„Tschechien ist für uns einer der wichtigsten Außenhandelspartner in Mittel- und Osteuropa“, sagte Landtagspräsident Detlef Gürth anlässlich des Besuchs des neuen Generalkonsuls der Tschechischen Republik, PhDr. Jirí Kudela. Daneben gebe es aber auch vielfältige Beziehungen im zwischenmenschlichen Bereich, beispielsweise zwölf Städte- und 19 Schulpartnerschaften. Das Miteinander der Menschen über nationale Grenzen hinweg sei der beste Weg für Verständnis und gute Nachbarschaft, so Gürth. Er ermunterte besonders junge Menschen zum regelmäßigen Austausch.
Wie der tschechische Generalkonsul Jirí Kudela die Beziehungen zwischen Prag und Magdeburg sieht, was er von dem Gespräch mit dem Landtagspräsidenten mit nach Hause nimmt und wie er mit dem sächsischen Dialekt klarkommt, das hat er uns in einem Interview erzählt.
Redaktion: Herr Generalkonsul, in den vergangenen Jahren waren Sie unter anderem auch einige Jahre in Ländern des ehemaligen Jugoslawiens tätig. Sie sprechen daher Serbokroatisch, aber auch noch sechs andere Fremdsprachen. Wie kommen Sie in Dresden jetzt mit dem „Sächsischen“ klar?
Generalkonsul Jirí Kudela: Das ist eine gute Frage (lacht). Ich würde gern eine einzige Fremdsprache wirklich tadellos zu sprechen, als sechs oder sieben brüchig und mit Fehlern. Was Sächsisch betrifft, das ist wirklich sehr interessant. Ich komme aus dem Böhmerwald, aus dem Grenzgebiet zu Bayern und mir scheint, das Sächsische ist einfacher und verständlicher als das Bayerische. Außerdem ist das sächsische „Nu“ sehr interessant für mich, weil wir Tschechen „no“ sagen für „bestimmt“, „stimmt“ oder „jawohl“. Ich habe mir auch schon ein sächsisches Wörterbuch gekauft und versuche, unterwegs jeden Tag ein bisschen mehr zu verstehen.
Sie sind seit August in Ihrem Amt – was haben Sie sich vorgenommen, was wollen Sie erreichen?
Mein Plan ist, an all die positiven Projekte anzuknüpfen, die meine Vorgängerin begonnen hat. Ganz wichtig ist uns zum Beispiel die grenzüberschreitende Zusammenarbeit – vom Tourismus über Kultur bis hin zur Wirtschaft. Und vielleicht können wir unsere Institutionen und Menschen noch ein bisschen mehr unterstützen und vernetzen. Mit dem Freistaat Sachsen haben wir beispielsweise schon jede Menge sehr guter Beziehungen und Kontakte. Genau das strebe ich in Zukunft auch mit Sachsen-Anhalt an.
Wie schätzen Sie die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der Tschechischen Republik und Sachsen-Anhalt ein?
Die tschechische Wirtschaft ist sehr stark von Deutschland abhängig. Ungefähr 30 Prozent unserer Auslandsexporte gehen nach Deutschland. In Sachsen-Anhalt investieren wir sehr viel in die Energie- und Chemieindustrie. Das ist für uns sehr wichtig und wir sind sehr zufrieden, dass es in Sachsen-Anhalt gleich zwei der größten tschechischen Investitionen in ganz Deutschland gibt. Wir verfolgen genau, was diese Firmen hier machen und unterstützen selbstverständlich neue Ideen und Projekte.
Was nehmen Sie konkret von dem Gespräch mit dem Landtagspräsidenten mit? Was werden Sie zuhause über Sachsen-Anhalt berichten?
Unsere Wirtschaftsprofile sind sehr ähnlich, nicht nur was die Braunkohle und den Bergbau angeht. Wir haben auch über die Wasserwege gesprochen, ganz konkret über die Elbe. In dem Bereich gibt es ja ein sehr anspruchsvolles Projekt, die Elbe zu vertiefen und Wasserwerke auf der Elbe zu bauen. Der Strom verbindet Handel und Wirtschaft beider Länder schon seit mindestens 800 Jahren und er ist auch heute noch sehr wichtig für unsere wirtschaftliche Zusammenarbeit. Wir sind uns bewusst, dass das Projekt Elbausbau aus ökologischer und ökonomischer Sicht kein einfaches ist, aber trotzdem denken wir, dass es sehr nützlich wäre für die tschechische und sachsen-anhaltische Wirtschaft.
Wir befinden uns ja in einem Jahr mit vielen Erinnerungs- und Gedenktagen. Vor 75 Jahren begann der Zweite Weltkrieg, vor 25 Jahren feierten wir den Fall der Mauer in Berlin. Wie würden Sie vor dem Hintergrund beider historischer Ereignisse das Verhältnis zwischen Deutschland und Tschechien heute einschätzen?
Im Gespräch mit dem Landtagspräsidenten sind wir übereingekommen, dass wir eigentlich die allerglücklichste Generation sind. Denn in der Erinnerungskultur unserer Eltern und Großeltern sind all die Vorurteile, Probleme und Tragödien, die es zwischen unseren beiden Nationen gegeben hat, tief verwurzelt. Unsere jetzige Generation hat kein Problem damit und unsere Kinder erst recht nicht. Wir hatten niemals in der Geschichte so fantastische Beziehungen mit Deutschland wie heutzutage. Das ist wirklich gelebte Freundschaft und das ist wichtig. Wir leben nicht nebeneinander, sondern wirklich miteinander und das hat es in der deutsch-tschechischen Geschichte noch nicht gegeben.
Vielen Dank für das Gespräch.