Tagesordnungspunkt 13
Beratung
Ein-Fach-Lehramt Kunst ermöglichen - dem Lehrkräftemangel begegnen
Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 8/725
Alternativantrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/784
Einbringer für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist der Abg. Herr Meister. - Sie haben das Wort.
Olaf Meister (GRÜNE):
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ja, es ist schwierig, heute so ein für uns letztlich normales Thema zu behandeln in der aufgeheizten Debatte; aber es muss sein. Ein-Fach-Lehrkräfte sind Lehrerinnen und Lehrer, die man ahnt es vom Namen her nur ein Fach auf Lehramt studiert haben und daher auch nur in einem Fach unterrichten. Bisher gibt es in Sachsen-Anhalt die Pflicht, mindestens zwei Fächer zu studieren, um ein Lehramtsstudium erfolgreich abzuschließen und danach an den Schulen unterrichten zu dürfen.
Dass die momentane Regelung des Zwei-Fach-Lehramtsstudiums nicht nur Vorteile bietet, zeigen die aktuellen Studienabbruchquoten aus den beiden Universitäten in Magdeburg und Halle. Im Jahr 2020 haben an der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg nur 69 % der Lehramtsstudierenden ihr Studium erfolgreich abgeschlossen. An der Martin-Luther-Universität in Halle waren es sogar nur 47 %.
Die Ursachen dafür sind natürlich vielfältig, das ist klar. Erfahrungen aus verschiedenen Hochschulen anderer Bundesländer, die das Ein-Fach-Lehramt eingeführt haben, zeigen, dass die Abbruchquote in diesen Studiengängen im Vergleich zu ihrem Pendant mit zwei Fächern signifikant niedriger ist.
Besonders im Bereich Kunst wäre diese Entwicklung auch bei uns äußerst begrüßenswert. Der Bericht der Expertenkommission zum Lehrkräftebedarf in Sachsen-Anhalt hat für alle Schulformen festgestellt, dass zu wenig oder gar keine Ausbildung im Bereich Kunst stattfindet; es seien Konsequenzen für die zukünftige Sicherung der Ausbildung zu prüfen.
Die Einführung des Ein-Fach-Lehramtes ist demnach eine Konsequenz, mit der man die zukünftige Ausbildung insbesondere für den Kunstunterricht sichern und dem Mangel in diesem Bereich zumindest entgegenwirken kann. Besonders für die Kunsthochschule Burg Giebichenstein in Halle wäre es ein großer Vorteil. Bisher kann man dort nur Kunst auf Lehramt studieren, wenn man gleichzeitig an der Martin-Luther-Universität ein zweites Unterrichtsfach studiert.
Dass das Ein-Fach-Lehramt im Bereich Kunst dabei gut funktionieren kann, zeigt das Beispiel der Universität in Kiel. Die Abbruchquote des Ein-Fach-Lehramts für Kunst an dieser Universität liegt im Schnitt bei gerade einmal 10 bis 15 %. Die Uni Kiel bietet das Ein-Fach-Lehramt im Bereich Kunst nur als Masterstudiengang an, ein Bachelor in der freien Kunst oder ein Designstudium wird vorausgesetzt. Dadurch muss im Masterstudiengang keine Kunsttheorie und -geschichte mehr unterrichtet werden und die Studierenden können sich in ihrem weiterführenden Studium ganz auf Kunstdidaktik und allgemeine Pädagogik konzentrieren.
Rechtlich möglich ist das Ganze, weil das schleswig-holsteinische Gesetz zur Lehrkräfteausbildung die Regelung enthält, dass mit Zustimmung der Ministerien für Bildung und für Wissenschaft die Fächer Kunst und Musik ohne ein weiteres Fach studiert werden können. Gleiches gilt dort übrigens auch für Fächer wie Mathematik, Informatik und Naturwissenschaft, sofern ein dringender Bedarf besteht.
(Unruhe)
Schleswig-Holstein hat damit auf den dringenden Bedarf in verschiedenen
Vizepräsident Wulf Gallert:
Herr Meister, warten Sie mal kurz! - Es geht wieder um Lehrer. Aber man merkt, es steht kein Lehrer vorn, der mit bedeutungsschwangerer Pause auffordert, dass man ihm zuhört. Deswegen mache ich das jetzt. Ich würde darum bitten, einmal zu versuchen, Herrn Meister bei dieser nicht einfachen Materie zuzuhören. Das bedeutet, selbst nicht zu reden. - Sie haben weiter das Wort, Herr Meister.
Olaf Meister (GRÜNE):
Das ist völlig richtig. Ich hätte in nächster Zeit einen Schlüsselbund genommen und ihn dem Kollegen Bommersbach auf den Tisch geworfen.
(Lachen)
Ich wollte das nur ankündigen, nicht dass Überraschung aufkommt.
(Zuruf)
- Guido hat auch geschwatzt.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Herr Meister, das ist dünnes Eis, weil der Spruch von mir stammt. Ich habe gesagt, das war früher einmal so.
(Lachen und Beifall)
Olaf Meister (GRÜNE):
Ach so.
(Zustimmung - Zuruf)
- Ich wollte die Urheberrechte des Präsidenten natürlich nicht verletzten. Da bitte ich um Nachsicht.
Deswegen scheint es sinnvoll zu sein, dass wir auch in unserem Bundesland eine ähnliche Regelung einführen. Ich räume ein: Diese Erkenntnis ist nicht ganz taufrisch. Wir hatten bereits in der letzten Legislaturperiode einen regen Schriftverkehr mit dem Bildungsministerium und versuchten unter Aufbietung des kompletten Charmes meiner Fraktion und sachdienlicher Argumente, im Ministerium etwas Begeisterung für diesen Ansatz zu entfachen - vergeblich.
Eine der vielen Podiumsdiskussionen im Wahlkampf letzten Jahres brachte dann überraschend eine neue Lage. Kurz vor der Wahl drehte der Bildungsminister in einer Diskussion mit der Landesrektorenkonferenz zur Hochschulpolitik plötzlich bei. Damals äußerte sich der damalige Bildungsminister, der geschätzte Kollege Tullner, zum Thema Ein-Fach-Lehramt ich zitiere : In dem Thema sind wir nicht vorangekommen in der letzten Wahlperiode. Aber das Thema sollte man für die neue Wahlperiode unbedingt noch mal aufgreifen. - Richtig.
Er betonte dabei, dass gerade durch Corona das Ein-Fach-Lehramt ein gutes Instrument wäre, um sowohl dem Kreativ- und Künstlerbereich zu helfen als auch den Lehrkräftemangel zu bekämpfen. Man könne so zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. - Er hat recht.
(Zustimmung)
Für die alte Legislaturperiode kam der Wandel zu spät. Die neue sah dann Sie wissen das bezüglich der Zusammensetzung der Regierung anders aus. Trotzdem sollten wir dieses Thema nun angehen.
Natürlich wollen wir mit unserem Antrag nicht das regelhafte Studium von zwei Unterrichtsfächern abschaffen. Die Vorteile und die Flexibilität beim Einsatz der Lehrkräfte, die in zwei Fächern unterrichten können, sind einfach zu groß. Das Zwei-Fach-Lehramt muss, wie gehabt, fortgeführt werden. Um entsprechenden Ängsten vorzubeugen, haben wir diesen Punkt ausdrücklich in den Antrag aufgenommen.
Stattdessen plädieren wir dafür, den Studierenden in bestimmten Fächern oder mit bestimmten Bachelorabschlüssen die Wahl zu lassen, ob sie ihr Studium im Ein-Fach-Lehramt starten oder fortführen. Unbedingt ermöglicht werden muss das im Fach Kunst. Wir können uns aber auch vorstellen, die Regelung bei Bedarf auch auf andere Fächer wie Musik oder Sport anzuwenden.
Der Alternativantrag der Fraktion DIE LINKE stößt bei uns nicht auf grundsätzliche Bedenken. Er denkt das Modell ja letztlich weiter und nimmt auch gleich noch die beamtenrechtlichen Konsequenzen und die Frage der Seiteneinsteiger in den Blick.
Wenn man sich gemäß unserem Antrag für die Ausbildung entscheidet, hat das natürlich im Weiteren Folgen, wie man mit den Menschen umgeht. Wir haben uns nicht dazu entschlossen, einen so großen Anspruch zu erheben. Die Koalition ist das weiß ich aber nicht; das habe ich aus den Äußerungen von Herrn Tullner entnommen möglicherweise in dem einen oder anderen Punkt zutraulich, aber sehr scheu; das ist possierlich.
(Lachen)
Deswegen wollten wir uns da sehr vorsichtig bewegen und waren sehr bedächtig. Ihr kommt jetzt mit der Blaskappelle, drei Seiten und der A-13-Regelung um die Ecke. Ich glaube trotzdem, der Antrag der Fraktion DIE LINKE ist im Ergebnis richtig. Ob er allerdings in dem Moment strategisch hilfreich ist, weiß ich nicht. Das werden wir dann in der weiteren Beratung sehen.
Uns ging es um den Fuß in der Tür, nicht um die Errichtung des prunkvollen Portals. Wir werden sehen, wie weit wir kommen. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag. Er löst natürlich nicht per se den Lehrkräftemangel, kann aber Teil einer Lösung sein. - Vielen Dank.
(Zustimmung)