Tobias Krull (CDU):

Mittlerweile ist die übergroße Mehrheit der Menschen in unserem Land geimpft - mehrfach, teilweise auch schon mit Auffrischungsimpfungen. Das heißt für mich: Die größte Corona-Demonstration findet jeden Tag in den Impfzentren, in den Arztpraxen und an anderen Orten statt, wo Impfungen durchgeführt werden.

Gleichzeitig muss man sich die Frage stellen, was Menschen dazu bringt, sich an solchen Demonstrationen, den sogenannten Spaziergängen, zu beteiligen, darunter auch Menschen, die einfach verunsichert sind. Kurzfristige Entscheidungen, die dabei erheblich in das Leben der Menschen eingreifen, wie z. B. die Verkürzung des Zeitraums des Genesenenstatus oder die Aberkennung der Einmal-Impfung mit dem Wirkstoff von Johnson& Johnson als vollständig geimpft, sind dabei natürlich völlig kontraproduktiv.

(Zustimmung - Zuruf: Das stimmt! - Weitere Zurufe)

Vertrauen, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Währung in der Politik. Dass der Landesregierung unter der Führung des Ministerpräsidenten Dr. Reiner Haseloff Vertrauen entgegengebracht wird, zeigt nicht zuletzt das Ergebnis der CDU bei der vergangenen Landtagswahl. Anders als im Antrag geschildert, ist es nämlich richtig, dass wir in Sachsen-Anhalt auf der Basis der vorliegenden Daten und der Situation vor Ort die notwendigen Entscheidungen treffen - so mit der Beibehaltung des 2-G-Status für den Besuch von Restaurants und Gaststätten. Dabei kommt es natürlich auch bei solchen Entscheidungen zu Fehlern und es entstehen Defizite. Aber das ist so, wenn Menschen handeln. Schon im Neuen Testament heißt es:

„Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein auf sie.“

- Johannes Kapitel 8, Vers 7.

(Zustimmung)

Daher wird es, wenn sich die Situation normalisiert hat, notwendig sein, in einen Prozess der Analyse, der Aufarbeitung und der Umsetzung der daraus gewonnenen Erkenntnisse und Schlussfolgerungen zu starten. Gute Erfahrungen hat der Landtag von Sachsen-Anhalt mit dem Sonderausschuss zum Thema „Hochwasser 2002“ gemacht.

(Zuruf)

Die Beteiligung unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen im Zusammenhang mit der Bewältigung der Covid-19-Pandemie muss natürlich auf einer wesentlich breiteren Basis passieren. Dabei ist die Auflistung der im Antrag der Fraktion DIE LINKE aufgeführten Organisationen und Verbände sicherlich eine wertvolle Anregung.

Aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, unter den aktuellen Rahmenbedingungen lehnen wir die Einrichtung eines Pandemierates und damit diesen Antrag ab. Wenn ein solches Gremium ernst genommen werden soll und seine Mitglieder die Wertschätzung erfahren sollen, die sie verdienen, dann müssen die Ergebnisse des Pandemierates natürlich auch in Entscheidungen mit einfließen. Aufgrund der Notwendigkeit, Entscheidungen schnell zu treffen, kann dies leider nicht in entsprechendem Maße erfolgen. Wir können nicht jedes Mal warten, bis es eine Stellungnahme oder ein Positionspapier des Pandemierates gibt.

Soweit die fehlende Einbindung des Parlaments beklagt wird, möchte ich an den Anfang meiner Rede erinnern bzw. um einen Blick in die aktuelle Tagesordnung bitten. Darüber hinaus befasst sich der Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung aufgrund eines Antrages meiner Fraktion regelmäßig mit der aktuellen Lage. Zuletzt hat dort Prof. Dr. med. K. vom Institut für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Herr Krull, kommen Sie bitte zum Schluss.


Tobias Krull (CDU):

sehr wertvolle Ausführungen dazu gemacht.

Ich möchte mich am Ende noch bei denjenigen bedanken, die aktiv und passiv ihren Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten. - Vielen Dank.


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Danke. - Jetzt kommen wir zur Geschäftsordnung. Wir haben festgelegt, dass es bei einer Dreiminutendebatte einen Fragesteller pro Fraktion gibt. Jetzt haben sich aus der AfD-Fraktion zwei Abgeordnete gemeldet: Herr Roi und Herr Siegmund. Sie können sich jetzt einigen. - Bitte, Herr Siegmund, Sie haben das Wort, Sie können Ihre Frage stellen. Ich wollte das bloß im Vorfeld klären, damit es hinterher nicht wieder Diskussionen gibt.


Ulrich Siegmund (AfD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrter Herr Krull, ich habe eine sehr konkrete Frage. Die Argumentation der Landesregierung und von Ihnen ist   ich zitiere  : Impfen ist der Weg aus der Pandemie. Ich möchte Sie konkret fragen: Wie hoch muss die Quote der Impfungen in der Bevölkerung sein, damit alles vorbei ist und wir zu einem normalen Leben zurückkehren?


Tobias Krull (CDU):

Herr Siegmund, es gibt hinsichtlich der Impfquote keinen absoluten Wert.

(Zuruf: Aha!)

Es geht einfach auch darum, durch die Impfung einen schweren Krankheitsverlauf zu verhindern. Dabei hilft jede Impfung, die vorgenommen wird. Ich könnte jetzt darüber spekulieren, ob eine Impfquote von 80 % oder von 90 % sinnvoll ist.

(Zuruf)

Ich kann aber auch ganz klar sagen, dass das Impfen natürlich nicht jede Erkrankung und nicht jede Infektion verhindert.

(Zuruf von Daniel Roi, AfD)

Es geht einfach darum, dafür zu sorgen, dass die Menschen möglichst gesund bleiben und dass sie, falls sie erkranken, einen möglichst milden Krankheitsverlauf haben.

(Zustimmung - Daniel Roi, AfD: Eine Nachfrage! Das ist erlaubt!)


Präsident Dr. Gunnar Schellenberger:

Eine Nachfrage?

(Daniel Roi, AfD: Ja, na klar! Das ist erlaubt!)

- Ja.

(Daniel Roi, AfD: Geschäftsordnung! - Lachen)

- Ja, klar. Selbstverständlich halten wir uns an die Geschäftsordnung.

(Lachen)

Bitte, stellen Sie Ihre Nachfrage.


Ulrich Siegmund (AfD):

Vielen Dank. - Herr Krull, ich entnehme Ihren Ausführungen ganz klar: Das würde bedeuten, dass sich das über Jahrzehnte hinweg immer weiter so hinziehen würde und wir niemals zu einem normalen Leben zurückkehren.

(Zuruf: Nein, das meint er gar nicht!)

Meine konkrete Frage war, wie hoch die Impfquote sein muss. Oder ich frage anders: Was wäre, wenn wir eine Impfquote von 100 % erreicht hätten?


Tobias Krull (CDU):

Eine Impfquote von 100 % ist erst einmal ein sehr theoretischer Wert. Natürlich sehnen wir uns alle nach der Normalität des Lebens, wie wir sie vor Covid 19 und der pandemischen Lage hatten. Sie wird auch wieder zurückkehren. Aber es kann genauso sein, dass wir uns, wie bei der Grippeschutzimpfung, jährlich unsere Impfung gegen Covid 19 oder entsprechende Entwicklungen abholen.

(Zurufe)

Auch das kann passieren. Da ich aber genauso wenig in die Zukunft sehen kann wie Sie, müssen wir immer wieder auf aktuelle Entwicklungen reagieren. Wir müssen die eigene Position auch einmal hinterfragen und überlegen, welche Entscheidungen wir neu treffen müssen.

(Zurufe: Eben! - Jawohl! - 100 % sind 100 %!)

Dazu gehört eine Aufarbeitung, wie ich Sie geschildert habe.

(Zuruf: Sie wissen es nicht, aber alle sollen sich impfen lassen! Klasse! - Zuruf: Genau!)