Dorothea Frederking (GRÜNE):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Abgeordnete! Sehr geehrter Herr Hauser! - Die Erreichung des Flächenziels von 30 % bis zum Jahr 2030 haben Sie, Herr Hauser, als Utopie bezeichnet. Wenn ich mich richtig erinnere, hat die FDP in Berlin dieses Ziel mit unterschrieben. Sind das in Berlin alles Utopisten?

(Zustimmung - Zurufe: Ja! - Lachen)

Frau Pasbrig, ja, der Schwerpunkt unseres Antrages ist der Ökolandbau. Darum geht es heute. In unserem Antrag geht es nicht um die gesamte Förderung der Landwirtschaft. Der Antrag ist kein Rundumschlag. Wenn Ihnen das so wichtig gewesen wäre, dann hätten Sie einen Alternativantrag einbringen können. Der Anlass für unseren Antrag war ganz klar die angekündigten Einschnitte beim Ökolandbau. Die Überschrift ist also eine völlig andere.

(Zuruf)

Herr Minister Schulze - ich schaue kurz rüber, ob er anwesend ist - ja, ist er.

(Lachen)

Ich spreche vom Rednerpult aus; tut mir leid, dass ich Sie jetzt nicht anschauen kann. Sie haben heute und bereits im Ausschuss sowie auch in Interviews geäußert, dass es nicht funktioniere, den Weg der Ökolandbauförderung wie bisher weiterzugehen. Das sei langfristig finanziell nicht tragbar. So haben Sie sich ausgedrückt.

Ja, es stimmt, dass für den 30-Prozent-Pfad sehr hohe Förderbeträge erforderlich wären. Verdreifacht sich der Flächenanteil, könnte man annehmen, dass sich auch die Förderung verdreifachen müsste. In der Tat wäre das ein sehr großer Topf für den Ökolandbau, falls das jetzige Fördersystem immer so fortgeführt werden würde.

Aber insbesondere für den dauerhaften Bestand der Landwirtschaft muss das gesamte Landwirtschaftssystem verändert werden. Herr Feuerborn hat es angesprochen. Denken wir an die Dürren. Wir müssen fit werden. Die Landwirtschaft generell muss fit werden, damit trotzdem noch gewirtschaftet werden kann. Mehr Ökologisierung in der konventionellen Landwirtschaft ist wichtig. Frau Eisenreich hat es gesagt. Es geht bspw. um Agroforstsysteme und natürlich auch um mehr Ökolandbau. Wir brauchen fruchtbare Böden mit einem lebendigen Bodenleben. Das alles ist mit einem Aufwand verbunden. Wir brauchen Äcker, Wiesen und Weiden, auf denen das Wasser besser zurückgehalten wird. Das Fördersystem wird sich in der Zukunft ändern, sodass das Geld genau in diejenigen Maßnahmen fließt, die die Landwirtschaft schützen, unterstützen und ihr eine Perspektive geben. Diese Maßnahmen erfüllen gleichzeitig noch gesellschaftliche Anforderungen.

Herr Minister Schulze, ich habe keinesfalls die konventionelle Landwirtschaft gegen den Ökolandbau ausgespielt.

(Zuruf: Doch!)

Das können alle in meiner Rede nachlesen; sie war sehr ausgewogen. Ich habe das an keiner einzigen Stelle getan, im Gegenteil. Ich habe die Landwirte mit ihrer wertvollen Arbeit, die uns jeden Tag wirklich hervorragende Lebensmittel auf den Tisch zaubern, gelobt.

(Zustimmung)

Sie, Herr Minister, Herr Hauser und Frau Pasbrig, betonen hier, dass ich etwas gegeneinander ausspiele. Dabei sind genau   S i e   diejenigen, die das tun.

(Zurufe: Nein! - Unruhe - Zustimmung)

Das ist unfair, absolut unfair.

(Unruhe)

Es ist unfair, dass hier ein Konflikt konstruiert wird

(Zuruf: Den haben Sie verursacht! - Weitere Zurufe - Unruhe)

und mir dieser Konflikt vorgeworfen wird.

(Zuruf: Sie hetzten hier! Schluss mit der Hetze! - Zuruf: Genau!)

Ich wäre die Letzte, die einen solchen Konflikt eröffnen würde.

(Zuruf: Lesen Sie mal den Antrag! Wer hat den denn gestellt? - Lachen)

- Herr Kurze, lesen Sie in meiner Rede nach.

(Zustimmung - Zurufe)

Ich möchte, dass Sie jetzt eingreifen. Ich kann nichts mehr verstehen, wenn sie ständig rufen.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Frederking, Sie können fortfahren.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

In diesem Sinne gehe ich davon aus, dass die altbekannte Forderung „öffentliches Geld für öffentliche Leistung“ ab der übernächsten EU-Förderperiode besser erfüllt wird und die Flächenprämien noch stärker an ökologisches Wirtschaften gebunden werden. Genau das wäre auch vorteilhaft für den Ökolandbau. Quasi aus der ersten Säule     Wir haben heute über das Geld der zweiten Säule gesprochen. Das würde sich dann ändern.

(Unruhe)

Inzwischen äußerte sogar der Präsident des Deutschen Bauernverbandes Rukwied: Öko ist zukunftsfest.

(Unruhe - Zuruf)

Da das gesamte Landwirtschaftssystem hin zu einer echten Agrarwende umgekrempelt werden muss, wird das natürlich auch Auswirkungen auf die Marktpreise haben. Das habe ich betont. Man muss weg von den Ramschpreisen, wie es der Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir gesagt hat, hin zu fairen Preisen an der Ladentheke,

(Unruhe - Zurufe)

die natürlich - zuhören bitte! - auskömmliche Erzeugerpreise sicherstellen sollen.

(Zustimmung)

Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Die Borchert-Kommission sieht eine Tierwohlabgabe an der Ladentheke vor, mit der zugleich der Umbau in der Tierhaltung finanziert wird und Menschen mit wenig Geld unterstützt werden. - Frau Eisenreich, das ist sozial. Denn billig ist nicht sozial. Billig ist weder sozial für die Menschen noch für die Tiere noch für die Umwelt.

(Zustimmung - Unruhe)

In der Zukunft werden neben der Förderung auch anständige Marktpreise die verlässliche wirtschaftliche Grundlage für die Landwirtschaft sein. - Herr Feuerborn, bis auf Ausnahmen funktionieren die Vermarktung und der Absatz der Ökoprodukte. Dazu gab es eine große Veranstaltung im Schlachthof in Magdeburg. Bei dieser waren auch Vertreterinnen und Vertreter des Bauernverbandes zugegen.

Herr Minister Schulze, Sie haben völlig recht: Wenn der Bund 30 % fordert, dann muss er natürlich auch in die Verantwortung genommen werden.

(Guido Heuer, CDU: Ja, und alles mit Steuergeldern! Mit unserem Geld!)

- Guido Heuer! Herr Heuer, bitte zuhören. - Der Bund hat ein Förderprogramm angekündigt. Wir müssen ihn beim Wort nehmen. Meine Mails haben das Bundesministerium schon erreicht.

(Zustimmung - Guido Heuer, CDU: Ihr wollt nur staatlich regulieren! Das ist der falsche Weg! - Unruhe)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Frederking, kommen Sie bitte zum Schluss.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Was ist das Fazit? - Das Fazit ist: Die Förderung

(Unruhe - Zuruf)

muss in den jetzigen Dimensionen also nicht auf Dauer aus dem ELER-Topf erfolgen. - Herr Minister Schulze, ich hoffe, ich konnte Ihre Sorgen und Bedenken ausräumen.

(Lachen)

Bis die Systemveränderungen erzielt wurden, brauchen wir mehr ELER-Mittel durch die Umwidmung von Fördergeldern aus anderen Maßnahmen.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Frederking, ich habe Sie soeben gebeten, zum Schluss zu kommen. Sie haben das auch gesagt.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Nein, das habe ich nicht gehört.

(Lachen)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Das habe ich aber gesagt. Sie sehen auch, dass die Zeitanzeige rot geworden ist. Sie sind nicht nur auf meine Hinweise angewiesen. Bitte kommen Sie zum Schluss.

(Unruhe)


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Frau Präsidentin, ich habe das in der Tat nicht gehört, verzeihen Sie bitte. Ich habe noch eine Frage: Ist die Minute schon hinzugegeben worden?


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Ja, die Minute ist schon hinzugegeben worden.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Okay. - Das ist die Botschaft: Die Förderung muss nicht langfristig und dauerhaft aus dem ELER-Topf erfolgen.

(Zustimmung)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Frederking, Sie haben jetzt die Möglichkeit, doch noch weiterzureden. Denn Herr Feuerborn und Herr Loth haben sich für eine Intervention zu Wort gemeldet.


Olaf Feuerborn (CDU):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Frederking, ich glaube, Ihre Partei war im Europaparlament ausschlaggebend dafür, dass jetzt in der neuen Förderperiode - ich sage einmal - die Mittel aus der ersten Säule umverteilt wurden, die Fördermittel abgesenkt werden und wir 25 % für Eco-Schemes, die Ökoregelungen, erhalten.

(Zuruf: Genau so ist es!)

Ich kann Ihnen aber etwas sagen. Sie haben vorhin richtig gesagt, dass jetzt auch die Betriebe im Ökolandbau daran gebunden sind und sie dieses Geld aus der ersten Säule verlieren werden. Das Schlimme daran ist, dass wir in den nächsten fünf Jahren jährlich insgesamt 100 Millionen € an Wertschöpfung im Land verlieren, von der wir eigentlich profitieren könnten. Es geht um eine Gewinnmarge oder Gewinnoptimierung unserer Betriebe. Wenn wir keine Gewinne mehr erzielen, dann gibt es weniger Geld im Steuersäckel und dann kann weniger verteilt werden.

(Zustimmung)

Das wird ungefähr einen Betrag in Höhe von 40 Millionen € pro Jahr ausmachen, die unser Finanzminister nicht zur Verfügung hat. Ich weiß nicht, wie wir dann noch Förderprogramme für die Zukunft gestalten wollen.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Ist das eine Frage?


Olaf Feuerborn (CDU):

Es handelt sich um Geld, das uns im Land verloren geht und bei der EU bleibt. Denn wir als konventionelle und ökologische Landwirte werden es schlicht nicht beantragen, weil die Konditionalitäten einfach nicht stimmen. Sie haben es vorhin selbst gesagt.

(Zustimmung)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Feuerborn. - Jetzt folgt Herr Loth mit seiner Intervention.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Ich würde gern etwas dazu sagen.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Bitte machen Sie das dann gebündelt.

(Zuruf: Das ist ungewöhnlich!)

- Ja, das ist ungewöhnlich. Aber die Redezeit war wirklich sehr auskömmlich.

(Zuruf)

Herr Loth, wollen Sie gleich anschließen oder wollen Sie gern eine gesonderte Antwort? - Nein. Herr Loth, fangen Sie jetzt bitte an.


Hannes Loth (AfD):

Ich fange einfach an. Danke schön, Frau Präsidentin. - Frau Frederking, Sie hätten Ihren Vorrednern wirklich zuhören sollen. Diese haben Ihnen erklärt, wie es mit dem Markt funktioniert und dass der Markt recht gesättigt ist mit Bioprodukten. Das ist nun einmal so. Gucken Sie sich bitte die Statistiken an. Der Preis z. B. für Zucchinis ist zurückgegangen und der Absatz nach oben. Das ist alles normal. Das macht der Markt. Das ist völlig richtig.

Wichtig ist das, was Herr Feuerborn vorhin gesagt hat, dieser Bericht, in dem der Reporter den Vertreter der großen Handelskette Aldi gefragt hat: Was passiert mit dem Preis? - Was hat er gesagt? - Wir bieten unseren Kunden weiter den Aldi-Preis. Das heißt, sie fordern mehr Tierwohl, es wird aber nicht mehr eingenommen. Es wird immer noch zum billigsten Preis verkauft, Frau Frederking. Daran müssen Sie ansetzen, nicht an irgendwelchen Förderungen. Das ist das Problem, dass der Lebensmitteleinzelhandel Fleisch und Erzeugnisse verramscht.

Gucken Sie sich an, gestern im Prospekt, ein halbes Schwein, 2,22 € pro Kilogramm. Der Bauer bekommt dafür 1,40 €. Das ist doch nicht mehr normal. Frau Frederking, daran müssen wir ansetzen, nicht bei irgendwelchen Förderungen für Ökosachen.

Die Landwirte in unserem Land stehen an der Wand. Sie müssen überleben. Wir kämpfen hier für das Überleben unserer Landwirte. Gucken Sie sich an, was draußen passiert, wie die Schweinehaltung einbricht.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Loth!


Hannes Loth (AfD):

Es ist erschreckend. Jetzt kommen Sie und wollen das Geld verteilen, das wir nicht haben. Das geht nicht, Frau Frederking. - Danke.

(Zustimmung)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Loth, vielen Dank. - Jetzt, Frau Frederking. Bitte.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Herr Loth, es gibt natürlich viele Probleme. Das Problem, das Sie dargestellt haben, ist natürlich auch eines. Natürlich muss der LEH auch in die Verantwortung genommen werden, ganz klar. Sie haben ja auch schon Selbstverpflichtungen. Sie haben das Label herausgebracht. Ein Vorhaben, das der LEH letztens geschildert hat - ich weiß nicht, ob es Aldi war oder wer es gesagt hat  , war, dass sie anders werben wollen, also dass sie die Qualitäten herausstellen wollen. Sie können ja mir nicht etwas zum Vorwurf machen, was andere falsch machen.

(Zustimmung)

Ich habe es nie in Abrede gestellt, dass auch an der Stelle angesetzt werden muss. Sie reduzieren es so, auf einen Aspekt. Die Ökolandbauförderung ist Thema in unserem Antrag. Deshalb habe ich dazu gesprochen. Alles andere ist natürlich    

(Unruhe - Zurufe)

Jetzt möchte ich auf Herrn Feuerborn eingehen,

(Unruhe - Zurufe: Pst! - Ja, was denn nun? - Seid mal leise! - Fertig? - Kommt noch was?)

auf die erste und die zweite Säule. Ja    


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Frederking, ich möchte Sie bitten, dann auch zu sprechen.

(Lachen)


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Ja, das ist richtig, Herr Feuerborn, dass die Gelder von der ersten zur zweiten Säule umgeswitcht wurden. Das war ja auch so gewollt.

(Zuruf: Aber nicht von uns! - Lachen)

Diese Umschichtungsmittel bekommen wir ja auch. Diese 172 Millionen € bekommen wir. Dann geht es ja auch um Eco-Schemes. Das sind 23 %. Das ist alles angelegt, weil die Landwirtschaft sozusagen fit für die Zukunft gemacht werden soll, also mit solchen Maßnahmen, die der Landwirtschaft helfen.

Ich meine, für die Landwirtschaft ist doch - ich habe es vorhin gesagt - die Klimakatastrophe das größte Problem. Wir haben kein Wasser. Sie als aktiver Landwirt, als praktizierender Landwirt wissen das ja, dass uns die Pflanzen verdorren. Daran müssen wir natürlich einsetzen, und das kann natürlich nicht nur mit Agroforst gemacht werden. Wir brauchen auch Bewässerungssysteme usw., aber das ist ein Baustein.

(Zustimmung)