Petra Grimm-Benne (Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wir haben unter diesem Tagesordnungspunkt vier Beratungsgegenstände zu debattieren. Zwei haben wir schon sehr ausführlich im Ausschuss behandelt. Deswegen möchte ich mich, weil die Redezeit ein knappes Gut ist, auf ein Thema fokussieren, nämlich auf die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen.
Kinder und Jugendliche waren und sind während der Coronapandemie in vielen Lebensbereichen von erheblichen Beschränkungen betroffen. Um die sich daraus ergebenen vielfältigen Folgen abzufedern, benötigen Familien Unterstützung. Das ist schon mehrfach geäußert wurden. Ich habe in diesem Zusammenhang immer gesagt, dass der Bund schon ein Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ aufgelegt hat. Wir haben daraus Maßnahmen abgeleitet und die Schulsozialarbeit, die außerschulische Jugendarbeit und die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe vor Ort verstärkt sowie günstige Ferien- und Wochenendfreizeiten bzw. Jugendbegegnungen umgesetzt.
Der Bund stellt unserem Land hierfür Mittel in Höhe von mehr als 7,6 Millionen € in den Jahren 2021 und 2022 zur Verfügung. Die operative Umsetzung des Schwerpunktes dieses Aktionsprogrammes, Kinder und Jugendliche mit Freiwilligendienstleistenden und zusätzlicher Sozialarbeit an den Schulen zu unterstützen und zu fördern sowie Angebote für Kinder- und Jugendfreizeiten, außerschulische Jugendarbeit und Angebote der Kinder- und Jugendhilfe zu unterbreiten, obliegt den Ländern.
Ich habe bereits auf der Webex-Konferenz des Landesjugendhilfeausschusses gesagt, dass wir als Landesregierung planen, den Bereich der Kinder- und Jugendfreizeiten auch nach Beendigung des Bundesaktionsprogammes landesseitig zu unterstützen. Weiterhin hat die Landesregierung bereits die rechtlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Formen des Nachteilsausgleichs, auch aufgrund psychischer und psychosozialer Erkrankungen von Schülerinnen und Schülern, anzuwenden sind.
Der Landesregierung ist durchaus bewusst, dass eine grundsätzliche Steigerung von Anfragen an psychotherapeutischen und psychiatrischen Versorgungsangeboten bei Kindern und Jugendlichen im Land zu verzeichnen sind und Versorgungsengpässe drohen könnten.
Sie haben schon erwähnt, Frau Anger, dass erste Studienergebnisse z. B. aus der COPSY-Studie zeigen, dass das Risiko für die Entwicklung von psychischen Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen während der Pandemie gestiegen ist. Weiterhin ist die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die sich durch die Coronapandemie psychisch belastet fühlen, trotz geöffneter Schulen und weitestgehend zugänglicher Freizeitangebote, weiterhin hoch.
Meine Damen und Herren Abgeordneten! Es gab und gibt bereits verschiedene Abstimmungen zwischen den Ländern und dem Bund sowie dem Gemeinsamen Bundesausschuss zu einer Änderung der Bedarfsplanungs-Richtlinie und der Psychotherapie-Richtlinie.
Weiterhin wurden seitens der Länder Maßnahmen vorgeschlagen, wie eine Reduzierung der allgemeinen Verhältniszahl bei den Kindern- und Jugendpsychiaterinnen und -psychiatern, eine Erhöhung der Mindestquote für Leistungserbringer sowie das hört sich wieder technisch an die Anpassung der Zulassungsverordnung für Vertragsärztinnen und Vertragsärzte dahingehend, dass Anträge auf Sonderbedarfszulassungen und -ermächtigungen in den genannten Leistungsbereichen möglichst stattzugeben sei.
Ich habe es deswegen aufgeführt, weil Sie nur die Stellungnahmen der Psychotherapeutenkammer genannt haben, aber darin sind viele Vorschläge enthalten, für die wir den Bund brauchen. Gleichwohl sind wir als Länder gefragt, diese Vorschläge umzusetzen, damit wir tatsächlich den stärkeren Bedarf auffangen können. Wir haben vorhin schon einmal über lange Wartelisten gesprochen. Das Problem müssen wir auch in diesem Bereich lösen.
Dennoch gibt es noch immer keine richtigen evaluierten Erkenntnisse darüber, ob tatsächlich ein pandemiebedingter Mehrbedarf an kinder- und jugendpsychotherapeutischen Angeboten infolge einer behandlungsbedürftigen Krankheitslast besteht. Die angestrebten Maßnahmen müssen zunächst begründet und mit wissenschaftlichen Erkenntnissen belegt werden. Das obliegt in allen Sachen der Sonderzulassung des G-BA. Ich hoffe, dass sie das machen werden.
Ich denke, genauso ist es mit dem Punkt, den wir heute Vormittag diskutiert hatten hinsichtlich der Long-Covid-Patientinnen und -Patienten, darauf zu achten, dass wir nicht so lange Wartezeiten haben, sodass die ambulante Behandlung in eine stationäre Behandlung führt. Diese Problematik haben wir auch in unserem Land. Da gibt es ein ziemliches Nord-Süd-Gefälle. Wir haben Landkreise, in denen gibt es gute ambulante Angebote. Wir haben in vielen Bereichen aber auch Strukturen, bei denen wir jetzt schon ganz lange Wartelisten haben, vor allem, wenn dieser Bereich noch hinzukommt.
Deswegen freue ich mich darüber, dass wir den ganzen Katalog an Maßnahmen, den Sie in Ihrem Antrag angesprochen haben, ausführlich im Ausschuss beraten können. - Ich bedanke mich dafür, dass Sie auf dieses Thema aufmerksam gemacht haben.