Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich war bei den letzten Ausführungen von Frau Hohmann dann doch ein bisschen beruhigt, weil ich mir zwischendurch nicht ganz sicher war, ob ich tatsächlich die fachlich zuständige Ministerin wäre.
Sie haben in Ihrem Antrag in Anführungszeichen nur beantragt, die Landesregierung aufzufordern, die Wohnungsunternehmen finanziell zu unterstützen, damit diese Beraterinnen finanzieren könnten, die einkommensschwache Haushalte aufsuchen, um ihnen die Zuschüsse für Mietkosten zugänglich zu machen. - Das ist der Antrag.
Ich glaube Frau Schüßler hat es gerade schon angedeutet , wir haben in diesem Bereich bereits jetzt eine unglaublich breit aufgestellte Beratungslandschaft.
(Zustimmung)
Denn Wohngeld gibt es in der Bundesrepublik Deutschland seit 1965. Das ist also ein vor Langem eingeführtes Instrument. Die Grundzüge haben sich anders als bei vielen anderen sozialen Leistungen auch kaum geändert. Das heißt, wir haben hier ein Instrument, das sehr, sehr stabil ist und das tatsächlich bei allen Betroffenen auch bekannt sein kann. Die Grundlagen dafür sind immer die Zahl der Haushaltsmitglieder, die Wohnungsgröße und die Höhe der Miete.
Wohngeld ist zudem ein Rechtsanspruch und nicht etwas, das über eine Förderung oder in anderer Form ausgereicht wird. Um sicherzustellen, dass jeder Mensch zu seinem Rechtsanspruch kommt, gibt es in Sachsen-Anhalt 33 Wohngeldbehörden. Allein die Zahl sagt schon, dass wir nicht nur in jedem Landkreis eine haben, sondern tatsächlich auch in allen größeren Orten. Darüber hinaus gibt es Mietervereine, es gibt die Verbraucherzentrale und die Sozialverbünde beraten in diesem Bereich ebenfalls. Es gibt noch viele weitere Gremien, die sich auch damit beschäftigen.
Was gibt es an Informationsunterlagen? - Ich habe mir das selbst angeschaut: Es gibt Flyer dafür, es gibt Aushänge dazu, Sie können sich telefonisch informieren, Sie können es im Internet nachsehen. Sie können im Übrigen Ihr Wohngeld auch bereits digital berechnen lassen mithilfe einer Reihe von Wohngeldrechnern, bevor Sie überhaupt irgendeinen Kontakt mit einem Amt haben müssen. Das heißt, Sie können prüfen, ob Sie einen Anspruch haben, ohne dass Sie den Weg zum Amt machen müssen.
Das heißt nach meiner Diagnose: Wir haben definitiv ein großes Angebot an Informationen, und wir haben sowohl staatliche als auch private Einrichtungen, die den Menschen hierbei zur Seite stehen.
Wenn Sie sagen, dass es Menschen gibt, die trotzdem diese Hilfe nicht in Anspruch nehmen wollen, dann ist der Punkt für mich: Wenn ein Mensch staatliche Hilfe nicht in Anspruch nehmen will, dann habe ich auch keine Handlungsoption. Worum es uns geht, ist, dass wir jedem Menschen den Zugang ermöglichen müssen, aber diesen halte ich im Bereich des Wohngeldes für gegeben.
Wir haben auch mit den Wohnungsbaugenossenschaften darüber gesprochen, wie sie das einschätzen ich hatte dort letztens einen Termin. Sie haben mir gesagt: Wenn wir Mieter haben, vor allem langjährige Mieter, die auf einmal in Zahlungsverzug kommen, die Probleme bekommen, dann reden wir mit ihnen und unterstützen sie auch. Denn wir haben ein Interesse daran, Mieter zu halten und sie in gewissem Maße zu begleiten. Das gilt vor allem für die Genossenschaften.
Deshalb das muss ich ganz offen gestehen halte ich diesen Antrag tatsächlich für entbehrlich; ich sage das einmal so hart.
(Zustimmung)
Ich bin der festen Auffassung, dass all das, was Sie an Beratungsleistungen haben wollen, bereits heute abgebildet wird und dass muss ich auch einmal ganz offen sagen von den dort arbeitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit hohem Engagement umgesetzt wird. Ich muss ehrlich sagen, ich habe die eine oder andere Rückmeldung auf diesen Antrag gehabt, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesen Bereichen sich durchaus auf die Füße getreten gefühlt haben. Sie haben gesagt: Ich mache doch hier einen ordentlichen Job, ich setze mich hier doch ein und jetzt wird meine Arbeit durch einen solchen Antrag diskreditiert. - Ich danke Ihnen.
(Zustimmung)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Danke, Frau Dr. Hüskens. - Es gibt eine Frage von Frau Hohmann. - Ich möchte daran erinnern, dass das hier eine Dreiminutendebatte ist.
(Zuruf)
- Nein, das waren viereinhalb Minuten.
(Lachen - Unruhe)
Monika Hohmann (DIE LINKE):
Vielen Dank. - Frau Hüskens, Sie haben gesagt, was es alles an Beratungsmöglichkeiten gibt und wie breit wir aufgestellt sind. Ich habe eingangs meine aktuellen Befunde dargestellt. Wie erklären Sie sich diese aktuellen Befunde vor dem Hintergrund Ihrer Diagnose? Das passt irgendwie nicht zusammen. Ich war auch bei vielen Gesellschaften und Genossenschaften. Sie sagten, dass Sie bei der Genossenschaft waren. Sie hätten vielleicht auch einmal bei den Gesellschaften nachfragen sollen.
Unser Antrag war nicht darauf ausgerichtet, die wertvolle Arbeit, die die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Unternehmen leisten, zu diskreditieren.
Dr. Lydia Hüskens (Ministerin für Infrastruktur und Digitales):
Frau Hohmann, Letzteres werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicherlich gern hören, dass dies nicht das Ziel Ihres Antrages war. Ansonsten ist das schlicht und ergreifend die Sachstandsdarstellung aus dem Ressort, aus den entsprechenden Daten, die uns vorliegen, aus den entsprechenden Rückmeldungen. Das, was ich gerade dargestellt habe, bezieht sich schlicht auf ein Gespräch, das ich vor einigen Tagen geführt habe, um das Ganze zu untermauern.
Wie erkläre ich mir, dass es Menschen gibt, die trotzdem eine Leistung nicht in Anspruch nehmen? Ich finde, Sie haben das völlig richtig dargestellt. Es gibt Menschen, die sagen, ich komme irgendwie klar. Nicht jeder Mensch in dieser Republik das finde ich auch nicht ganz dramatisch will bei allen Problemen sofort den Staat um Hilfe bitten. Es gibt eine Vielzahl von Menschen, die versuchen, mithilfe ihrer Familie oder ihres Freundeskreises klarzukommen. Das ist etwas, das wir schlicht und ergreifend akzeptieren und respektieren müssen.
Aber es wird und das ist für mich wichtig nicht daran liegen, dass die Menschen das Wissen nicht haben können. Wenn das die Diagnose wäre, dass wir sagen müssen, sie konnten gar nicht an das Wissen kommen, dann würde ich Handlungsbedarf bei uns sehen, dann wäre ich sofort dabei zu sagen, wir müssen das Ganze hier machen. Ich wäre auch definitiv mit dabei, wenn das Wohngeld zu kompliziert wäre, man es nicht verstehen könnte. Aber auch das ist nichts, was aus unseren Erhebungen hervorgeht; unabhängig davon, dass Liberale immer gern entbürokratisieren, da haben Sie mich sofort mit dabei. Aber deshalb sehe ich hier wirklich keinen Handlungsbedarf und würde empfehlen, den Antrag abzulehnen.
(Zustimmung)