Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Frau Frederking, Sie haben viel zur Regierungsbank geschaut; dabei werden Sie festgestellt haben, dass ich das jüngste Mitglied in der Regierung bin. Als junger Mensch lernt man ja noch einiges dazu. Ich habe heute wieder etwas dazugelernt, nämlich dass ich in der letzten Woche ca. eineinhalb Stunden mit Ihnen gesprochen habe und versucht habe, Ihnen viele Dinge zu erläutern und zu erklären, dass das aber - zumindest ein Teil davon - scheinbar nicht gefruchtet hat.

(Lachen und Beifall)

- Ich brauche dazu kein Klatschen der AfD. - Ich sage das einfach einmal so; denn Sie haben eben Dinge - ich werde das auch gleich erläutern - gesagt, die so nicht stimmen.

Ich beginne einmal mit den Punkten, in denen ich Ihnen beipflichte. Sie haben in Ihrer Rede ein bisschen beschrieben, welch harten Job die Landwirte, die Bauern im Land Sachsen-Anhalt machen. Das stimmt. Ich glaube, die Bauern sind das Rückgrat unserer Gesellschaft in Sachsen-Anhalt. Ohne unsere Bauern ist Sachsen-Anhalt nichts. Sie machen einen verdammt harten Job. Sie machen ihren Job auch dann, wenn andere im Urlaub sind.

(Beifall)

Die Ernte wird dann eingefahren, wenn andere an der Ostsee am Strand liegen. Das ist absolut zu honorieren. Aber ich sage auch: Das, was mir nicht passt, ist das unterschwellige Ausspielen der konventionellen Landwirte gegen die Ökobauern.

(Beifall - Zuruf: Richtig! - Dorothea Frederking, GRÜNE: Das habe ich doch gar nicht gemacht!)

Beide haben definitiv ihre Berechtigung. Wenn Sie in den Koalitionsvertrag schauen, stellen Sie fest, dass das auch entsprechend enthalten ist. Die Passagen kennen Sie auch. Auch die Regierung Haseloff III in Sachsen-Anhalt, in der ich die Verantwortung für diesen Bereich trage, wird auch die Ökolandbauern entsprechend unterstützen.

Sie haben es richtig gesagt: Ein Anteil von knapp 10 % der Fläche und etwas mehr als 100 000 ha sind Ökolandbau. Aber - das ist auch wichtig - wir müssen das weiterhin finanzieren. Sie haben angesprochen, dass unter Minister Schulze alles anders werde und das Geld in der Höhe nicht mehr zur Verfügung stehe, speziell wenn es um die ELER-Mittel geht. Darüber bin ich schon etwas verwundert.

Ich bin nicht blauäugig an die Sache herangegangen und habe mir gesagt: Jetzt machst du einfach mal alles anders. Ich habe mir angeschaut: Was hat denn die Vorgängerregierung in einem ihrer letzten Beschlüsse zu diesem Thema noch festgelegt? Was hat denn Frau Dalbert als damals zuständige Ministerin mit abgestimmt? Es ist ja das Schöne an der Regierung Haseloff, dass die Beschlüsse immer einstimmig sind. Wir machen nichts gegeneinander. Das war auch in der Vorgängerregierung so. Damals wurde beschlossen, dass von den ELER-Mitteln zukünftig round about 15 % für den Ökolandbau zur Verfügung stehen.

Wenn Sie sich jetzt anschauen, was der Minister Schulze zu verantworten hat, dann stellen Sie fest: Es sind sogar 16 %. Es ist annähernd gleich geblieben, es ist sogar ein bisschen mehr. Das heißt, wenn Sie mir oder uns unterstellen, dass es jetzt, da die neue Regierung im Amt ist, bei der DIE GRÜNEN nicht mehr dabei sind, einen kompletten Wechsel gegeben hätte, dann ist das falsch.

Der Wechsel wurde schon unter Frau Dalbert eingeleitet. Das gehört zur Wahrheit dazu und das wissen Sie auch. Das haben wir so in der letzten Woche auch besprochen. Deswegen wundert es mich, dass Sie das hier falsch darstellen.

Jetzt nenne ich Ihnen noch einen zweiten Punkt. Natürlich bin ich extrem viel im Gespräch mit den Ökobauern. Vor zwei Wochen war ich zu einem Frühstück bei ihnen und wir haben mehrere Stunden lang miteinander gesprochen, extrem konstruktiv. Sie haben mir eines mitgegeben - das habe ich sogar schriftlich  : Sie haben mir klipp und klar gesagt, dass sie auch Frau Dalbert damals schon davor gewarnt haben, dass die Umstellungsprämie, diese erhöhte Prämie, diese Anreize, die geschaffen wurden, am Ende des Tages auch Fehlanreize sind, weil es extrem viele gibt, die diese Anreize mitgenommen haben, und dass das irgendwann nicht mehr zu finanzieren ist.

Das tritt jetzt letzten Endes ein. Wir haben, wenn wir diesen Weg in diesen Größenordnungen weitergehen wollen würden, einfach nicht mehr das Geld dafür zur Verfügung. Sie und auch die Mitglieder des Landwirtschaftsausschusses wissen, wie die Situation aussieht.

Ich sage hier auch eines ganz klar: Mich als Landespolitiker, als jemanden, der in diesem Land geboren worden ist, der hier aufgewachsen ist und der für dieses Land brennt, ärgert es, wenn man in Berlin sagt: Wir wollen 30 % Ökolandbau, aber bezahlen sollt das ihr im Land. Dann muss man in Berlin -  Sie haben doch mit Cem Özdemir dort einen Minister; ich habe in dieser Woche mit ihm telefoniert   auch sagen, woher das Geld kommen soll.

(Beifall)

Man kann in Berlin nicht einfach sagen   manchmal kommt das auch aus Brüssel  : „Ihr sollt das machen“, dann aber nicht sagen, woher das Geld dafür kommen soll.

(Beifall)

Ich sage Ihnen eines - das können Sie gern auch Ihren Ministern sagen; Sie haben ja jetzt den Vorteil, den ich nicht mehr habe, dass Sie dort in der Regierung sitzen; viel Erfolg dabei  : Sagen Sie denen doch bitte auch, wir nehmen das Geld gern, wenn mehr Geld aus Berlin kommt, und geben es dann in den ökologischen Landbau. Aber ich bitte darum, nicht einfach zu sagen: 30 %, aber wie ihr es bezahlt, das ist euer Problem. So einfach funktioniert diese Welt auch nicht.

Deshalb: Wir werden die Ökobauern weiterhin massiv unterstützen - in dem Rahmen, in dem wir es können  , aber wir als Landesregierung werden das letzten Endes - das sage ich auch - nicht mehr in der Größenordnung machen können, wie es Frau Dalbert vorgeschlagen hat und wie sie es viele Jahre lang umgesetzt hat, was am Ende aber - das ist nämlich die klare Wahrheit dazu   nicht ausfinanziert war. Aber eines ist auch klar und das sage ich Ihnen: Ein Ausspielen öko gegen konventionell wird es mit mir nicht geben.

(Beifall)

Ich habe die Redezeit zwar schon ein wenig überschritten, aber eines möchte noch sagen   das sage ich auch als Vorsitzender der Agrarministerkonferenz  : Ich finde es gar nicht falsch, dass Herr Özdemir gesagt hat, wir brauchen eine Debatte über die Preise. Das ist völlig richtig.

Ich habe heute Morgen schon eingekauft, weil ich am Wochenende für das Essen bei uns zuständig bin. Schauen Sie sich einmal an, was Kartoffeln   bei uns gibt es am Wochenende Kartoffelsalat   gerade kosten. Sie kriegen jetzt   ich habe heute genau hingeschaut - 1 kg Kartoffeln für 20 Cent. Das ist ja Wahnsinn. Das ist nicht der Preis, der dafür angemessen ist. Das ist auch klar. Darin hat Herr Özdemir recht. Aber eines muss auch klar sein: Wenn es höhere Preise für Lebensmittel gibt, dann müssen diese auch dort ankommen, wohin sie gehören, nämlich zu unseren Bauern. Das ist der Punkt, über den man diskutieren muss.

(Beifall)

Es genügt nicht, einfach nur höhere Preise zu fordern. Die Bürger sollen mehr bezahlen, egal woher es kommt, doch am Ende kommt das nicht bei den Bauern an. Dafür sollten wir gemeinsam kämpfen. Dabei haben Sie mich an Ihrer Seite. Dafür bitte ich Sie und alle anderen Mitglieder des Landtages um Ihre Unterstützung. - Vielen Dank.

(Beifall)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Minister Schulze, Sie haben Ihre Redezeit um mehr als eine Minute überzogen. Ich stelle hiermit fest, dass das eine Überziehung um eine Minute war.


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Das ist auch ein wichtiges Thema, deswegen habe ich mir das erlaubt. - Vielen Dank, Frau Vizepräsidentin.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Genau. - Gibt es Fragen?


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Dort gibt es eine Frage.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Es gibt eine Frage von Frau Frederking. Bitte.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Ich hatte Sie leider nicht mehr die ganze Zeit im Blick. Aber ich vermute, Sie haben die ganze Zeit über zugehört. Ich habe jetzt noch einmal mein Redemanuskript herausgeholt. Wenn Sie zugehört haben, dann müssen Sie auch mitbekommen haben, dass ich gesagt habe, die Marktpreise werden in Zukunft fairer, sodass mehr Geld in den Betrieben ankommt. Wie kommen Sie jetzt dazu zu behaupten, dass ich das nicht gesagt hätte oder dass ich den einen gegen den anderen ausspielen wollte? Auch dass der Bund Unterstützung angekündigt hat. Natürlich muss der Bund liefern.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Frau Frederking, wir machen jetzt aber nicht Ihre Rede noch einmal. Das war jetzt eine Nachfrage an den Herrn Minister.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Die Nachfrage war: Haben Sie das gehört, Herr Minister?


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Diese haben Sie gestellt, und jetzt gebe ich dem Herrn Minister das Wort, um diese zu beantworten.

(Zustimmung)


Sven Schulze (Minister für Wirtschaft, Tourismus, Landwirtschaft und Forsten):

Vielen Dank für diese Nachfrage, Frau Frederking. Ich habe mir Ihre Rede natürlich sehr genau angehört, und nicht nur das. Ich bin auch sehr daran interessiert   das habe ich Ihnen auch gesagt  , dass wir, auch wenn Sie hier in Sachsen-Anhalt in der Opposition sind, einen sehr konstruktiven Austausch miteinander haben. Ich sage Ihnen auch: Ich schätze es an Ihnen, dass wir beide, auch wenn wir in vielen Bereichen unterschiedlicher Meinung sind, miteinander reden können.

Ich habe aber an der einen oder anderen Stelle Ihrer Rede aufgrund der einen oder anderen Betonung schon das Gefühl gehabt   wir können es im Protokoll gern nachlesen  , dass der Ökolandbau so dargestellt wurde, als sei er das Nonplusultra. Wir haben hier eine Situation, dass wir als Landesregierung das absolut unterstützen. Das ist auch richtig. Viele Menschen sagen: Ich möchte Ökoprodukte kaufen. Die muss es auch am Markt geben.

Aber eines muss auch klar sein: Es darf hier kein Ausspielen geben. Konventionell wirtschaftende Bauern haben sehr viele Auflagen aus Brüssel und aus Berlin, die vorschreiben, wie sie mit der Umwelt umzugehen haben. Mir reicht es langsam   ich komme vom Dorf  , dass manchmal so getan wird, als würden sie nichts für die Umwelt tun und als wären nur die Ökolandbauer die wirklich wichtigen und richtigen Bauern. Beide haben ihre Berechtigung. Und Minister Schulze wird der größte Lobbyist für beide sein, das sage ich Ihnen. Das können Sie sich in den fünf Jahren anschauen.

(Beifall)

Beide haben ihre Berechtigung, und wir werden für unsere Bauern hier in Sachsen-Anhalt kämpfen, egal ob öko oder konventionell.