debatte von der CDU geforderte Überweisung in den Bildungsausschuss aussprach.

Größeren Planungshorizont schaffen

Es gelte, das Land für Familien attraktiv zu machen, sagte Prof. Dr. Claudia Dalbert (Grüne) und lobte den gemeinsam erzielten Kompromiss als ein gutes Instrument für die weitere Entwicklung der Schullandschaft in Sachsen-Anhalt. Schulverbünde seien ein zentrales Mittel kluger Organisation von Schule vor Ort, erklärte Dalbert, durchaus auch zwischen unterschiedlichen Schulformen. Der im Antrag festgeschriebene Prüfauftrag sei vorteilhaft. Die Gültigkeit der Schulentwicklungsplanung bis zum Juli 2023 festzuschreiben, schaffe den Einrichtungen einen größeren Planungshorizont. Und natürlich habe es Bindungskraft, wenn die Fraktionen gemeinsam ihrem Willen Ausdruck verliehen, dass bis 2023 nichts an den Zahlen geändert werden soll. Eine Ausschussüberweisung sei – so im Einklang mit den Linken – das falsche Mittel, denn Schulen und Eltern warteten jetzt auf ein gutes Signal aus dem Landtag.

Frühzeitige Sicherheit für die Träger

Es sei kein Makel, wenn politische Entscheidungen kritisch reflektiert und revidiert würden, erklärte Kultusminister Stephan Dorgerloh. Er stellte in Aussicht, dass das Kabinett schon Ende Oktober über die gemeinsame Verständigung über die Veränderung der Schulentwicklungsplanung beraten werde. Konkret geht es um die Grundschulgröße im ländlichen Raum, die mindestens 60 Kinder betragen soll. Auf Basis der gemeinsamen Beratungen des Ministers und der Bildungspolitiker/innen der Fraktionen könnten so mehr als 25 Grundschulen erhalten werden. Dies schaffe die frühzeitige Sicherheit für die Träger, sich um noch mehr Stabilität für kleine Grundschulen im ländlichen Raum zu bemühen. Das Ministerium sei gern bereit, bei flexiblen Lösungen mitzuhelfen, versicherte Dorgerloh.

Mehr Flexibilität durch Schulverbünde

Man habe sich nach in den letzten Wochen sehr intensiv geführten Debatten auf neue Vorgaben in der Schulentwicklungsplanung verständigt, erläuterte André Schröder (CDU). Der Verzicht auf die bisherigen Planungsvorgaben im ländlichen Raum sichere etwa 27 Schulen in ihrem Bestand. Die CDU-Fraktion begrüße die Modifikation und die Selbstkorrektur des Ministers, sagte Schröder und erklärte, dass es für die Veränderung der Mindestschülerzahlen jedoch keines Beschlusses des Landtags bedürfe, da dies die Landesregierung selbst per Verordnung regeln könne. Um dem Thema aber weiter die nötige Aufmerksamkeit zuzuwenden, sollte der Antrag in den Bildungsausschuss überwiesen werden, anstatt ihn in seiner vorgelegten Form zu beschließen. Im Gegensatz zum Koalitionspartner SPD spricht sich die CDU für Schulverbünde aus. Sie könnten zur Überwindung der Kleinteiligkeit des Grundschulwesens beitragen und  Flexibilitätsreserven und Synergieeffekte (Schulleitung und Personalplanung) erzeugen.

„Nicht alle Einzelpunkte umsetzbar“

Die SPD spricht sich laut deren Fraktionsvorsitzende Katrin Budde gegen einen Beschluss des Antrags aus, weil die darin aufgeführten Kompromisse in Einzelpunkten nicht alle notwendig oder umsetzbar seien. Bei einer 60er-Größe der Grundschulen seien Schulverbünde unnötig. Schulen und Personal sollten solange wie möglich eigenständig gehalten werden. „Lehrer gehören vor die Tafel und nicht auf die Straße“, sagte Budde und verwehrte sich gegen das Vorhaben, Lehrer/innen zu permanenten Pendlern zwischen zwei oder mehr Einsatzorten zu machen. Die Richtlinien des Programms STARK III zu ändern, sei in der vorgegebenen Formulierung nicht umsetzbar, erklärte Budde. Es seien nur Schulen förderfähig, deren Bestand für mindestens 15 Jahre sichergestellt sei. Das könne zu diesem Zeitpunkt nicht seriös von den kleinen Grundschulen im ländlichen Bereich gesagt werden.

Im Anschluss an die Debatte wurde der Antrag der Linken und Grünen mit den Stimmen der Koalition in den Ausschuss für Bildung und Kultur überwiesen. Die Opposition hatte sich gegen die Überweisung ausgesprochen.

Zum Antrag der Linken und Grünen (PDF)