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Plenarsitzung

Geschichte der Europäischen Union

Die Europäische Union ist seit ihrer Gründung bis heute kontinuierlich gewachsen. Aus den ersten sechs Staaten, die in den 1950er Jahren ein gemeinsames wirtschaftliches Bündnis eingegangen waren, sind mittweile 27 Staaten geworden. 19 von ihnen wirken in einer Wirtschafts- und Währungsunion (Euro). Die Staaten der Union arbeiten überstaatlich und zwischenstaatlich miteinander; die Union fungiert also einmal als selbstständiges politisches Gebilde (mit Kommission und Rat) und einmal als Bündnis einzelner Staaten, die beispielsweise in wirtschaftlichen Beziehungen zueinander stehen.

Die Geburtsstunde der Europäischen Union ist der sogenannte Vertrag von Maastricht (1. November 1993), deren Anfänge gehen allerdings zurück bis zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG, Plan vorgelegt am 9. Mai 1950) und – wenn man es genau nimmt – sogar bis ins 17. Jahrhundert.

Flaggen der Mitgliedsstaaten vor dem EU-Parlament in Straßburg.

Flaggen der Mitgliedsstaaten vor dem EU-Parlament in Straßburg.

Wie man sich in Europa gegen die drohenden Eroberungen durch das Osmanische Reich im 17. Jahrhundert besser wappnen könnte, war Inhalt der Überlegungen von  Maximilien de Béthune Herzog von Sully, eines französischen Offiziers und Staatsmanns. Die damals existierenden Republiken und Monarchien sollten sich in einem überstaatlichen Konstrukt zusammenfinden, sich gemeinsam weiterentwickeln und untereinander und nach außen für mehr Frieden und Sicherheit in Europa sorgen. Auch der deutsche Philosoph Immanuel Kant (1795) und der französische Schriftsteller Victor Hugo (1849) entwarfen Utopien für ein geeintes Europa. Auch nach dem Ende des verheerenden Ersten Weltkriegs gab es Versuche, eine Paneuropa-Union zu gründen. Alle Vorstellungen blieben allerdings ohne Erfolg.

Neuen Rückenwind erhielt die europäische Idee nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Nachdem Nazi-Deutschland versucht hatte, ganze Europa zu unterjochen und sein rassistisches Staatssystem von Herren- und angeblichen „Untermenschen“ zu installieren, drängten die Vertreter der kriegsversehrten Staaten, die am sogenannten Marshall-Plan teilnahmen, auf die Gründung eines europäischen Staatengebildes.

Sogar an einer Verfassung für die „Vereinigten Staaten von Europa“ wurde gearbeitet; am 5. Mai 1949 wurde der Europarat gegründet. Er ist damit die älteste und bis heute agierende europäische Staaten-Organisation. Der Europarat ist allerdings nicht mit der Europäischen Union und deren Rat zu verwechseln. Während Letztere eher für die wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa einstehen, gilt der Europarat als Wächter der allgemeinen Menschenrechte, der demokratischen Grundsätze und rechtsstaatlicher Grundprinzipien.

Die EU-Jahrzehnte im Schnelldurchlauf

  • 1950er Jahre: Die Grundlagen werden gelegt

    Am 9. Mai 1950 stellte der französische Außenminister Robert Schuman (nicht zu verwechseln mit dem deutschen Komponisten Robert Schumann) seinen Plan für eine engere Zusammenarbeit in Europa vor. Deswegen wird dieser Tag von der Europäischen Union als „Europatag“ gefeiert. Auf der Grundlage dieses Schuman-Plans unterzeichneten sechs Länder einen Vertrag, um die Kohle- und Stahlerzeugung unter eine gemeinsame Verwaltung zu stellen.

    Ziel war, dass kein einzelnes Land wie in der Vergangenheit Kriegswaffen herstellen könnte, um sie gegen ein anderes Land einzusetzen. Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande gehörten zu dieser Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), die letztlich 1952 gegründet wurde.

    Da der EGKS-Vertrag erfolgreich funktionierte erweiterten die sechs Gründungsländer ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit. Sie unterzeichneten zwei weitere Verträge und gründeten damit die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) und die Europäische Atomgemeinschaft (Euratom), die am 1. Januar 1958 ihre Arbeit aufnahmen. Im März 1958 fand im französischen Straßburg das erste Treffen der Europäischen Parlamentarischen Versammlung statt – der Vorläuferin des heutigen Europäischen Parlaments. Am 30. März 1962 wird sie in „Europäisches Parlament“ umbenannt.

  • 1960er Jahre: Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs

    In den 1960er Jahren floriert die Wirtschaft, unter anderem, weil die EWG-Länder im Handel miteinander keine Zölle mehr erheben. Die Länder einigen sich zudem auf eine gemeinsame Kontrolle der Lebensmittelproduktion, damit alle genug zu essen haben. Im Mai 1968 bricht in Paris eine Studentenrevolte aus; zahlreiche gesellschaftliche Veränderungen und Verhaltensänderungen werden auf die „68er-Generation“ zurückgeführt.

    1962 erlangen die sechs EWG-Länder durch die erste gemeinsame Agrarpolitik die gemeinsame Kontrolle über die Nahrungsmittelerzeugung. 1963 wird das erste große internationale Abkommen unterzeichnet: das Yaoundé-Abkommen. Es soll die Zusammenarbeit und den Handel mit achtzehn ehemaligen afrikanischen Kolonien fördern.

  • 1970er Jahre: Neue Mitglieder in der EG

    Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich traten der Europäischen Gemeinschaft am 1. Januar 1973 bei, wodurch sich die Zahl der Mitgliedstaaten auf neun erhöhte. Diese sind schnell vor neue Herausforderungen gestellt, als im Oktober 1973 eine Energiekrise Europa vor wirtschaftliche Probleme stellt.

    Mit dem Sturz der Diktaturen in Griechenland, Portugal und Spanien verbreitet sich die Demokratie in Europa. Mit dem Beginn der Regionalpolitik lenkt die EU riesige Geldsummen in ärmere Gebiete, um dort Arbeitsplätze zu schaffen und die Infrastruktur zu verbessern. 1979 wählen die europäischen Bürgerinnen und Bürger zum ersten Mal direkt die Mitglieder des Europäischen Parlaments.

  • 1980er Jahre: Europa wandelt sich

    1981 wird Griechenland das zehnte Mitglied der Europäischen Gemeinschaften, Spanien und Portugal folgen fünf Jahre später. Ende der 1980er brechen verschiedene kommunistische Regime in Mittel- und Osteuropa zusammen, die Berliner Mauer wird im Zuge der Friedlichen Revolution in der DDR eingerissen und mit ihr fällt der Eiserne Vorhang. Im Juni 1987 wurde das Erasmus-Programm ins Leben gerufen. Mit ihm werden Hochschulstudierende gefördert, die in einem anderen europäischen Land studieren möchten. Mehr als zehn Millionen junge Menschen haben bereits von dem Angebot profitiert.

  • 1990er Jahre: Ein Europa ohne Grenzen

    Im Jahr 1993 fällt der Startschuss für den gemeinsamen europäischen Binnenmarkt. Er bietet vier neue Freiheiten: die für den Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr. Von entscheidender Bedeutung sind zwei Verträge: der Vertrag von Maastricht über die Europäische Union von 1993 und der Vertrag von Amsterdam von 1999.

    Mit dem Maastrichter Vertrag werden die Vorschriften für die künftige gemeinsame Währung sowie für die Außen- und Sicherheitspolitik und eine engere Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres festgelegt. Mit diesem Vertrag – er trat am 1. November 1993 in Kraft – wurde die Europäische Union in ihrer heutigen Form gegründet.

    Mit dem Vertrag von Amsterdam, der am 1. Mai 1999 in Kraft trat, wurden die Reform der EU-Organe, die Stärkung der Stellung Europas in der Welt und die Förderung der Beschäftigung und der Bürgerrechte auf den Weg gebracht.

    Auch Zuwachs gibt es für die EU: Österreich, Finnland und Schweden treten 1995 bei. Das Schengener Übereinkommen – benannt nach einer kleinen Ortschaft in Luxemburg – macht es schrittweise möglich, dass die Menschen ohne Passkontrollen durch weite Teile der EU reisen können.

  • 2000er Jahre: Euro wird gemeinsame Währung

    Der Euro wurde am 1. Januar 2002 die neue Währung für Millionen von Europäerinnen und Europäern. Vor dem Hintergrund der Terror-Anschläge im September 2001 verstärkten die Länder der EU ihre Zusammenarbeit in der Verbrechensbekämpfung. Die Spaltung in Ost- und Westeuropa wird überwunden, als im Jahr 2004 gleich zehn neue Länder der EU beitreten. Ihnen folgen im Jahr 2007 noch Bulgarien und Rumänien.

    Große Auswirkungen in der EU hat die im September 2008 ausgebrochene Finanzkrise, die die Weltwirtschaft massiv trifft und einige Länder an den Rand des Staatsbankrotts drängt. Der Vertrag von Lissabon, der am 1. Dezember 2009 in Kraft trat, soll die EU demokratischer, effizienter und transparenter werden. Die Union soll so in der Lage sein, globale Herausforderungen wie Klimawandel, Sicherheit und nachhaltige Entwicklung zu bewältigen.

  • 2010er Jahre: EU erhält Friedensnobelpreis

    Europa leidet unter der weltweiten Wirtschaftskrise. Im Jahr 2012 erhält die Europäische Union den Friedensnobelpreis. Unruhen und Kriege in verschiedenen Ländern führen dazu, dass viele Menschen aus ihrer Heimat fliehen müssen und in Europa Zuflucht suchen. Die EU steht vor der Herausforderung, sich um sie zu kümmern, ihr Wohlergehen zu wahren und ihre Menschenrechte zu achten.

    Der Klimawandel ist das vorherrschende Thema, und führende Politiker beschließen eine Verringerung schädlicher Emissionen. Kroatien wird im Jahr 2013 der 28. EU-Mitgliedstaat. Allerdings gibt es auch einen großen Verlust zu bezeichnen: Per Referendum stimmt das Vereinigte Königreich 2016 für den Austritt aus der EU. Seit dem 1. Januar 2021 ist das Vereinigte Königreich nicht mehr Teil des EU-Binnenmarkts und der Zollunion.

  • Die EU seit 2020: Corona und Krieg

    Die Corona-Pandemie hat zu einer schweren Gesundheitskrise und einer nie dagewesenen Konjunkturflaute auch in Europa geführt. Mit vereinten Kräften setzen die EU und ihre Mitgliedsländer alles daran, die Gesundheitssysteme zu entlasten, das Virus einzubremsen und die Menschen in der EU sowie weltweit mit Impfstoffen zu versorgen.

    Nach 47 Jahren Mitgliedschaft verlässt das Vereinigte Königreich die EU und schlägt damit ein neues Kapitel in seinem Verhältnis zur EU auf.

    Zur Ankurbelung der Wirtschaft haben die Staats- und Regierungsspitzen das größte Konjunkturpaket beschlossen, das jemals aus dem EU-Haushalt finanziert wurde: Dreh- und Angelpunkt ist ein grüner und digitaler Aufschwung, da die EU bis 2050 klimaneutral werden will.

    Mit dem Überfall Russlands auf den europäischen Nachbarn Ukraine ist der Krieg im Februar 2022 nach Europa zurückgekehrt. Der Ausgang dieses von Russland verschuldeten Kriegs ist ungewiss, die Europäische Union steht einstimmig hinter der möglichen Beitrittsaspirantin Ukraine.