Johannes Hauser (FDP):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn es möglich ist, bitte ich um Gehör. Die Sache ist sehr ernst.

Frau Frederking, ich halte Ihnen zugute, dass Sie sehr sachlich vorgetragen haben. Sie haben in drei Punkten recht: Bei der Grunderwerbsteuer haben Sie recht. Beim Grundstücksverkehrsgesetz haben Sie recht, indem Sie sagten, dass es nicht richtig greife und besser werden müsse. Darüber braucht man nicht zu diskutieren. Das ist von Landkreis zu Landkreis total verschieden. Sie haben auch recht, wenn Sie sagen, dass wir uns jetzt mit der Thematik auseinandersetzen müssen und nicht das Ganze abblasen, wieder anfangen und dann wieder abblasen. Die Unsicherheit bei der Bauernschaft ist gigantisch.

Der vorliegende Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN greift den Entwurf für ein Agrarstrukturgesetz aus der vergangenen Legislaturperiode auf. Die FDP-Fraktion war nicht dabei. Wir können nicht mitreden, inwiefern und warum es gescheitert ist. Dieser Entwurf wurde selbst von einigen Vertretern als handwerklich schlecht gemacht bezeichnet und daher abgelehnt. Es wurde ausgeführt, dass es so nicht machbar ist.

Jetzt zum Grundsätzlichen: Wir brauchen eine bodenständige, aktive und wettbewerbsfähige Landwirtschaft, egal in welcher Betriebsform.

(Beifall)

Ich wehre mich vehement dagegen, staatliche Eingriffe im Strukturwandel zu vollziehen. Mit der FDP wird das nicht gehen.

(Vereinzelt Beifall)

Das wäre so, als wenn der Faule dem Fleißigen gleichgestellt wird. Das gibt es nicht. Der Faule hat Nachrang gegenüber dem Fleißigen sowie der Unfähige gegenüber dem Fähigen. Das hat nichts damit zu tun, wie groß der Betrieb ist. Er kann groß oder klein sein; entscheidend sind die Menschen, die dort wirtschaften.

(Beifall)

Ich muss jetzt sortieren, weil verschiedene Sachen im Raum stehen, die wir so nicht stehenlassen können.

(Zuruf)

- Die Familie Hauser gehört dazu, die im Jahr 1990 dort eingekauft hat. Ich stehe zu dieser Verantwortung.

(Zuruf)

- Lassen Sie mich doch ausreden! Ich höre Ihnen doch auch zu, auch wenn es mir schwerfällt und mein Blutdruck steigt. Das ist doch egal.

(Zuruf - Beifall und Heiterkeit)

Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich mir eine Valium mitgebracht.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Ich sage es noch einmal: Im Jahr 1990 waren andere Bedingungen, vom Boden her, von der Struktur her, von den Gebäuden her usw. Ich nehme für mich in Anspruch, dass auch verschiedene verdammte Wessis - aber nicht alle - hier Grundlegendes geleistet haben. Das ist so im Leben.

(Zuruf)

- Ja, aber wir brauchen kein Gesetz, das zu Unsicherheit führt. Wir brauchen gesetzliche Vorgaben und Rahmenbedingungen, mit denen man wirtschaften kann und bei denen man weiß, woran man ist.

(Beifall)

Zu den Anteilskäufen: Die DDR-Zeiten brauchte ich nicht mitzuerleben, weil ich in der amerikanischen Besatzungszone, nämlich in Bayern, großgeworden bin. Als ich mich im November 1990 um 1 Uhr in Biere verfahren und im dichten Nebel auf bayrisch geflucht habe, was das Zeug hält, weil ich von Niederbayern nach 500 km ankommen wollte, machte ein alter Herr, der Fernsehen geschaut hatte, das Fenster auf und sagte: Bayer, beruhige dich, du bist hier in der Ostzone; hier sind andere Maßgaben!

Immer dieser Neidhammeleffekt: Wenn der damals nach dem Krieg gekauft hat, bekommt er jetzt das Vierfache. Aber wir wollen nicht verkaufen, sondern wir wollen wirtschaften.

(Beifall)

Bei einem gebe ich Ihnen recht: Bodenspekulation für Geldanleger, die hier keinen Wohnsitz bzw. keine Hofstelle haben, das Geld abziehen und woanders hinbringen, brauchen wir nicht. Dazu stehe ich. Aber das können wir regeln; wir diskutieren ja darüber.

Es bringt auch überhaupt nichts, mit einem Gesetz wieder eine Agrarstruktur erreichen zu wollen, die die Kommunisten nachhaltig vernichtet haben. Ich wiederhole: was die Kommunisten nachhaltig zerschlagen haben. Das sind die Betriebe, die volkseigenen Güter mit über 100 Hektar, die damals in der sowjetischen Besatzungszone enteignet wurden. Es hat nur eines gegeben: sofort abhauen, sonst wird man an die Wand gestellt. Später hat es dann in drei Typen die LPGs gegeben, die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Hauser, Sie müssen jetzt trotzdem zum Ende kommen!

(Zurufe)


Johannes Hauser (FDP):

Herr Präsident, Entschuldigung.

(Zurufe)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Die Redezeit hat keine Konnexion zum Blutdruck. Das ist das Problem.

(Heiterkeit)

Deswegen möchte ich Sie jetzt bitten, zum Ende zu kommen.


Johannes Hauser (FDP):

Bevor Sie mich rausschmeißen.


Vizepräsident Wulf Gallert:


Na ja, damit würde ich schon noch bisschen warten, Herr Hauser; ganz in Ruhe.


Johannes Hauser (FDP):

Danke.

(Heiterkeit und Beifall)

Vizepräsident Wulf Gallert:

Dann fahren wir in der Debatte fort. - Ach, nein. Herr Hauser, jetzt habe ich Sie schon weggeschickt. Dabei haben Sie die Gelegenheit weiterzureden; denn auch Sie haben die Gelegenheit, wenn Sie wollen, eine Frage von Frau Frederking zu beantworten. - Dann kommen Sie wieder nach vorn. Frau Frederking, Sie können Ihre Frage schon stellen; somit haben wir einen zeiteffizienteren Umgang. Der Hauser hört die Frage, währenddessen er nach vorn kommt.

Frau Frederking, Sie haben das Wort, bitte sehr.


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Herr Hauser, eine Bemerkung vorweg: Ich wollte mit meinem Zwischenruf keinesfalls respektlos sein, sondern ich bin mitgeschwungen in Ihrer Rede und habe das sozusagen ergänzt. Wenn das anders rübergekommen sein sollte, tut mir das leid. Ich wollte nicht respektlos sein.


Johannes Hauser (FDP):

Ich bin auch nicht empfindlich.

(Zuruf: Nein!)


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Das war ja keine Kritik.

(Zuruf)


Johannes Hauser (FDP):

Jetzt macht der noch einen Zwischenruf.

(Lachen)


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Genau. - Ich habe ja keine Kritik geübt, sondern eigentlich nur einen Zwischenruf gemacht.


Johannes Hauser (FDP):

Okay, okay. Die Zeit ist abgelaufen!


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Es war mir wichtig, das noch einmal klarzustellen. Das war nicht mein Ansinnen.

Sie haben gesagt, Sie wollen keinen staatlichen Eingriff. Aber staatliche Eingriffe haben wir heute auch schon. Bei den Grundstücksverkäufen haben wir das Grundstücksverkehrsgesetz. Das ist ja ein staatlicher Eingriff. Da ist es doch nur logisch, dass man das bei den Anteilskäufen gleichzieht. Wenn die direkten Käufe von Grundstücken reguliert sind, dann ist es doch sinnvoll, auch die indirekten oder die mittelbaren Käufe von Grundstücken zu regulieren.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Jetzt können Sie darauf antworten.


Johannes Hauser (FDP):

Ja, was wollen Sie jetzt hören von mir?


Dorothea Frederking (GRÜNE):

Dass Sie keinen staatlichen Eingriff wollen.


Johannes Hauser (FDP):

Ich muss Ihnen ganz offen sagen: Dem Land Sachsen-Anhalt gehen täglich 30 oder 40 ha Grund und Boden verloren für Straßenbau, für Wohnungsbau und, und, und. Das ist für uns auch ein Problem. Der staatliche Eingriff innerhalb der Landwirtschaft ist ja in Ordnung. Wir wollen aber keine Bodenspekulanten, die nur der Spekulation wegen Geld anlegen, hier aber nicht wirtschaften und hohe Pachtpreise fordern. Die wollen ja eine Rendite haben. Wer viel Geld anlegt, der will auch eine entsprechende Rendite und wird die Pachtpreise in die Höhe treiben. Das wollen wir nicht. Darüber sind wir uns einig. Aber wir sind uns nicht einig darüber, dass man das staatlich reguliert, in welcher Höhe auch immer. Darüber können wir im Ausschuss diskutieren. Darin gebe ich Ihnen recht. Wir verweigern uns nicht der Diskussion.