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Plenarsitzung

Transkript

Eva Feußner (Ministerin für Bildung): 

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der Fraktion DIE LINKE zeugt von Unkenntnis in der Sache 

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Ach!)

und der Unfähigkeit, konstruktive Lösungsvorschläge zu präsentieren.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP - Guido Kosmehl, FDP: Vor allem für die Zukunft!)

Es schlicht unrichtig, dass das Schulnetz von Sachsen-Anhalt eines der am stärksten ausgedünnten in der Bundesrepublik ist. Ein Blick nach Mecklenburg-Vorpommern würde schon reichen.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Oh, mein Gott! - Dr. Hans-Thomas Tillschneider, AfD: Das ist das schlechteste Beispiel! - Wulf Gallert, DIE LINKE: Auch in der Sahelzone gibt es noch Beispiele! - Weitere Zurufe)

Es ist schlicht zu kurz gesprungen, wenn Sie von den Migrationswellen von immer weiter steigenden Schülerzahlen im Land ausgehen. Es ist unredlich, die mittelfristige demografische Herausforderung einfach zu ignorieren. Wir hatten im Jahr 1990 noch eine Geburtenzahl von 32 000. Im Jahr 1994 wurden im Land 14 000 Geburten registriert. Heute sind es 13 500 Geburten.

(Zustimmung von Jörg Bernstein, FDP)

Das kann man doch nicht einfach ignorieren und fragen: 

(Jörg Bernstein, FDP: Genau!)

Was ist denn hier in dem Land los bezüglich der Schülerinnen und Schüler? 

Es ist schlicht unwahr, dass die Landesregierung bestimmte Schulformen systematisch diskriminiert.

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Ha, ha! Das haben wir erlebt in Halle!)

Verehrte Anwesende! Die Schulentwicklungsplanung beschreibt ein Dreieck, ein Dreieck, das durch die Punkte Ressourcen, Bedarf und Schulqualität definiert wird. Die Ressourcen sind z. B. die tatsächlich zur Verfügung stehenden Lehrerwochenstunden und auch die vom Landtag bewilligten Haushaltsmittel. 

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Natürlich!)

Der Bedarf wird durch die tatsächlich zu beschulenden Schülerinnen und Schüler beschrieben. 

Die Schulqualität haben die Länder in unzähligen Vereinbarungen in der KMK definiert und die übernehmen wir auch. Die wollen wir auch entsprechend in den Schulen darlegen. 

Von der Qualität, Herr Lippmann, haben Sie überhaupt nicht gesprochen. Ihnen ging es nur um Größen und Schulen, aber überhaupt nicht um das, was in Schule selbst stattfindet.

(Zustimmung von Jörg Bernstein, FDP)

Zwischen den drei Punkten gilt es, eine tragfähige Verbindung zu schaffen, ein regional ausgewogenes und die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse sicherndes, leistungsfähiges Schulnetz zu spannen. 

Anders, als es die Fraktion DIE LINKE in ihrem Antrag darstellt, garantiert die Verordnung zur Schulentwicklungsplanung 2022 eben die langfristige Bestandsfähigkeit des Schulnetzes. 

(Hendrik Lange, DIE LINKE: Ja, ja!)

Die langfristige Perspektive ist übrigens genau der springende Punkt. 

Niemand will ständige Diskussionen über Schulstandorte. Darin sind wir uns sicherlich einig. Schulen brauchen die Möglichkeit, sich inhaltlich zu entwickeln. Schulträger brauchen eine Verlässlichkeit

(Zustimmung von Jörg Bernstein, FDP)

auch bezüglich der Investitionsentscheidungen. 

(Jörg Bernstein, FDP: Genau!)

Ich will dabei gar nicht verhehlen, dass dies bedeutet, dass die Dorfschulklasse mit zwölf Kindern der Vergangenheit angehört. Das ist weder bedarfs- noch ressourcengerecht.

(Zustimmung von Jörg Bernstein, FDP)

Mit der Verordnung zur Schulentwicklungsplanung 2022 wurde deshalb verstärkt die Möglichkeit eröffnet, Schulstandorte beizubehalten, also die Schule vor Ort. Das wissen Sie selber besser als ich: Wir haben keine Schulen geschlossen, sondern wir haben Schulen fusioniert, wir haben Verbünde gegründet usw. 

Für die Schülerinnen und Schüler und für deren Eltern ist es letztlich nicht der entscheidende Punkt, in welchem Gebäude die Schulleitung ihren Sitz hat, sondern für die Schulorganisation ist es eine erhebliche Erleichterung, wenn die zu steuernde Einheit so groß ist, dass es tatsächlich Reserven gibt und Reserven auch mobilisiert werden können.

(Zustimmung von Jörg Bernstein, FDP)

Wer diesem Antrag folgt und die Uhr zurückdreht, der nimmt billigend in Kauf, dass die Schulqualität nicht mehr gewährleistet wird 

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

und dass all die vielen guten Ideen, die in letzter Zeit auf den Weg gebracht wurden, ins Nichts führen. 

Noch ein Wort zum angeblichen Kahlschlag insbesondere in der Sekundarstufe II. Gerade hierbei ist doch die Schulqualität eine Monstranz, die wir vor uns hertragen. Ein ausdifferenziertes Fächerangebot mit Grund- und Leistungskursen erfordert nun einmal eine gewisse Jahrgangsbreite. Die jetzt geltende Zielzahl von 75 Schülerinnen und Schülern, die übrigens nicht neu ist, entspricht drei Klassen. Die Mindeststärke liegt übrigens unverändert bei 50. 

Übrigens: Dass für die Neugründung von Schulen nicht nur die Mindestschülerzahlen, sondern auch auf langfristige Stabilität angelegte Werte zugrunde gelegt werden, das versteht sich aus meiner Sicht von selbst. 

Das gilt übrigens auch für die Prämisse, dass zunächst alle anderen Schulen derselben Schulform stabil sein müssen, bevor eine weitere Schule hinzukommt. Die Schülerinnen und Schüler können jeweils nur eine Schule besuchen. Niemandem ist geholfen, wenn sich Schulen um die Schülerinnen und Schüler streiten. Dann kan-a-li-siert     Es ist spät am Abend. Sorry. 

(Zuruf von Dr. Katja Pähle, SPD)

Dann kanalisiert sich das System eben von selbst.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich plädiere dafür, diesen Antrag, na ja, zu überweisen, oder eher, würde ich sagen, abzulehnen. - Vielen Dank. 

(Zustimmung von Jörg Bernstein, FDP)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Herr Gallert hat eine Nachfrage. - Bitte.


Wulf Gallert (DIE LINKE): 

Frau Ministerin, ich glaube, wir wissen alle, dass Schulschließungen ein ganz ernstes Thema sind. Ihre Kollegen aus dem Ministerium waren vor Kurzem mit mir in Schönhausen, als darüber diskutiert worden ist. Wenn man den Leuten z. B. erzählt, na ja, ihr wolltet ja so einen Schulverbund haben mit einem Schulstandort in Sandau und müsst dann schon akzeptieren, dass es schwierig ist, dafür die Lehrer zu bekommen, dann ist das schon eine ganz schwierige Botschaft, weil Sie sagten, den Leuten kann es egal sein, wo die Schulleitung ist. Ja, das ist es. Wenn ihnen aber gesagt wird, na ja, ihr müsst euch schon darüber im Klaren sein, für den Standort wird es schwierig sein, Lehrer zu finden, dann ist das eine schwierige Debatte.

Weil das so eine emotionale Debatte ist, würde ich Sie gerne fragen. Sie haben das Beispiel gebracht. Sie wollen ganz klar sagen, Grundschulstandorte mit zwölf Schülern wird es nicht mehr geben. Wer, bitte, verlangt Grundschulstandorte mit zwölf Schülern?


Eva Feußner (Ministerin für Bildung): 

Nein. Das war ja nur ein Synonym dafür, dass wir ein sehr kleinteiliges Grundschulnetz haben. Das ist genau unser Problem. Wir haben sehr kleine Grundschulen im ländlichen Bereich. Wir wollen sie auch nicht schließen. Deshalb haben wir die Möglichkeit geschaffen, Grundschulverbünde zu gründen, dass wir sagen, wir haben ein Kollegium für meinetwegen zwei oder drei Standorte. Das ist ja unser Prinzip, die Verbünde, dass wir ein größeres Kollegium und eben auch die Chance haben, Möglichkeiten für Vertretungen usw. zu schaffen. 

In einer kleinen Grundschule, vier Klassen, vier Lehrer, wird ein Lehrer krank, wird ein zweiter Lehrer krank. Schon wird in der Zeitung dokumentiert, die Grundschule hat nur noch 50 % Unterrichtsversorgung. Es wird vielleicht noch demonstriert und es werden große mediale Meldungen fabriziert. Das passiert aber in einem so kleinen Kollegium relativ schnell. Das müssen wir doch alles berücksichtigen.

Es geht auch um Qualität. Ich kann natürlich sehr kleine Klassen bilden. Ich kann auch jahrgangsübergreifenden Unterricht machen. Zum Schluss stimmen die Eltern aber immer mit den Füßen ab. Wenn sie sehen, dass die Grundschule so klein wird, dass nur noch jahrgangsübergreifender Unterricht möglich ist, dann suchen sie sich schnell entweder eine Privatschule oder melden ihr Kind in einer anderen Region an, wo man sozusagen eine andere Qualität vorfindet. Das wollen wir doch weitestgehend vermeiden.