Chris Schulenburg (CDU):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren! Gott sei Dank leben wir in Deutschland und somit auch in Sachsen-Anhalt in einer Demokratie, und nicht in einer Diktatur.

(Zustimmung)

In einer Diktatur könnte man nämlich nicht frei seine Meinung auf der Straße äußern, sondern man wäre schon längst mit Gummiknüppeln von der Straße geprügelt und ohne Gerichtsprozess inhaftiert worden.

In Sachsen-Anhalt sind das Grundgesetz und die Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt bindend. Das exekutive Handeln hat sich daran zu orientieren. Es gibt die Bindung an Recht und Gesetz. Aber das Versammlungsrecht ist nicht schrankenlos, das war es noch nie in den letzten Jahren. Für Versammlungen unter freiem Himmel kann dieses Recht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden. Und nichts anderes passiert hier in Sachsen-Anhalt. Sie müssen eine Versammlung anmelden und können sich friedlich und ohne Waffen versammeln. Das Einzige, was Sie zusätzlich machen müssen, ist: Sie müssen 1,5 m Abstand wahren und halten und eine Maske tragen.

(Zuruf: Oder!)

Das machen Sie aber beim Einkaufen und in der Straßenbahn auch. Wenn Sie das nicht machen, dann begehen Sie einen Verstoß gegen die Rechtsordnung. Ein andauernder Verstoß gegen die Rechtsordnung ist nun einmal eine konkrete Gefahr. Die Gefahren abwehrenden Maßnahmen, die von der Polizei und von den Versammlungsbehörden durchgeführt werden, sind nun einmal zulässig.

Unangemeldete Aufzüge sind aktuell unzulässig, weil die Anzahl der Teilnehmer immer auch zu der Örtlichkeit passen muss. Ich erinnere an das schreckliche Ereignis bei der Loveparade in Duisburg, bei dem 21 Menschen ums Leben kamen, weil plötzlich alle durch einen engen Tunnel mussten. Wenn mehrere Tausend Menschen auf engem Raum stehen und sich in Bewegung setzten, dann können Sie nicht ausschließen, dass es an Engstellen zu einem Gedränge kommt und dass dort die Infektionsgefahr besonders groß ist. Deshalb: Anmeldepflicht, Abstand halten und gegebenenfalls Maske tragen.

Die Versammlungsbehörden und die Polizei wollen, dass alles gesittet und geordnet abläuft; denn der Staat hat nun einmal eine Schutzpflicht gegenüber dem Einzelnen und auch gegenüber der Allgemeinheit. Wer sich an diese Regeln hält, der kann sich auch in Sachsen-Anhalt versammeln.

Wer sich an diese minimalen Regeln nicht halten will, der muss damit rechnen, dass die Polizei ihn anhält, eine Identitätsfeststellung durchführt, einen Platzverweis ausspricht und dass ein Bußgeldbescheid ins Haus flattert. Wenn die Polizei mit Zwangsmitteln gegen eine Personenmenge vorgeht, dann müssen Sie auch immer damit rechnen, dass Panik ausbricht und dass unbeteiligte Dritte zu Schaden kommen. Deshalb ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit immer zu beachten. Es gibt auch einen kleinen und klaren rechtlichen Unterschied, nämlich ob nur   in Anführungszeichen   eine Ordnungswidrigkeit vorliegt oder ob Straftaten begangen werden. Gewalttätige Aktionen, z. B. gegen Journalisten oder Polizeibeamte, sind einfach nicht tolerierbar.

(Zustimmung)

Jeder Einzelne sollte sich aber auch überlegen, ob er mit Rechtspopulisten oder mit Rechtsextremisten im Gleichklang durch die Straßen marschieren will. Die Sorgen und Nöte, die jeder einzelne Bürger aus der Mitte der Gesellschaft hat, aus welchen unterschiedlichen Gründen auch immer, nehmen wir ernst. Deshalb ist es aus unserer Sicht auch legitim, dass sie ihre Sorgen und Nöte auf der Straße kundtun sollen und dürfen. Aber bedenken Sie bitte, mit wem Sie dort marschieren. Lassen Sie sich nicht instrumentalisieren und halten Sie sich bitte an die einfachen Regeln.

(Zustimmung)

Das Versammlungsrecht ist in Sachsen-Anhalt ein hohes Gut und wird es auch bleiben. Wir werden den Antrag der AfD ablehnen. Wir werden auch den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ablehnen, weil insbesondere die Punkte 4 und 6 sehr unkonkret sind. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Schulenburg. - Herr Striegel, Sie haben eine Frage?

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Ich habe eine Frage an den Kollegen Schulenburg!)

- Herr Striegel, bitte.


Sebastian Striegel (GRÜNE):

Herr Kollege Schulenburg, Sie haben gerade ausgeführt, dass Sie auch unseren Antrag ablehnen wollen, weil Ihnen zwei Punkte nicht konkret genug sind. Wo fehlt es Ihnen denn an Konkretheit? Wär es eine Idee, dass die Koalitionsfraktionen in diesem Fall einen Änderungsantrag einbringen, damit dieser ansonsten offensichtlich gut gelungene Antrag für Sie vielleicht doch noch zustimmungsfähig wird?


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Schulenburg.


Chris Schulenburg (CDU):

Ich möchte das kurz konkretisieren, insbesondere zu Punkt 4. Sie fordern alle Teilnehmer auf, sich rechten Kräften entgegenzustellen. Das Wort „entgegenstellen“ ist für uns zu unspezifisch. Ich möchte es niemandem zumuten, dass er sich dem rechten Mob tatsächlich in diesem Sinne entgegenstellt; denn es ist davon auszugehen, dass es dann auch zu Konfrontationen kommt, insbesondere dann, wenn noch nicht einmal erkennbar ist, ob jemand Rechtsextremist oder Rechtspopulist ist oder nicht, weil eben nicht alle mit Springerstiefeln und Bomberjacke durch die Gegend rennen.

In Punkt 6 sprechen Sie davon, dass sich der Landtag mit der demokratischen Zivilgesellschaft solidarisieren soll. Es gibt auch Demonstrationen, wie z. B. die am 15. Januar 2022 in Hamburg, da haben wir einen massiven Antifa-Block gehabt. Die haben auch gegen die Coronaregeln verstoßen, haben Pyrotechnik gezündet. Das war in meinen Augen keine demokratische Zivilgesellschaft.

(Zuruf: Eben!)

Aber es war eine Demonstration gegen die Anti-Coronademonstration. Deshalb ist nicht konkret genug, wen Sie unter Punkt 6 konkret meinen.