Tagesordnungspunkt 26
Verpflichtende Erste-Hilfe-Kurse an den Schulen Sachsen-Anhalts
Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/1693
Alternativantrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8//1744
Einbringen wird den Antrag Herr Köhler. - Herr Köhler, bitte.
Gordon Köhler (AfD):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Fünf Minuten, das ist eine Zigarettenlänge; fünf Minuten, das ist die Ziehzeit von schwarzem Tee; fünf Minuten, das ist aber auch das Zeitfenster, nach dem im Falle etwa eines Herzstillstands im Gehirn eines Menschen irreparable Schäden auftreten. Zehn Minuten ohne Sauerstoff im Gehirn überlebt man im Regelfall nicht.
Die Rettungsfrist, also die Zeit, die ein Rettungswagen von der Alarmierung bis zum Eintreffen am Einsatzort höchstens brauchen soll, liegt in Sachsen-Anhalt bei zwölf Minuten. Nur in knapp mehr als 80 % der Fallzahlen für das Jahr 2021 wird diese Rettungsfrist in unserem Bundesland tatsächlich eingehalten. In meinem Heimatlandkreis, im Jerichower Land, waren es im Jahr 2021 keine 70 %.
Das soll nicht als Vorwurf an die Rettungskräfte verstanden werden, nein, die Rettungskräfte und auch die kommunale Ebene tun natürlich das, was sie können, um bei diesen Fristen nachzubessern und um den Menschen vor Ort zu helfen. Das kann ich jedenfalls meinem Heimatlandkreis attestieren. Gerade in einem strukturschwachen Flächenland ist das natürlich keine leichte Aufgabe. Das steht auch fest.
Selbst mit einem perfekten Rettungsnetz wird man keine Wunder vollbringen können. Auch mit einem perfekten Rettungsnetz kann man die Zeit letztlich nicht anhalten, um den Rettungswagen zum jeweiligen betroffenen Patienten zu bringen.
Was jedoch getan werden kann, ist, dass Menschen direkt vor Ort helfen können, ohne dass dabei wertvolle Minuten verloren gehen. Neben dem Willen zu helfen bedarf es dafür jedoch zwei Dinge. Das ist zum einen das Wissen, wie man hilft, und das ist zum anderen der Mut, wenn diese Situation eintritt, das Gelernte tatsächlich anzuwenden und umzusetzen. An dieser Stelle setzt unser heutiger Antrag an: die Menschen in die Lage zu versetzen, helfen zu können.
An welchem Ort könnte dies besser umgesetzt werden als an dem Ort, an dem unsere Kinder und Jugendlichen etwas für das Leben lernen sollen? Durch das Einbinden von Wiederbelebungs- und Erste-Hilfe-Kursen in die Rahmenlehrpläne der schulischen Bildungseinrichtungen werden diese nicht nur obligatorisch für alle Schüler, sondern sie können durch eine kontinuierliche jährliche Wiederholung verstetigt und vertieft werden. Im Übrigen bringt es die Initiative „Ich rette dein Leben“ auf ihrem Internetauftritt auf den Punkt, dass jedes Kind, dass jeder Heranwachsende, dass jeder Jugendliche mit nur zwei Schulstunden pro Jahr in die Lage versetzt wird, mit seinen eigenen Händen Leben zu retten, und das ist letztlich nicht schwer.
Eine für die entsprechenden Klassenstufen geeignete Aufbereitung des Themenkomplexes kann dabei die Aufnahme der Inhalte verbessern sowie die tatsächliche Bereitschaft deutlich erhöhen, das Gelernte im Notfall auch anzuwenden. Wer weiß, vielleicht wird durch das Abhalten dieser Kurse von den Kooperationspartnern auch das Interesse von jungen Schülern geweckt, sich am Ehrenamt zu beteiligen und sich einzubringen.
Noch einmal zurück zum aktuellen Istzustand. Bislang wird schulformübergreifend lehrplanbezogen in verschiedenen Fächern das Thema Erste Hilfe tatsächlich schon anteilig unterrichtet. Konkrete Wiederbelebungsmaßnahmen in praktischer Anwendung finden derzeit jedoch weder verbindlich noch in allen Schulen des Landes ab der 7. Klassenstufe statt. Das soll geändert werden. Das ist das Anliegen der AfD-Fraktion mit dem vorliegenden Antrag.
In auf theoretische Kenntnisse und praktische Übungen ausgelegten Kursen soll das in den Einzelfächern erlernte Wissen zusammengeführt, ergänzt und für die Schüler nutzbar gemacht werden. Beginnend ab der 7. Klasse, wenn die Kinder also zwischen zwölf und 13 Jahren alt sind, würden die Jugendlichen dann im Schnitt an mindestens vier solcher Kurse teilnehmen, bis sie dann letztlich der Schulform entwachsen sind, wenn sie die Realschule besuchen.
Wir sind der Überzeugung, dass diese intensive Auseinandersetzung mit diesem Themenfeld letztlich auch einen positiven Einfluss auf diese jungen Menschen hat, Stichwort „Charakterbildung“. Damit wird der Personenkreis, welcher dann noch eine Lebensrettungsgrundausbildung erhält, deutlich erhöht. Die Folge: Der Grundstein für eine zum Helfen befähigte Gesellschaft wäre damit gelegt.
Das Konzept von Erste-Hilfe- und Wiederbelebungskursen an Schulen ist übrigens kein Neuland. In Dänemark bspw. und auch in anderen skandinavischen Staaten hat sich dieses Konzept bereits etabliert und bewährt. Eine deutliche Erhöhung der Laien-Reanimationsquote und der damit einhergehenden Überlebenschance von Betroffenen war die Folge.
Auch in Deutschland sind andere Bundesländer bereits einen Schritt voraus. Ich möchte hier einfach einmal Mecklenburg-Vorpommern erwähnen. Auch dort gab es eine Kampagne mit „Retten macht Schule“. Damit wurden Tausende Schüler erreicht. Also, es ist auch möglich, so etwas durchzuführen.
Letztlich steht es auch im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien, dass die Einrichtung von Erste-Hilfe-Kursen an den Schulen im Land umgesetzt oder zumindest in Angriff genommen werden soll. Wir greifen mit diesem Antrag also der Regierungskoalition unter die Arme und hoffen, dass dieser Prozess forciert und endlich umgesetzt wird.
Im April dieses Jahres stellte ich der Landesregierung eine Kleine Anfrage, wie sie die Forderung, die wir aufgemacht haben, die Erste-Hilfe-Ausbildung unter Einbeziehung der Reanimation aufzunehmen, einschätzt. Die Antwort war dahin gehend eindeutig, dass man die Sinnhaftigkeit durchaus erkannt hat. Vor diesem Hintergrund denken wir und gehen wir davon aus, dass wir auch entsprechend Unterstützung für diesen Antrag erhalten.
An dieser Stelle bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit und freue mich auf die anstehende Debatte.
(Beifall bei der AfD)