Die verheerenden Auswirkungen des Hochwassers im Sommer 2013 haben die Menschen im Land, vor allem aber die Betroffenen auch heute noch gut vor Augen. Neben spektakulären Sicherungsmaßnahmen ist es aufgrund des immensen Ausmaßes der Naturkatastrophe auch zu vieldiskutierten Entscheidungen der Einsatzkräfte und Verantwortlichen gekommen. Im Ortsgebiet Aken hatte sich im letzten Jahr eine Bürgerinitiative gebildet, die mithilfe einer Petition Antworten auf kritische Fragen erhalten und über Konsequenzen auf vermeintliche Fehlentscheidungen informiert werden möchte. Diese wurde im Ausschuss für Petitionen während einer öffentlichen Anhörung erneut erörtert.
Drucksache bereits im Oktober 2013 abschließend behandelt
Die von der Bürgerinitiative und weiteren Mitstreitern gemeinsam eingereichte Sammelpetition zielte schon im vergangenen Jahr darauf ab, das Hochwassermanagement – vor allem im Hinblick auf den Dammbruch am Dessauer Busch – zu hinterfragen. Nach Ansicht der Petenten hatten sowohl der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW) als auch die Stadt Dessau-Roßlau die Stadt Aken nicht dabei unterstützt, den Bruch im Dessauer Busch zu verhindern. Das Zusammenwirken der Katastrophenstäbe des Salzlandkreises, des Landeskreises Anhalt-Bitterfeld und der Stadt Dessau-Roßlau wurde nachdrücklich kritisiert. Einer der Dreh- und Angelpunkte der Kritik ist das Betreiben beziehungsweise Nichtbetreiben des Schöpfwerks in Aken, das die Überflutung von Aken begünstigte. Der Ausschuss für Petitionen hatte die Drucksache bereits im Oktober 2013 abschließend behandelt. Im November wandten sich die Petenten erneut an den Petitionsausschuss, weil sie mit dem Inhalt der Beschlussfassung nicht einverstanden waren. Der Ausschuss brachte die Petition aus diesem Grund noch einmal auf seine Agenda und führte am Donnerstag, 3. April 2014, eine öffentliche Anhörung durch.
„Es geht nicht um Schuldzuweisungen“
Während des Hochwassers im Jahr 2002 habe man viel Hilfsbereitschaft und Solidarität erfahren, erklärte Dr. Siegfried Schnuppe von der Bürgerinitiative „Dammbruch am Dessauer Busch“. Die Probleme seien seinerzeit im Ortsgebiet Aken nicht so gravierend gewesen. Nach dem Hochwasser 2013 seien allerdings viel Verzweiflung und Wut zurückgeblieben. Nach den für die Petenten strittig erschienenen Entscheidungen für die Bewältigung des Hochwassers wandten sie sich an den Ausschuss für Petitionen des Landtags. Erst 14 Wochen nach Einreichung der Petition sei eine Reaktion des Ausschusses zu vermerken gewesen, kritisierte Schnuppe.
In der Beschlussempfehlung hätte sich dann im Grunde nur die Aussage der Landesregierung befunden, dass im Hochwassermanagement keine Fehler gemacht worden seien. „Das haben wir als mangelnden Respekt gegenüber dem Wahlvolk empfunden“, konstatierte Schnuppe. Die Anhörung im Ausschuss werde aber als Zeichen des Einvernehmens verstanden. „Es geht nicht um Schuldzuweisungen“, machte der Vertreter der Bürgerinitiative deutlich. Vielmehr gehe es darum, begangene Fehler aufzuarbeiten und zu einem echten Zusammenwirken zwischen Land und Kommune zu kommen. Schnuppe forderte, die Betroffenen in das Fassen von Beschlüssen/Plänen zur Hochwasserbewältigung in Zukunft einzubinden.
Abschaltung des Schöpfwerks Aken unnötig?
Die Meinungen über die Richtigkeit von Entscheidungen lagen auch bei der Anhörung im Petitionsausschuss sehr weit auseinander. Siegfried Mehl, Sachverständiger der Bürgerinitiative, kritisierte, dass bis heute kein Plan vorliege, wie in den 2013 betroffenen Gebieten während eines möglichen nächsten Hochwassers vorgegangen werden solle. „Der LHW hat hier seine Hausaufgaben nicht gemacht“, sagte Mehl. Er gehört zudem zu der Gruppe, die die Abschaltung des Schöpfwerks in Aken für einen schweren und unnötigen Fehler halten. Nach der Abschaltung des Schöpfwerks und dem Verbot des zeitweilig manuell betriebenen Schöpfens sei das Wasser in Aken deutlich gestiegen und habe zu vielen Schäden geführt. Ronald Günther vom Flussbereich Schönebeck des LHW stellte dagegen, dass das Schöpfwerk zunächst für die Verhinderung eines Hochwassers durch den Fluss Taube vorgesehen sei, nicht für ein von der Elbe verursachtes Hochwasser. Das Hochwasser sei von zwei Seiten auf den Ort zugekommen, viel zu viel Wasser, das ohnehin schon die Umgebungsflächen überschwemmt hatte. Auch im Hinblick auf die Sicherheit der Beschäftigten habe das Werk auf diese Weise seine Aufgabe nicht mehr erfüllen können.
Landesregierung traf die Entscheidung
Ungeklärt war für die Mitglieder des Petitionsausschusses und die Petenten auch die Frage der Zuständigkeit. „Gab es in Aken eigenmächtige Entscheidungen, wer traf für das Schöpfwerk die Entscheidungen?“, fragte Rüdiger Erben (SPD) vor dem Hintergrund der Kontroversen zwischen Einsatzkräften und Anwohnern. Der frühere Landrat des Landkreises Anhalt Bitterfeld, Bernhard Bödecker, konnte zur Aufhellung beitragen: „Zunächst wurden keine Entscheidungen getroffen, die ich als Landrat nicht mitgetragen hätte“, erklärte Bödecker. Man hätte die Betreibung des Schöpfwerks in Aken übernommen, aber vonseiten der Landesregierung habe es dazu keine Äußerung gegeben.
Gerald Grünert (DIE LINKE) erinnerte in diesem Zusammenhang an die verschiedenen Varianten, welche zur Außerbetriebsetzung des Schöpfwerks geführt haben könnten. Eine sei die Beschädigung der elektrischen Anlagen gewesen, die – so Ronald Günther vom LHW – auch fototechnisch zu belegen seien. Das Schöpfwerk abzuschalten gehe aber auf eine Entscheidung der Landesregierung zurück, wie deren Vertreter bestätigten. Die Landesregierung hätte in diesem Katastrophenfall das Wirkungsrecht ausgeübt. Grundlage für die Entscheidung seien die Berichte des Landesverwaltungsamtes gewesen, die wiederum auf die Aussagen der Unteren Katastrophenschutzbehörde beruht hätten.