Für eine nachhaltige multifunktionale Forstwirtschaft haben sich alle Fraktionen in der Juni-Sitzung des Landtags ausgesprochen. Die Landesregierung soll nun im Zuge der Novellierung des Landeswaldgesetzes zur Situation der Waldwirtschaft, zum Zustand des Waldes und zur Biodiversität in den Wäldern des Landes berichten.
Im Jahr 2013 war es 300 Jahre her, dass der Begriff Nachhaltigkeit wissenschaftlich von Hans Carl von Carlowitz geprägt wurde. Demnach sollte nur so viel Holz aus dem Wald entnommen werden, wie durch Wiederaufforstung nachwachsen kann. Sachsen-Anhalt hat zwar mit 24 Prozent Landesfläche vergleichsweise relativ wenig Wald, nichtsdestotrotz konnte vor Kurzem der 500000. Hektar Waldanteil im Land erreicht werden. Die Sicherung der vorhandenen Holzressourcen hat sowohl ökologisch-klimatische als auch – vor allem in strukturschwachen ländlichen Regionen – wirtschaftliche Bedeutung für das Land. Es besteht zudem eine große Nachfrage nach Holz als Energielieferant.
Durch einen von CDU und SPD eingebrachten Antrag, den alle Fraktionen am Ende der dazugehörigen Debatte im Juni befürworteten, soll die Landesregierung in den Ausschüssen für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie für Umwelt zu insgesamt 13 Fragen Stellung beziehen. Darunter befinden sich beispielsweise der Stand der Biodiversität in den Wäldern Sachsen-Anhalts seit der Wiedervereinigung, die Möglichkeit, einen Teil der Waldfläche für eine natürliche Entwicklung sich selbst zu überlassen und die Herausforderungen der Forst- und Holzwirtschaft im Land.
Forstwirtschaft Wirtschaftsfaktor im ländlichen Raum
Ralf Geisthardt (CDU) bezeichnete als Einbringer des Antrags die Forstwirtschaft als das Rückgrat im ländlichen Raum, es handele sich also um ein Thema, über das es zu sprechen lohne. Geisthardt wies darauf hin, dass die Personalzahlen in der Fortwirtschaft nicht noch mehr reduziert werden dürften. Die Beschäftigten leisteten zum Teil erhebliche körperliche Arbeit, überdies seien die Förster schon zu halben Verwaltungsangestellten gemacht worden. In diesem Zusammenhang sei auch von einer weiteren Reduzierung der Reviere abzusehen. Schon im Jahr 2012 habe sich die Koalition im Landtag mit einem Antrag für die Nachwuchsgewinnung in der Forstwirtschaft eingesetzt, erinnerte Geisthardt. Dieses Thema solle weiter begleitet werden. Es gelte, angemessene Rahmenbedingungen für qualifiziertes Personal bereitzustellen und Bildungs- und Weiterbildungsangebote vorzuhalten. Darüber hinaus sprach sich der Umweltexperte der CDU für die Aufrechterhaltung der Angebote für Kinder aus, durch die auch dem Nachwuchs deutlich gemacht werde, warum der Wald und die Waldbewirtschaftung so wichtig seien. Auch der Erhalt der Jugendwaldheime stehe auf der Agenda der Koalition. Denn all dies stecke im Begriff der multifunktionalen Nutzung des Waldes.
Umweltminister sieht gute Entwicklung des Waldes
„Unser Wald hat Zukunft, er ist Heimat und Lebensraum für die Tiere und Pflanzen und wichtiger Wirtschaftsfaktor“, erklärte Umweltminister Dr. Hermann Onko Aeikens. Er sprach von einer „guten Entwicklung des Waldes“ im Land. Kein anderes Bundesland habe in den vergangenen 20 Jahren seine Waldfläche so steigern können wie Sachsen-Anhalt. Über die Hälfte des Waldes befindet sich in privatem Besitz, 27 Prozent werden vom Landesforstbetrieb verwaltet. Der gute Zustand des Waldes sei den Forstverwaltungen und privaten Waldbesitzern zu verdanken.
70000 Arbeitsplätze im Holzbereich
Der Umweltminister wies darauf hin, dass es im Bereich der Kleinwaldbesitzer Nachjustierungen geben müsse: Hier gebe es unter anderem Probleme bei der Pflichtversicherung, deren Kosten mitunter höher ausfielen als die wirtschaftlichen Erträge. Forstwirtschaft wird nach Einschätzung des Ministers in Sachsen-Anhalt nachhaltig betrieben. Im Cluster „Holz“ sind im Land rund 70.000 Menschen beschäftigt, darunter zählen die Forstbetriebe, Holzbearbeiter und Holzverarbeiter, die Zellstoffindustrie, Papierfabriken und der Holzhandel. Der Landesfortbetrieb erreiche Gewinne von mehreren Millionen Euro. Es ließen sich noch höhere Rendite erzielen, wenn der Personalbestand aufgestockt würde, prognostizierte Aeikens. Die Ausbildung der Forstleute in Magdeburgerforth genieße einen sehr guten Ruf, sie müsse an diesem Standort unbedingt aufrechterhalten werden.
Linke wünscht sich mehr Schlagkraft
Harry Czeke (DIE LINKE) begreift den Wald als ein Ökosystem von multifunktionalem Ausmaß, er sei sowohl Wasser- und Klimaregulator als Wirtschaftsgut und wichtiges Biotop. Auch Czeke machte auf die schwierige Personalsituation im Forstwesen aufmerksam, die Reviergrößen seien mittlerweile „nicht mehr zu toppen“. Czeke zeigt sich ein wenig von dem Anliegen von CDU und SPD überrascht, dass laut Antrag „ein angemessener Teil der Wälder im Sinne der Biodiversitätsstrategie des Bundes unter Berücksichtigung sozioökonomischer Aspekte seiner natürlichen Entwicklung überlassen“ werden soll. Hier fehle eine konkrete Angabe, was als „angemessen“ zu erachten sei. Insgesamt hätte sich Czeke „ein bisschen mehr Schlagkraft“ im Antrag gewünscht. So hätte man zum Beispiel viel direkter eine Lanze für die Ausbildung in Magdeburgerforth brechen können.
Effektiverer Pflanzenschutz erforderlich
Bei allen noch kommenden Überlegungen müssten die Funktionen des Waldes in ihrer Gesamtheit betrachtet werden – also sein wichtiger Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung der ländlichen Regionen, der Wald als Lebensraum für Pflanzen und Tiere und als Ort der Erholung für Menschen, erklärte Jürgen Barth (SPD). Wichtig sei, nötige Maßnahmen für den Schutz der Bäume und Pflanzen zu ergreifen, beispielsweise im Fall der Eichen, die in den letzten Jahren insbesondere durch die sich verändernden Witterungsbedingungen und den Eichenprozessionsspinner gelitten hätten. Leider gestalte sich der gezielte Einsatz von Pflanzenschutzmittel (deren Zulassung werde immer mehr eingeschränkt) als immer schwieriger, so Barth: „Es müssen Mittel und Wege gefunden werden, damit ein effektiver Pflanzenschutz möglich bleibt.“
Waldmanagementpläne unverzichtbar
„Der Wald ist ein wahrer Schatz, der nachhaltig genutzt und gesichert werden muss“, legte sich Dorothea Frederking (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) fest. Deswegen wies sie die Landesregierung auf die noch ausstehenden Managementpläne rund um das Thema „Natura 2000“ hin und forderte deren baldige Aufstellung und Umsetzung. Die Grünen sprechen sich für eine natürliche Waldentwicklung aus, durch die die Ressource Holz nachhaltig genutzt werden könne und die dazu beitrage, den CO2-Ausstoß zu verringern. Frederking zeigte sich darüber zufrieden, dass der Landtag durch den vorgelegten Antrag frühzeitig in die Novellierung des Landeswaldgesetzes einbezogen wird.