Dr. Andreas Schmidt (SPD):

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! 1,735 Milliarden € in drei Minuten. Das ist unser größtes Leistungsgesetz. Das kann man nicht adäquat besprechen. Deswegen weise ich nur auf drei Aspekte hin, die aus meiner Sicht wichtig sind.

Erstens. Mit dem neuen FAG verabschieden wir uns endgültig von einem Finanzausgleich nach Kassenlage. Wir erkennen an, dass es einen Bedarf der Kommunen gibt und das Land in der Pflicht ist, diesen zu decken. Das war in diesem Haus nicht immer Konsens und das hat auch nicht jede der Vorgängerregierungen vertreten. Dazu gab es noch vor zehn Jahren ganz andere Auffassungen. Insofern ist § 2 Abs. 2 des neuen Gesetzes wichtiger als Absatz 1 mit der Summe, der nämlich besagt, wir werden im kommenden Jahr noch einmal nachrechnen. Dieser Absatz wird wirken; denn die Inflation, die sich jetzt anschiebt, wird die Luft für die Kommunen dünner machen, auch für den öffentlichen Warenkorb. Dann ist dieser Absatz ein Stück Gesetz gewordener Akklimatisationsplan für die Kommunen, wie ihn Bergsteiger auch haben, wenn sie in die Regionen mit der dünneren Luft aufsteigen.

Zweitens. § 16 enthält die Investitionspauschale. Sie beträgt 150 Millionen € ohne Wenn und Aber und ohne Bedingungen und ohne Tricksereien. Das ist in Ordnung, das ist ehrlich. Darauf haben wir lange hingearbeitet. Das ist der erste Schritt, wenn es darum geht, das Thema Abschreibungen zu lösen, hinter dem sich ja so viel verbirgt und das immer so abstrakt klingt, das aber in Wirklichkeit bedeutet, dass wir die Kommunen in die Lage versetzen müssen und nicht nur hoffen dürfen, dass sie alle irgendwann reich genug werden, um das zu lösen. Es geht also darum, dass wir sie in die Lage versetzen müssen, Investitionen zu tätigen, die den Verschleiß und den Werteverfall der kommunalen Infrastruktur auf Dauer aufhalten, damit wir nicht in DDR-Verhältnissen, also bei einer immer weiteren Abnutzung, landen.

Drittens. Der Ausgleichsstock in Höhe von 40 Millionen € ist ganz wichtig für die, bei denen sich einkommensschwach und strukturschwach überkreuzen und die im Rahmen des Finanzausgleiches nie an einen Punkt kommen, an dem sie aus dem Konsolidierungsbedarf herauskommen. Noch wichtiger ist es allerdings, dass wir in einem neuen, sich anschließenden Finanzausgleich zu einer dauerhaften Lösung für diese Kommunen kommen, damit sie nicht immer auf den Gnadenerweis des Ausgleichsstocks angewiesen sind.

Was haben wir nicht hingekriegt? - Die Umlage für die Mitgliedsgemeinden der Verbandsgemeinden richtet sich weiterhin nach der Steuerkraft und nicht nach der Einwohnerzahl. Diesbezüglich konnte sich die Koalition nicht einigen. Denjenigen, die Bescheid wissen, ist bekannt, dass das bei Mitgliedsgemeinden, die stark schwankende Einnahmen haben, ein riesiges Problem ist. Die haben dann gelegentlich das Problem, dass sie mehr Umlagen zahlen müssen, als sie Geld im Haushalt haben.

Das stand allerdings auch nicht im Koalitionsvertrag. Ansonsten ist mit diesem Gesetz Schritt 1 des Koalitionsvertrages eins zu eins abgeliefert worden. Den Schritt 2 haben wir noch vor uns. Der Finanzminister hat bereits begonnen, sich damit zu beschäftigen. - Vielen Dank.

(Zustimmung)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Danke, Herr Schmidt. - Es gibt eine Intervention von Herrn Scharfenort. Diese können Sie noch abwarten. Dann können Sie darauf reagieren oder auch nicht.


Dr. Andreas Schmidt (SPD):

Gern.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Dann hat Herrn Scharfenort das Wort. - Bitte sehr.


Jan Scharfenort (AfD):

Danke. - Herr Dr. Schmidt, ich freue mich, dass Sie hier nun endlich auch die Vorzüge der Doppik anerkennen. Das haben Sie ja eben mit einem Teilaspekt berichtet.

Nehmen wir das Thema der Abschreibung. Es kann eben auch einmal sein, dass es infolge der Abschreibung, also des Aufzeigens des Werteverzehrs, auch zu einem Mehrbedarf und damit auch durchaus zu mehr Anforderungen bezüglich der Finanzierung der Kommunen kommen kann. Insofern bedanke ich mich. Vielleicht werden Sie doch noch ein Freund der Doppik. - Vielen Dank.


Dr. Andreas Schmidt (SPD):

Herr Scharfenort, ich habe als Stadtrat in Halle gewusst, dass wir den Wert unserer kommunalen Infrastruktur verzehren, als wir noch die kameralistischen Haushalte gemacht haben. Ich habe sogar ungefähr die Summe gewusst, um die wir das tun.

(Zuruf: Ja!)

Es war nicht rechnungsprüfungsamtlich geklärt, aber ich habe die Summe ungefähr gewusst. Dafür hätten wir die Doppik eigentlich nicht gebraucht. Dafür ist sie auch eigentlich nicht da. Auch da schießen Sie wieder Bälle in ein Tor, das weit weg vom Stadion steht.

Ich will Ihnen aber eine Sache sagen: Dass Sie der Meinung sind, die Kommunen hätten zu viel Geld oder könnten zu viel Geld haben,

(Zuruf: Das habe ich nicht gesagt!)

sieht diese Koalition erstens ganz anders. Zweitens sage ich Ihnen Folgendes: Das sage ich im Saalekreis meinem Bürgermeister.

(Zustimmung - Zuruf: Genau, das ist eine Lüge! Das ist typisch für Ihre Propaganda!)