Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt):
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die AfD-Fraktion hat gerade noch einmal
(Zuruf)
ihr Bild erklärt und uns aufgefordert, uns zum Kohlestandort Sachsen-Anhalt zu bekennen
(Zuruf: Das ist doch gut!)
und bundesweit gegen einen Ausstieg vor dem Jahr 2038 einzusetzen.
Herr Moldenhauer, Sie sind exzellent darin, aus Reden zu zitieren. Nicht ganz so sattelfest sind Sie bei Gesetzesformulierungen. Im Kohleausstiegsgesetz ist ein Ausstieg b i s spätestens 2038 fixiert. Man sollte bitte Folgendes festhalten: Wenn wir auf die Ausstiegspläne für Sachsen-Anhalt schauen, dann sollten wir wissen, dass die Abschaltung des letzten aktiven Kohlekraftwerkes Schkopau bereits für das Jahr 2034 festgelegt ist,
(Zustimmung)
und zwar mit dem Ende des Abbaus in Profen. Für das Jahr 2035 ist mit dem Ende des Abbaus im Tagebau Vereinigtes Schleenhain das Abschalten des Kraftwerkes Lippendorf festgelegt. Darauf hat in einem wirklich bemerkenswerten Interview ich glaube, gestern oder vorgestern der MIBRAG-Chef Herr Eichholz hingewiesen und die Pläne seines Unternehmens dargestellt, wie man in die Zukunft schaut. Die sind meilenweit entfernt von Ihrer rückwärtsgewandten Kohlepolitik.
(Beifall)
Denn Eichholz sagt uns wir wollen ihm doch bitte schön glauben, ihm, dem Spitzensportler und erfolgreichen Manager, ihm, dem Ratgeber dieser Landesregierung in der letzten und in dieser Koalition : Wir bauen mit unseren Planungen, auch mit den Plänen zum Umbau unseres Konzerns darauf, dass dieser Ausstiegspfad erhalten bleibt.
Deshalb wäre Ihre Forderung „mindestens bis 2038“ schlichtweg gesetzeswidrig.
(Zuruf: Ja!)
Das ist so nicht festgelegt worden. Darauf haben sich Menschen in einem großen Konsens verständigt. Das ist Teil des Kohlekompromisses, den Sie gerade zitiert haben.
Des Weiteren ist es ganz richtig, wenn Sie der Abg. Erben fragt: Was wollen Sie denn aufschließen, wenn Sie über 2035 hinausgehen wollen? Lützen? - Mit Lützen verbindet man in Sachsen-Anhalt Geschichte: 1632, 1813. Schauen Sie einmal nach.
(Beifall - Lachen)
Aber was wir mit Sicherheit nicht mit Lützen verbinden, ist ein weiterer Kohleaufschluss und das Abbaggern möglicherweise eines Schlachtfeldes von historischer Bedeutung.
Meine Damen und Herren! Es geht genau genommen um den Umgang mit Adverbien - für die Germanisten unter uns.
(Lachen)
Wenn Sie „mindestens bis 2038“ sagen, im Gesetz aber „spätestens 2038“ steht, dann ist das ein unlösbarer Widerspruch. Den bekommen wir nicht aufgelöst. Herr Erben hat auf das praktische Problem hingewiesen. Ich weise Sie auf das Rechtsproblem hin. Wenn ich Sie dann noch auf ein wirtschaftliches hinweisen darf: Die Tagebaubetriebserlaubnis für Profen läuft im Jahr 2035 aus. Das Unternehmen muss planen. Es plant jetzt nicht irgendein Wolkenkuckucksheim.
Deshalb, meine Damen und Herren, die Formulierung „idealerweise“, die wir in der Koalitionsvereinbarung der Ampel-Koalition finden, ist doch eine Konditionalformulierung. Sie stellt diesen Schritt, der klimapolitisch sehr, sehr wünschenswert ist, unter unendlich viele Bedingungen, die im Übrigen auch im Kohleausstiegsgesetz fixiert sind, die als Zwischenstopp immer wieder abgerufen werden müssen. Haben wir keine Versorgungssicherheit, wird nicht abgeschaltet. Das muss man doch bei dieser ganzen Geschichte wissen.
(Zustimmung)
Wir können doch nicht hingehen, uns einfach ein paar Punkte herauspicken und daraus Politik machen. Das heißt, seriöserweise macht man das natürlich nicht.
(Beifall - Zuruf)
Wenn Sie sich die Zukunft des Burgenlandkreises, wenn Sie sich die Zukunft des Kernreviers anschauen, dann kommen Sie zu dem Ergebnis: Das wird die grüne Wasserstoffwirtschaft sein. Lesen Sie das Interview von Herrn Eichholz. Es ist wirklich eine Offenbarung. Dieses Bekenntnis eines Mannes der Braunkohle, der uns sagt, wie man sein Unternehmen in die Zukunft führt und wie man damit übrigens auch Arbeitsplätze schafft.
Das erfolgt nicht dadurch, dass Sie hier Angst und Schrecken verbreiten; vielmehr sagt er als allererstes: Allein durch diesen Umbau werden wir mindestens ein Drittel der Arbeitsplätze erhalten. Natürlich ist auch klar, dass mit dem weiteren Umbau im Land zusätzliche Arbeitsplätze entstehen können. Die EU-Kommission hat in einer Studie festgestellt, dass in Europa bis in das Jahr 2050 im gesamten Bereich der erneuerbaren Energien rund 5,4 Millionen Arbeitsplätze entstehen können.
Ich rege an, wir holen davon möglichst viele ins Revier, und zwar dort, wo wir die Wirtschaft umbauen und sie klimaneutral gestalten wollen.
(Zustimmung)
Deshalb muss es mit den erneuerbaren Energien schneller gehen, lieber Herr Moldenhauer. Das ist in der Tat eine Herausforderung. Hierbei setze ich auf die Ampel-Koalition in Berlin, aber auch auf uns. Wir sind dabei in der Pflicht - der Kollege Schulze genauso wie ich. Es muss schneller gehen mit der Genehmigung für Windparks, es muss schneller und leichter gehen, Fotovoltaik im Lande auszurollen. Mit anderen Worten: Wir haben noch einige Herausforderungen vor uns.
Deshalb ein letzter Satz, meine Damen und Herren: Ein eventueller Kohleausstieg, der jetzt idealerweise klimapolitisch bis 2030 im Koalitionsvertrag steht, ist kein Selbstläufer. Es gibt das Versprechen dieser Landesregierung dazu bekennt sich der Ministerpräsident, dazu bekennen sich der Wirtschaftsminister und auch der Energieminister : Es müssen erst nachhaltige Arbeitsplätze entstehen und es muss Versorgungssicherheit gegeben sein, dann kann man das so machen. Das ist eine Geschäftsgrundlage, nach der verfahren wird. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Vielen Dank, Herr Minister Willingmann. Ich stelle fest, dass Sie Ihre Redezeit um drei Minuten überzogen haben.
(Zuruf)
Ich stelle das zur Wahrung der Rechte der Opposition fest - mit den Geschäftsordnungsfolgen, die wir alle kennen. - Vielen Dank.
Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt):
Frau Präsidentin! Gestern haben Mitglieder der Landesregierung diesen kleinen Dammbruch gewagt, indem sie gesagt haben: Aber es handelt sich doch um ein wichtiges Thema. Ich nehme das heute für mich auch in Anspruch. Es ist ein wichtiges Thema.
(Zustimmung)