Tagesordnungspunkt 20

Erste Beratung

Zahnärztliche und kieferorthopädische Versorgung in den Landkreisen sicherstellen

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 8/757

Alternativantrag Fraktion AfD - Drs. 8/803


Der Einbringer für den Antrag der Fraktion DIE LINKE steht bereits am Rednerpult. Er hat das Wort.


Hendrik Lange (DIE LINKE):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Mit dem heutigen Antrag begebe ich mich in die Tradition derjenigen, die für unsere Landtagsfraktionen immer wieder auf einen Mangel an Fachkräften in naher Zukunft hingewiesen haben. Seien es Lehrerinnen, seien es Polizistinnen oder eben, wie in diesem Fall, die Zahnärztinnen und Kieferorthopädinnen.

DIE LINKE bleibt der verlässliche Mahner. Vor so ziemlich zwei Jahren habe ich auf die dramatische Entwicklung bei der zahnärztlichen und kieferorthopädischen Versorgung hingewiesen, eindringlich mit Zahlen und harten Fakten belegt. Aber bis auf einen Bericht hat sich im Land wenig getan, was auf das Handeln der Landesregierung zurückgeführt werden könnte.

Meine Damen und Herren! Nach dem Bericht in der „MZ“ und pünktlich vor den Haushaltsverhandlungen hat meine Fraktion erneut einen Antrag in den Landtag eingebracht, um die Zahl der Studienplätze in Halle um mindestens die Hälfte zu erhöhen. Denn dem Bericht der Kassenzahnärztlichen Vereinigung zufolge gehen mehr als die Hälfte der derzeit praktizierenden Zahnärztinnen bis zum Jahr 2030 in den Ruhestand. Das sind immerhin 800 Personen. Es droht eine extreme Unterversorgung, insbesondere im ländlichen Raum. Aber selbst in Magdeburg droht mit einer Versorgungsprognose von 52 % ein Mangel. Da sollten die zukünftigen Intelmitarbeiter bloß keine Zahnschmerzen bekommen.

(Lachen)

Meine Damen und Herren! Das ist alles andere als lustig; denn bei Lehrerinnen und Polizistinnen ist die Situation wie in diesem Fall vermeidbar, wenn schnell gehandelt wird.

(Zustimmung)

Leider sind schon wieder zwei Jahre des Nichtstuns ins Land gegangen. Wir könnten schon 40 Zahnärztinnen mehr haben, wenn unser Vorschlag umgesetzt worden wäre.

Ich gebe die Hoffnung nicht auf. Ich bin auch froh, dass die Kassenzahnärztliche Vereinigung selbst initiativ ist. Sowohl die Unterstützung hin zur Selbstständigkeit, als auch die Ausbildung von Zahnärztinnen in Ungarn sind Beispiele. Ich selbst finde es beschämend für das Land, dass wir nicht hier die Studienplatzkapazitäten schaffen, sondern die Leute nach Ungarn schicken. Aber das focht die CDU-geführten Landesregierungen noch nie an.

Ich habe im Jahr 2020 etwas zu den Lebensbedingungen im ländlichen Raum als weichen Standortfaktoren gesagt. Falls Sie mir nicht glauben, zitiere ich jetzt einen Zahnarzt, der zur gleichen Zeit wie ich in Halle studiert hat und der mir heute Morgen etwas geschrieben hat.

(Zuruf: Einer? Das ist aber nicht viel! - Lachen)

- Hören Sie doch erst mal zu!

(Zuruf)

Dann noch etwas: Das Land muss aufhören, den ländlichen Raum kaputtzumachen. Schulen schließen, ÖPNV einstellen, alles auf die Städte konzentrieren - welcher Hochschulabsolvent will in einem Bundesland im ländlichen Raum arbeiten, wenn das Land alles gegen diesen Landstrich macht? Da gehe ich doch lieber nach Bayern, dort ist die Grundschule noch vor Ort, der Bäcker direkt nebenan. Das ist übrigens einer der Zahnärzte, der dafür wäre, eine Quote einzuführen. Die Ministerin ist noch da, das ist ein Vertreter Ihrer Partei, also jemand, der bei Ihnen offensichtlich unterwegs ist. Das ist durchaus etwas, das man immer mitdenken muss, dass es eben auch um weiche Standortfaktoren geht.

(Zurufe: Einer hat das geschrieben! Na dann! - Wir haben gestern von 13 berichtet! Sie haben einen! - Weitere Zurufe)

- Wissen Sie, das Witzige ist ja: Ich bin zumindest ganz gut im Gespräch mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung.

(Zurufe)

Von daher bin ich da ganz entspannt.

Meine Damen und Herren! Wenn sich in den letzten zwei Jahre eines gezeigt hat, dann dass Geld da, wenn man Maßnahmen für unabdingbar hält. Herr Robra hat berichtet, dass die Erhöhung der Ausbildungskapazität jährlich 14 Millionen € koste; die Errichtung von Ausbildungsplätzen müsse noch geprüft werden. Ich frage Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, heute: Wie viel ist Ihnen die Versorgung der Bevölkerung in unserem Bundesland wert?

Wenn der Altmarkkreis Salzwedel zukünftig nur noch zu 55 %, die Börde zu 34 % und das Jerichower Land zu 26 % versorgt werden, dann treibt einen das doch um. Oder? Mich macht das extrem nervös. Deswegen: Lassen Sie uns handeln, meine Damen und Herren.

Zu dem Alternativantrag der AfD. Zu Ihren Anträgen habe ich prinzipiell schon etwas gesagt. Aber dieser gefällt mir. Die AfD sagt sich: Na ja, die Hälfte mehr an Studienkapazität, das ist gut, aber wir teilen die mal auf. Sie fordern 25 % an beiden Uniklinika. Also zehn Plätze mehr in Halle. Und in Magdeburg? - Da gibt es keine Zahnmedizin.

(Ulrich Siegmund, AfD: Aller medizinischen Studienplätze! Sie müssen mal richtig lesen!)

Da gibt es keine Zahnmedizin. Und 25 % von null bleibt null.

(Ulrich Siegmund, AfD: Aller Ärzte, Herr Lange! Lesen!)

Sie möchten sozusagen weniger Zahnmedizinplätze, als wir das vorschlagen.

(Ulrich Siegmund, AfD: Aller medizinischen Studienplätze, Herr Lange! Lesen! - Lachen)

Eine Zahnmedizinausbildung in Magdeburg zu errichten, das wird, glaube ich, richtig teuer.

(Ulrich Siegmund, AfD: Es geht nicht nur um Zahnärzte! Deswegen haben wir ja den Alternativantrag!)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Siegmund,

(Ulrich Siegmund, AfD: Er zieht es doch ins Lächerliche!)

Sie haben sich gemeldet. Es gab jetzt mehrfach Zwischenrufe von Ihnen gehabt.


Hendrik Lange (DIE LINKE):

Jetzt seien Sie doch mal ruhig, Herr Siegmund.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Wir könnten das alles ordentlich durchdeklinieren.

(Zurufe)

- Jetzt ist Herr Lange dran und er hat jetzt die Chance zu reden.

(Zuruf: Der soll doch erst mal lesen!)


Hendrik Lange (DIE LINKE):

Ich würde Ihnen raten, doch einfach mal zuzuhören.

(Zurufe)

- Der Satz kommt doch jetzt noch. - Nun ja, Sie meinen da wohl alle medizinischen Studienplätze, das sollten Sie aber dann wirklich gesondert beraten.

(Zurufe)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns bitte nicht noch weiter warten. Sie alle wissen, wie das ausgeht. Am Ende will es dann wieder keiner gewesen sein. Lassen Sie uns die Studienplätze schaffen und mit der Kassenzahnärztlichen Vereinigung und deren Partnerinnen flankierende Maßnahmen schaffen, damit die Versorgungslücke nicht größer wird. Die Menschen in unserem Land und ihre Gesundheit sind es uns wert. - Danke.

(Zustimmung)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Es gibt eine Frage von Herrn Siegmund. Wollen Sie die beantworten?


Hendrik Lange (DIE LINKE):

Natürlich nicht.

(Unruhe)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Das will er nicht. - Dann ist dieser Debattenbeitrag beendet.