Thomas Lippmann (DIE LINKE):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Koalition will also als Antwort auf den Lehrkräftemangel neue Modelle der Unterrichtsorganisation erproben. Wenn es ihr dabei nur um pädagogische Argumente ginge, wie es uns mit dem Antrag und auch in den Einbringungsreden suggeriert wird, dann, liebe Kolleginnen und Kollegen, wäre dafür kein Beschluss des Landtags erforderlich;

(Zustimmung)

denn solche pädagogischen Experimente gibt es in einzelnen Schulen schon seit sehr vielen Jahren. Noch nie hat sich jemand darum gekümmert, ob wir dafür eine Grundlage hier im Landtag brauchen. Aber Sie binden uns jetzt wirklich einen dicken Bären auf.

(Beifall)

Das, worum es der Koalition tatsächlich geht, ist der Missbrauch solcher Modelle für das Stopfen von Löchern in der Lehrkräfteversorgung. Durch solche Modelle kommt aber keine einzige neue Lehrkraft in die Schulen. Wenn damit also dem Lehrkräftemangel entgegengewirkt werden soll, dann geht das nur mit Arbeitszeitverdichtung und Arbeitszeiterhöhung. Die vorhandenen Lehrkräfte sollen mehr unterrichten - das ist, wie auch immer Sie es verpacken, die Botschaft des Antrags. Sie schaffen es auch nicht, das unter der Decke zu halten. Das steht in Ihrer Begründung und das hat Herr Borchert hier vorgetragen. Wenn Sachverhalte wie die Vertretungsreserve und Klassenleiterstunden erwähnt werden, dann sind das Sachverhalte, die bisher aus dem Deputat der Kolleginnen und Kollegen bestritten werden.

Wenn ich das sozusagen hinten anhänge, dann sind das zusätzliche Arbeiten, um die Lücken zu stopfen,

(Zustimmung)

und dann ist das nicht das, was uns Frau H. vorgetragen hat. Damit, liebe Kolleginnen und Kollegen, überschreiten Sie die Grenze des Erlaubten. Die Arbeitszeit der Beschäftigten gehört zum Kernbereich der Arbeitsbedingungen und unterliegt dem Tarifrecht bzw. dem Dienstrecht. Die Arbeitszeit der Beschäftigten ist kein Spielzeug für den Arbeitgeber oder den Dienstherrn.

(Zustimmung)

Für die Lehrkräfte gilt das, was in ihrer speziellen Arbeitszeitverordnung geregelt ist. Die zentrale Regelung der Arbeitszeitverordnung ist die Festsetzung, welcher Anteil der Wochenarbeitszeit von 40 Stunden in Form von Unterricht zu leisten ist. Zu der dort festgelegten Regelstundenzahl heißt es: Eine Unterrichtsstunde wird mit 45 Minuten berechnet - Punkt. Es gibt keine Experimentierklausel für neue Arbeitszeitmodelle. Auch bundesweit ist die 45-Minuten-Stunde das Maß zur Berechnung der Unterrichtszeit für Schülerinnen und Schüler.

Ihr Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist also ohne Rechtsgrundlage, und das wissen Sie auch. Wir haben das Thema ausführlich in der Anhörung im Bildungsausschuss am 10. Februar 2022 besprochen. Es ist deshalb irritierend, dass Sie dennoch einen solchen Antrag einbringen. Sie ignorieren damit schlichtweg elementare Fragen des Tarif- und des Dienstrechtes und sie treten die Rechte der Gewerkschaften mit Füßen. Ein solches illegales Ansinnen lehnen wir ab,

(Zuruf)

nicht zuletzt auch deshalb, weil Sie mit der Verkürzung auf 40 Minuten gegen KMK-Vereinbarungen zu den Schulabschlüssen verstoßen würden und so die bundesweite Anerkennung insbesondere für das Abitur gefährden.

(Ministerin Eva Feußner: Das lassen Sie mal unsere Sorge sein!)

- Das lassen wir nicht allein Ihre Sorge sein.

(Zustimmung - Unruhe)

Das muss alles auf den Tisch. Das ist unsere gemeinsame Sorge.

(Siegfried Borgwardt, CDU: Ja, aber Sie haben keine Lösung! Das ist das Problem!)

- Doch, wir haben andere Lösungen, aber nicht so einen Murks.

(Zuruf: Oh! - Siegfried Borgwardt, CDU: Weil nicht sein kann, was nicht sein darf! - Unruhe)

- Ihr dreht immer nur den Spieß um. Das ist alles.

(Unruhe)

Wenn Sie andere Arbeitszeitregelungen wollen, dann muss die Landesregierung die Arbeitszeitverordnung ändern. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten Sie sich sehr gut überlegen.

Statt mit den Gewerkschaften über freiwillige Arbeitszeitkonten zu verhandeln, wollen Sie sich nach der Kürzung der Altersermäßigungen jetzt erneut an der Arbeitszeit der Lehrkräfte bedienen. Das ist nicht das, was die Schulen nach zwei Jahren Corona-Engagement von der Landesregierung erwarten können. Es steht auch im Widerspruch zu dem Dank, den die Bildungsministerin erst zum Jahresauftakt an die Beschäftigten übermittelt hat.

Ich kann Ihnen nur raten: Lassen Sie die Finger von der Arbeitszeitverordnung für die Lehrkräfte und hören Sie auf, die verbliebenen Lehrkräfte immer weiter auszuquetschen.

Wir beantragen eine Überweisung des Antrages zur federführenden Beratung in den Finanzausschuss   denn dorthin gehören Arbeitszeitfragen   und zur Mitberatung in den Bildungsausschuss, damit wir Gelegenheit haben, die Position der Gewerkschaften zu diesen Plänen der Koalition zu hören. - Vielen Dank.

(Beifall)