Dr. Katja Pähle (SPD):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Man könnte es sich leicht machen mit diesem Antrag und schlicht die Entscheidungsgründe des Bundesverfassungsgerichts vorlesen, das im Jahr 2003 die Verfassungsbeschwerde eines Elternpaares abwies, das seine Kinder zu Hause unterrichten wollte. Das Bundesverfassungsgericht verweist zunächst darauf, dass nach unserem Grundgesetz neben dem Recht der Eltern, ihre Kinder nach ihren Überzeugungen zu erziehen, ein gleichberechtigter staatlicher Erziehungsauftrag besteht, und stellt Folgendes fest   ich zitiere  :

„Die Pflicht zum Besuch der staatlichen Grundschule dient dem legitimen Ziel der Durchsetzung des staatlichen Erziehungsauftrags und ist zur Erreichung dieses Ziels geeignet und erforderlich.“

Als wollte man es Ihnen, Herr Tillschneider, ins Stammbuch schreiben, führen die Richterinnen und Richter dann Folgendes aus:

„Dieser Auftrag richtet sich nicht nur auf die Vermittlung von Wissen,“

  etwas, das Sie nie verstehen werden  ,

(Unruhe)

„sondern auch die Heranbildung verantwortlicher Staatsbürger, die gleichberechtigt und dem Ganzen gegenüber verantwortungsbewusst an den demokratischen Prozessen in einer pluralistischen Gesellschaft sollen teilhaben können.“

(Beifall)

Das Gericht hat dabei sehr klar vor Augen, welche reale Gefahr vom Heimunterricht ausgehen würde. Und es liest sich tatsächlich wie ein Kommentar zur aktuellen Situation.

Ich zitiere weiter:

„Die Allgemeinheit hat ein berechtigtes Interesse daran, der Entstehung von religiös oder weltanschaulich motivierten ‚Parallelgesellschaften‘ entgegenzuwirken und Minderheiten […] zu integrieren.

Dies im Sinne gelebter Toleranz einzuüben und zu praktizieren, ist eine wichtige Aufgabe […] der [öffentlichen] […]schule.“

So weit das Bundesverfassungsgericht.

Staatliche Schulbildung   so lässt es sich insgesamt festhalten   ist eine unverzichtbare Grundlage für einen modernen demokratischen Staat, der all seinen Bürgerinnen und Bürgern Teilhabe an Arbeitsleben, Gesellschaft und Kultur ermöglichen kann. Deshalb ist es auch kein Wunder, dass es die SPD war, die im Jahr 1918 in der Weimarer Reichsverfassung erstmals eine allgemeine Schulpflicht verankert hat.

Mit Ihrem Antrag machen Sie deutlich, wessen Geistes Kind Sie sind

(Oh! bei der AfD - Zuruf von der AfD: Och, Leute! - Weitere Zurufe)

und wie Sie tatsächlich auch auf unsere Gesellschaft und die Institutionen dieser Gesellschaft blicken. Vor diesem Hintergrund ist mit diesem Antrag nur eines zu tun: Er ist abzulehnen. - Vielen Dank.

(Beifall)