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Plenarsitzung

Endbericht zur Vernässung liegt vor

Der zeitweilige Ausschuss des Landtags von Sachsen-Anhalt „Grundwasserprobleme, Vernässungen und das dazugehörige Wassermanagement“ hat am 26. Juni 2014 nach fast dreijähriger Tätigkeit seine Arbeit beendet und legte nun seinen Endbericht dem Parlament und der Öffentlichkeit vor.

Land unter in Brachwitz: Die Ortschaft wurde vom Hochwasser 2013 überflutet. Foto: Dr. Uwe-Volkmar Köck

Seit September 2011 beschäftigte sich der Ausschuss mit der im Land vorherrschenden Wasserproblematik auf privaten, öffentlichen und landwirtschaftlich genutzten Flächen. Nach Angaben des Landesbetriebs für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft sind etwa 27 Prozent der Fläche Sachsen-Anhalts vernässungsgefährdet. Die Politik sah sich fraktionsübergreifend in der Pflicht, geeignete Maßnahmen in die Wege zu leiten, um diesem Problem erfolgreich und dauerhaft zu begegnen. 

Dabei verfolgte der Ausschuss den Auftrag, so dessen Vorsitzende Brigitte Take, sich einen Überblick über die konkreten Ursachen und Folgen der entstandenen Grundwasser- und Vernässungsprobleme zu verschaffen, nachhaltige Lösungsansätze zu erarbeiten sowie die erforderlichen Finanzierungsinstrumente darzustellen, die zur Behebung der Grundwasserprobleme und Vernässungen führen sollen. Eine erste Maßnahme des Landes war die Bereitstellung von 30 Millionen Euro für Kommunen und Verbände. Sie sind an den Altlastenfonds angegliedert und daher nicht an den laufenden Haushalt gebunden.

Extreme Niederschlags- und Hochwasserereignisse hatten in den zurückliegenden Jahren deutlichen Einfluss auf die ohnehin angespannten naturräumlich bedingten hohen Grundwasserverhältnisse. Die Folge waren vermehrt auftretende Vernässungen an vielen Orten des Landes. Betroffen waren in erster Linie die durch die Urstromtäler der Elbe, Saale, Mulde und Weißen Elster geprägten Landesteile, aber auch bergige Regionen. „Das Wasser zeigte sich zugleich als Segen und Fluch. Wir haben in den letzten Jahren erkannt, dass die Menschen durch Vernässung der Böden mit enormen Probleme konfrontiert waren“, betonte die Ausschussvorsitzende Brigitte Take. „Sie damit nicht allein zu lassen, war und ist unser erklärtes Ziel.“

Während der fast dreijährigen Tätigkeit des Ausschusses kam es zu insgesamt 26 Sitzungen und zu verschiedenen Anhörungen von Experten. Auch zahlreiche Vor-Ort-Termine während acht Arbeitsreisen durch ganz Sachsen-Anhalt wurden absolviert. Der persönliche Kontakt mit Betroffenen, Bürgerinitiativen und kommunalen Vertretern sollte die Arbeit der Ausschussmitglieder maßgeblich prägen. Zu den bereisten Regionen gehörten unter anderem der Salzlandkreis, der Saalekreis und der Landkreis Anhalt-Bitterfeld. Die unterschiedlichen Erkenntnisse wurden in der fortlaufenden Ausschussarbeit zusammengeführt.

Zusätzlich wurde durch den Ausschuss eine wissenschaftliche Untersuchung mit dem Thema „Lösungsansätze zu einer Gefährdungsanalyse für bestehende und zukünftige Vernässungen“ initiiert. Denn die im Zusammenhang mit hohen Gewässerständen, Vernässungen und Erosionen auftretenden Problemlagen sind keine einmaligen Vorkommnisse, deren Auftreten für die Zukunft auszuschließen ist. Vielmehr ist aufgrund der Lage des Landes, der demographischen Entwicklung und der Veränderungen und Belastungen der Umwelt mit einem wiederholten Auftreten dieser Problemlagen zu rechnen.

Vor dem Hintergrund der laufenden und verbleibenden Aufgaben empfiehlt der zeitweilige Ausschuss dem Landtag, sich auch nach Beendigung dessen Tätigkeit weiterhin intensiv der bestehenden Problemlagen anzunehmen und diese politisch zu begleiten sowie die nötigen Finanzmittel bereitzustellen. Darüber hinaus sieht der Ausschuss es als dringend erforderlich an, für das Land Sachsen-Anhalt ein nachhaltiges Wasserressourcenmanagement zu entwickeln. „Die Ausschussmitglieder stehen darüber hinaus auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Kommunen beratend zur Seite“, versichert die Ausschussvorsitzende Brigitte Take.

Schwerpunkte der Ausschussarbeit

Der zeitweilige Ausschuss erarbeitete anhand der Expertenanhörungen und der Gespräche mit Betroffenen vor Ort nachhaltige Lösungsansätze und Empfehlungen zu folgenden Themenbereichen:

Gewässerunterhaltung und Wasserwirtschaft

Der zeitweilige Ausschuss empfiehlt zu prüfen, ob und in welcher Form die bisher durchgeführten Maßnahmen zur Gewässerunterhaltung zukünftig dem aktuellen Bedarf anzupassen sind. Den Unterhaltungsverbänden sollte gesetzlich die Möglichkeit an die Hand gegeben werden, Um- und Ausbaumaßnahmen an Gewässern 2. Ordnung durchzuführen, sodass bei Bedarf und vorliegender Genehmigung auch kleinere Baumaßnahmen ausgeführt werden können.

Vorbeugender Hochwasserschutz

Zur Verbesserung der bestehenden Verhältnisse und um bei zukünftigen Hochwasserereignissen das ungehinderte Abflussverhalten sowohl des Grundwassers als auch der oberirdischen Zuflüsse in den hochwasserführenden Vorfluter realisieren zu können, bedarf es einer Überprüfung der bestehenden Bemessungsabflüsse und der Hochwasserschutzpläne. Darüber hinaus empfiehlt der zeitweilige Ausschuss die Überprüfung und Anpassung der Ausbaunotwendigkeiten für Vorfluter, Deiche, Rückhalteflächen und sonstige wasserwirtschaftliche Anlagen (zum Beispiel Schöpfwerke).

Grundwassermanagement und Wassernutzung

Wirtschaftliche und demographische Änderungen führen im Land Sachsen-Anhalt zu einem Rückgang der Grundwasserentnahmen und damit zu einem Wiederanstieg des Grundwasserspiegels. Nach Ansicht des Ausschusses bedarf es ganzheitlicher regionaler Konzepte/Planungen gegen Vernässungen durch hohe Grund-wasserstände. Durch mögliche Veränderungen der Wasserführung in Grundwasserleitern könnte sich die Lage entspannen.

Boden- und Erosionsschutz sowie Landnutzung

Der Rückhalt von Niederschlagswasser in der landwirtschaftlich genutzten Fläche ist zu verbessern. Des Weiteren ist die Bodenverdichtung durch Befahren zu vermindern und damit die Versickerungsfähigkeit des Bodens zu erhöhen. An Standorten mit agrarstrukturellen Defiziten könnten Flurneuordnungsverfahren zur Beseitigung wesentlicher Ursachen der Bodenerosion durch Wasser zu einer Minderung der Erosionsgefährdung beitragen. Zur Erhaltung und Verbesserung des Wasserspeichervermögens der Böden und der Wasserverfügbarkeit für die Vegetation sind regionsspezifische Konzepte zu entwickeln.

Verkehrsinfrastruktur

Hohe Grundwasserstände und Vernässungen führten zu erheblichen Schäden an der Verkehrsinfrastruktur. Im Rahmen der Wiederherstellung sowie Ertüchtigung der geschädigten Straßen, Schienen und Gebäude sind die Ursachenanalysen zu verstärken, um aufgetretene Probleme für die Zukunft zu minimieren. Bei der technischen Auslegung von verkehrlichen Anlagen sind nicht nur die lokalen Verhältnisse zu berücksichtigen, sondern auch die regionalen Randbedingungen einer übergeordneten Entwässerungsstruktur zu beachten.

Siedlungswasserwirtschaft

Die ober- und unterirdischen Entwässerungssysteme zur Abführung von Niederschlägen und hohen Grundwasserständen sowie im landwirtschaftlichen Bereich bestehende Meliorationsanlagen sind regelmäßig auf ihre Einsatzfähigkeit hin zu überprüfen und gegebenenfalls zu ertüchtigen. Zu beachten sind auch die Folgen der demographischen Entwicklung und des Klimawandels hinsichtlich der innerörtlichen Entwässerungssysteme.

Naturschutz

Die Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes ist unter Beachtung bestehender gesetzlicher Regelungen und Minimierung von Eingriffen in die Natur und in die Landschaft zu erhalten oder wiederherzustellen. Die Entwicklung von Gewässern zur Erhaltung, Verbesserung und Wiederherstellung der Ökosysteme sind aus Sicht des Ausschusses zu unterstützen. Retentionsflächen an Flussufern sind auszubauen, die Einführung eines Bibermanagements wird empfohlen. Eine Verbesserung der Abstimmung zwischen den Unterhaltungsverbänden und den Naturschutzbehörden unter Einbeziehung der Interessen von Naturschutzverbänden ist anzustreben. Der Ausschuss spricht sich für die Einführung eines ganzheitlichen Natur- und Gewässermanagements mit Erstellung von Rahmenmanagementplänen aus.

Rechts- und ordnungspolitische Regelungen

Da das Wasserhaushaltsgesetz und das Wassergesetz des Landes Sachsen-Anhalt derzeit keine Schutzbestimmungen zu Vernässungen, hohen Grundwasserständen und Erosionen aufweist, spricht sich der Ausschuss für die Aufnahme von Regelungen bezüglich des Schutzes von Grundstücken und Gebäuden von Privatpersonen vor Vernässungen, hohen Grundwasserständen und Erosionen aus. Darüber hinaus sollte zur Erlangung von mehr Rechtssicherheit die Einführung einer verbindlichen gesetzlichen Regelung geprüft werden, die die Kommunen zur Ausweisung von Gefährdungsflächen durch Vernässungen, hohe Grundwasserstände und Erosion in ihren Planungsinstrumenten verpflichtet.

Organisationsstrukturen und Zuständigkeiten

Um die Effizienz und Leistungsfähigkeit der Unterhaltungsverbände zu erhöhen, wird empfohlen, deren Zusammenarbeit vor dem Hintergrund der Einführung des § 55a „Zusammenarbeit von Unterhaltungsverbänden“ in das Wassergesetz des Landes Sachsen-Anhalt (WG LSA) nachhaltig zu unterstützen. In Bezug auf die demographische Entwicklung und die durch den Klimawandel induzierten Prozesse sollten die Organisationsstrukturen und Zuständigkeiten konsequent weiterentwickelt werden.

Finanzierungsmaßnahmen und Darlehensprogramme

Der zeitweilige Ausschuss spricht sich dafür aus, die Ausweitung bestehender Fördermaßnahmen zur Beseitigung von Vernässungen, hohen Grundwasserständen und Erosionen beziehungsweise die Einführung neuer Fördermaßnahmen für Unternehmen zu prüfen. Zur Unterstützung der Antragsteller ist die Zusammenarbeit zwischen den Antragstellern, der unteren Wasserbehörde, dem Landesverwaltungsamt und der Landesanstalt für Altlastenfreistellung als genehmigende Behörde weiter zu intensivieren.