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Plenarsitzung

Transkript

Wolfgang Aldag (GRÜNE): 

Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich muss zugeben, ich war wirklich gespannt darauf, wie diese Debatte heute verläuft. In der Vergangenheit war die Diskussion doch oft von wenig Sachlichkeit geprägt. Ganz anders ist das heute hier im Landtag, aber auch ganz anders war es diesmal vor Ort. Dort wurde erfreulicherweise ruhig und an der Sache orientiert nach den Ursachen der Brände gesucht. Es wird auch offen über die notwendigen Maßnahmen diskutiert.

Erfreulich ist auch die Tatsache, dass die Brände recht schnell unter Kontrolle gebracht werden konnten. Das ist zurückzuführen auf ein gutes Zusammenspiel zwischen den Rettungskräften, den Einsatzkräften und allen Verantwortlichen auf allen Ebenen. Ihnen gilt unser aller Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der Linken)

Deshalb kann man zumindest für den Harz sagen, dass die Wernigeröder Erklärung Früchte trägt. Allein auf sie zu bauen, um zukünftig Waldbrände zu verhindern, wäre zu kurz gedacht. 

Poetisch beschrieb der junge Student Heinrich Heine vor rund 200 Jahren den Harz mit majestätischen Tannen, Buchen und Eichen. Heute ist von diesem Bild kaum etwas übriggeblieben. Die romantisch anmutende Idylle scheint verschwunden zu sein. Zwischen dem Mischwald und den heutigen Überbleibseln eines überwiegend importierten borealen Nadelwaldes liegt ein tiefer Wandel. Die einst vielfältige und robuste ursprüngliche Waldlandschaft wurde im Laufe der Jahrhunderte durch menschliche Eingriffe und wirtschaftliche Interessen verändert.

Heute stehen wir nun vor den Relikten dieser Eingriffe. Wir haben Monokulturen, die anfälliger gegenüber Stürmen, Schädlingen und den Auswirkungen der klimatischen Veränderungen sind. Wenn wir den Auswirkungen wirkungsvoll begegnen wollen, dann müssen wir uns dem historischen Erbe dieser Veränderungen stellen.

Das erfordert es, die Fehler der Vergangenheit zu erkennen und wieder verstärkt auf widerstandsfähige Mischwälder zu setzen, also solche, wie sie einst Heine in seiner Zeit erlebte und beschrieb. Nur so können wir einen nachhaltigen und anpassungsfähigen Wald für die Zukunft schaffen und den Harz weiterhin attraktiv als Naherholungsgebiet und Urlaubsziel erhalten.

Ohne die Geschichte des deutschen Waldes ist seine Zukunft nicht zu denken. Die Idee des Nationalparks wird dem gerecht und sie ist der Garant für eine nachhaltige Entwicklung. Mehr als 24 000 ha unterliegen dem Schutzstatus und mehr als 10 000 Tier- und Pflanzenarten haben hier ihren teils einzigartigen Lebensraum gefunden.

Der Nationalpark ist nicht nur in naturschutzfachlicher Hinsicht von großer Bedeutung, sondern auch ein die Landesgrenzen überwindendes besonderes Projekt der deutschen Geschichte. Aber er steht vor großen Herausforderungen. Das extreme Baumsterben in den letzten Jahren hat den Wald tiefgreifend verändert. Rund 72 % der Bäume sind verschwunden. Doch der Wald ist nicht tot, sondern er durchläuft einen sensiblen Wandel. Aufgrund dieser schnellen Veränderungen blicken wir mit Sorge auf die kommenden Jahre. 

Der Harz steht mit diesen Herausforderungen dabei nicht allein. Nur noch 21 % der Waldbäume in ganz Deutschland haben intakte Kronen. Das ist der niedrigste Wert, der seit dem Beginn der Erhebungen in den frühen 1980er-Jahren festgestellt wurde. Wir müssen deshalb umfassende Maßnahmen zum Schutz der Wälder etablieren. - Das ist das eine. 

Zum anderen müssen wir bei der Brandprävention aktuelle Forschungsergebnisse auswerten und für unsere Wälder die entsprechenden Rückschlüsse ziehen. Zum Glück gibt es engagierte Wissenschaftlerinnen und Forstwirte. Deren Ideen vereinen auch gegen Brände. Sie lauten: widerstandsfähigen Wald entwickelt und umsetzen. 

Zum Beispiel wird bei dem Projekt Pyrophob die Waldentwicklung auf abgebrannten Waldflächen untersucht. Dabei zeigt es sich, dass auf den Flächen, auf denen das Totholz liegen blieb, das Mikroklima ausgeglichen und dadurch der Boden feucht ist. Es gibt weniger Auswaschungen und das Totholz bildet bei der Zersetzung neuen Humus. Und obwohl es Risiken gibt, wenn man das Totholz liegen lässt, ist es ist wichtig, dass man dem Wald nun natürliche Entwicklungsmöglichkeiten gibt. Wir müssen den Wald nicht aufräumen;

(Zustimmung bei den GRÜNEN) 

denn durch die Entfernung des Totholzes würden ungeschützte sterile Flächen geschaffen werden. Das Totholz hat eine schützende Funktion gegen Wildverbiss. Insbesondere in unserem Gebirge schützen die Strukturen bei extremen Wetterereignissen vor Erosionen.

Dennoch sollten wir offen sein für kleine Eingriffe und über diese diskutieren.

(Zustimmung von Guido Kosmehl, FDP)

Das Freiräumen der Wanderwege, der Brandschneisen und auch der Schutz der Ortschaften ist eine unstreitbare Maßnahme. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN, bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von Guido Heuer, CDU)

Die Antworten auf die Frage, wie wir den Wald umbauen und resilienter machen, sind vielschichtig und müssen im Dialog mit vielen Akteuren gefunden werden. 

(Unruhe bei der CDU) 

- Darf ich weitermachen oder wollt Ihr? Da war jetzt     

(Guido Heuer, CDU: Nein, weitermachen!) 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Versuchen Sie ruhig, weiterzumachen. 


Wolfgang Aldag (GRÜNE): 

Die Antworten auf die Frage, wie wir den Wald umbauen und resilienter machen, sind vielschichtig und müssen mit einer breiten Zahl an Akteuren gefunden werden. Vertrauen wir dabei auf das Wissen der Fachleute und auf die Erkenntnisse der Wissenschaft. Das gilt für die Entwicklung des Nationalparks Harz ebenso wie für die Ursachenforschung zu den Bränden.

Schnellschüsse und einseitige Schuldzuweisungen helfen nicht weiter.

(Zustimmung von Angela Gorr, CDU)

Allein das Totholz als Ursache für Waldbrände heranzuziehen, war zu keiner Zeit zielführend. 

(Zustimmung bei den GRÜNEN) 

Meine Kollegin Conni Lüddemann macht jetzt weiter. - Vielen Dank.