Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der vorliegende Antrag beweist einmal mehr, was hier im Hohen Hause regelmäßig unter Beweis gestellt wird: das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland interessiert Sie von der AfD - wie so vieles - nur so weit, wie es Ihnen in den Kram passt. Deshalb möchte ich jetzt einmal freundlich sein und Ihnen gern einen weiteren Absatz des Grundgesetzes erklären. In Artikel 7 Abs. 1 des Grundgesetzes steht Folgendes: „Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.“

(Unruhe)

Für Sie in verständlichen Worten: Das bedeutet, dass Schule und Bildung grundgesetzlich verankert im Aufgabenbereich des Staates liegen. Natürlich ist das für all jene schwer einzusehen und zu akzeptieren, die die Bundesrepublik Deutschland, ihre Institutionen und ihre Verfasstheit ablehnen und aktiv bekämpfen. Das ist der Geist, der aus Ihrem Antrag spricht und gegen den das erwähnte Urteil des Bundesverfassungsgerichts wirken sollte.

Im Gegensatz zu den rechtsextremen Gruppen, deren Interessen Sie hier im Parlament vertreten, stehen Demokratinnen und Demokraten zum gesamten Grundgesetz. Deshalb gilt für uns: Schulen sind der Ankerpunkt des Bildungssystems - nicht nur der klassischen humanistischen Bildung, sondern auch des Lernens durch Gemeinschaft, der Bildung über Demokratie, unsere Gesellschaft und unsere gemeinsamen Werte. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir in einem Land leben, in dem alle Kinder durch Schule Bildung genießen. Diese Möglichkeit gibt es leider nicht überall auf dieser Welt, und viele Ihrer Ausführungen hier zeigen, wie bitter nötig gerade die Bildung zu Gesellschaft und zu Demokratie auch hier noch ist.

So wichtig normaler Schulunterricht für unsere Kinder und Jugendlichen ist, so wichtig ist in der Pandemie auch, dass die Schulen pandemiefest sind. Dazu gehört für uns natürlich die Aussetzung der Präsenzpflicht; aber das haben wir im letzten Antrag ausführlich diskutiert. Weder ist die Pandemie - und damit die Gefahr der Ansteckung mit dem Coronavirus - vorbei, noch haben Kinder in hoher Zahl einen ausreichenden Impfschutz, verfügen alle oder viele Klassenräume über Luftfilter oder ist es draußen so warm, dass Unterricht in regelmäßigem Durchzug als vernünftig erscheinen könnte.

Wir alle - ganz sicher die Eltern unter uns - wünschen uns regelmäßigen Unterricht in sicheren und geöffneten Schulen. Aber das Ignorieren der Pandemie und eine absichtliche oder hingenommene Durchseuchung der Schülerinnen sind fahrlässig und bringen uns einem normalen Schulalltag keinen Schritt näher.

Die Schulpflicht ist ein wichtiger Bestandteil unseres Gemeinwesens, aber sie bedeutet eben nicht zwingend Präsenzpflicht. Nutzen wir die Innovationskraft, die sich durch die Pandemie an vielen Stellen - auch an den Schulen - erwiesen hat, für einen modernen und pandemiefesten Unterricht auch zu Hause und mit der Unterstützung der Eltern, aber selbstverständlich immer im regelmäßigen Kontakt mit der Schule, und ringen wir gemeinsam auch nach der Pandemie immer wieder darum, dass unsere Schulen als moderne Orte gemeinschaftlichen Lernens immer besser werden: an verschiedenen Orten und in verschiedenen Settings, im Schulgebäude, digital - aber eben immer als unsere Schulen. - Vielen Dank.

(Zustimmung)