Tagesordnungspunkt 7
Beratung
Lücken zur Prävention der Afrikanischen Schweinepest sofort schließen und ihre Bekämpfung vorbereiten
Antrag Fraktion AfD - Drs. 8/442
Wir haben eine Fünfminutendebatte vereinbart. Einbringen wird den Gesetzentwurf, nein, den Antrag, Herr Roi.
(Daniel Roi, AfD: Es ist kein Gesetzentwurf!)
- Ja, ja, den Antrag.
(Daniel Roi, AfD: Ist klar! Ich dachte schon, ich bin falsch!)
- Nicht, dass das auf einmal qualifiziert werden müsste. Also den Antrag. Herr Roi, Sie haben das Wort.
Daniel Roi (AfD):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Ganz richtig, es ist kein Gesetz.
Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht heute um die Afrikanische Schweinepest. Sie stellt aktuell die größte Bedrohung für die Schweinehaltung und die darauf aufbauende Schlacht- und Fleischverarbeitungsindustrie in Sachsen-Anhalt dar. Diese Feststellung ist faktenbasiert, ohne Dramaturgie.
Wie bekannt ist, ist der Tönnies Schlacht- und Zerlegebetrieb in Weißenfels der letzte große Schlachthof in Ostdeutschland, der überregional Schweine schlachtet und deren Fleisch weltweit vermarktet wird.
Primär werden in Sachsen-Anhalt die ca. 2 000 Arbeitsplätze im Schlachtbetrieb selbst sowie 500 Schweinehaltungsbetriebe mit rund eine Million Hausschweinen durch das ASP-Virus in Sachsen-Anhalt latent bedroht. Dazu kommen diverse Betriebe, die die Erzeugnisse weiterverarbeiten. Wir sprechen insgesamt von mehr als 10 000 Arbeitsplätzen.
Diese Sachlage ist genauso bekannt wie die Prognose, dass jederzeit mit einem ASP-Ausbruch in unserem Bundesland zu rechnen ist. Daher sollten alle Vorbereitungen getroffen worden sein, um mit dieser hoch pathogenen Tierseuche umgehen zu können.
Die Frage ist: Sind die Vorbereitungen getroffen worden? Wir sagen, nein. Deswegen haben wir heute hier einen sehr umfangreich begründeten Antrag vorgelegt. Denn wir müssen feststellen, dass sowohl die alte als auch die neue Landesregierung nicht ausreichend Vorsorge getroffen hat. Landtagsbeschlüsse sind bis heute nicht umgesetzt worden. Das wirft für mich auch die Frage auf, wozu wir uns hier eigentlich immer treffen.
Ich will hierzu nur ein Beispiel bringen. Wir haben hier in den letzten drei Jahren - ich kann mich noch genau daran erinnern, es war 2018 , auch im letzten Jahr über konkrete Maßnahmen debattiert. Ein Beispiel waren die Autohöfe, die teilweise privat organisiert sind. Hierbei muss man unterscheiden. Wir kennen alle die Raststätten an den Autobahnen. Die sind eingezäunt. Dann gibt es Autohöfe, zu denen man von der Autobahn abfährt. Wir haben ganz klar mit einer Fotodokumentation dargelegt, dass es dort große Probleme gibt, weil eben weder Zaun vorhanden ist noch Präventionsmaßnahmen eingehalten werden. Wurstbrote liegen rum, all solche Dinge. Was konnten wir hier erleben? Einen Briefwechsel zwischen den Ministerien von Frau Dalbert und Herrn Webel. Wir konnten erfahren, das Arbeitsverhältnis war nicht ganz so gut. Dazu kann ich an der Stelle nur sagen: Das Virus interessiert sich nicht für das Arbeitsverhältnis zwischen Ministerien. Irgendwann muss einmal gehandelt werden.
Während die Landesregierung bisher sehr behäbig reagiert hat, hat die Entwicklung seit Januar 2020 das ist auch ein Grund, warum wir dazu noch einmal einen Antrag geschrieben haben einen anderen Verlauf genommen. Sie hat enorm an Eigendynamik zugelegt. In drei ostdeutschen Bundesländern, verteilt auf zwölf Landkreise, sind mittlerweile 2 900 ASP-Fälle bei Wildschweinen festgestellt worden. Das heißt, das Virus ist in Deutschland; es ist in unseren Nachbarländern.
Auch einige Hausschweine in Kleinhaltungen also nicht nur Wildschweine sind betroffen, ein größerer Bestand auch. Allerdings zeichnet sich nicht ab, dass das ASP-Virus in Brandenburg und Sachsen wieder unter Kontrolle zu bringen wäre; jedenfalls kurzfristig ist das nicht zu sehen. Und im angrenzenden Polen ist die Tierseuche weiterhin im Umlauf.
Die Zusammenarbeit mit dem Nachbarland gestaltet sich auf der Bundesebene schwierig. Das konnten wir alle in der Fachpresse nachlesen. Tatsächlich wird das Virus aus dem Brandenburger Seuchengebiet bereits in entferntere Hausschweinebestände eingetragen, wie der Fall bei Rostock in Mecklenburg-Vorpommern zeigt. Wie genau das passiert, ist noch unklar. Aber wir sehen, dass das Virus mittlerweile sehr große Distanzen zurücklegt.
Der aktuelle ASP-Seuchenherd, der sich an der Grenze zu unserem Bundesland, im Landkreis Stendal, 43 km entfernt, etabliert hat, stellt für Sachsen-Anhalt das vielleicht letzte Warnzeichen dar, um einem Ausbruch vorzubeugen.
Nach drei Jahren Diskussion - ich habe es hier im Parlament gerade erwähnt über Biosicherheit an Verkehrswegen und in Tierhaltungsbetrieben sind die Präventionsthemen eigentlich erschöpft. Nur, es fehlt an der konkreten Umsetzung. Deshalb muss sich das Parlament erneut heute hier mit diesem Thema beschäftigen, damit Sie endlich in allen Punkten tätig werden.
Die Vogelgrippe ist an der Stelle ein warnendes Beispiel. Denn auch darüber haben wir in den drei Jahren diskutiert. Wieder hat es jetzt einen Putenbetrieb im Altmarkkreis Salzwedel getroffen. Wieder entsteht die Aufstallungspflicht und wieder entstehen dieselben Diskussionen und Irritationen bei den Tierhaltern. Wieder wird Nutzgeflügel in entsprechenden Mengen getötet und entsorgt.
Offenbar gibt es nicht einmal statistische Erhebungen über das Seuchengeschehen in allen Landkreisen. Das ist im Übrigen auch ein Mangel. Das zeigt, es besteht ein massiver Handlungsbedarf im Umgang mit Tierseuchen. Denn die hier im Parlament beschlossenen Maßnahmen zur ASP-Prävention wurden - das habe ich hier schon an einem Beispiel gesagt - nicht umgesetzt.
Ich komme zu dem Zehnpunkteplan, den Minister Schulze mit seinem neuen Ministerium vorgelegt hat, der letztendlich aus bekannten Verpflichtungen und der Umorganisation von Zuständigkeiten besteht, die natürlich auch Folge der zu dem Zeitpunkt völlig ungeeigneten Umbaumaßnahmen innerhalb der Ministerien war. Diese Umbaumaßnahmen und dieser Zehnpunkteplan, der eigentlich zum großen Teil Grundsätzlichkeiten festlegt, werden das Vordringen der ASP nicht aufhalten. Das geht schon damit los, dass es eine landesweite Großübung wieder nicht gegeben hat. Sie wurde hinausgeschoben, soll erst im nächsten Jahr stattfinden.
Erschreckend ist, dass die Tierhalter seitens der Landkreise immer noch über dieselben grundlegenden Hygienemaßnahmen informiert werden, die als elementare Stallhygiene täglich gelebt werden sollten. Wenn ich da im Zehnpunkteplan von „grundsätzlichen Hygienemaßnahmen“, die jeder im Studium schon lernt, lese, dann frage ich mich, was das in so einem Zehnpunkteplan zu suchen hat.
Wenn ich darüber nachdenke, was Sie, Herr Minister Schulze, in dem Zehnpunkteplan schreiben, stellt sich mir die Frage: Wenn es in diesem Jahr, also 2021, tatsächlich Tierhaltungsbetriebe gibt, denen das Schwarz-Weiß-Prinzip unbekannt ist, deren Standorte nicht wildschweinsicher sind und die Speiseabfälle verfüttern, dann sollten Sie dort umgehend durchgreifen und diese Mängel abstellen. Wenn Sie offenbar nicht wissen, ob es diese Mängel gibt, dann müssen Sie das kontrollieren. Dafür gibt es verpflichtende Rechtsgrundlagen, die Sie als Minister einfach umsetzen müssen. Auch deshalb ist der Antrag, denke ich, wichtig.
Genauso beunruhigend ist die Tatsache, dass es dazu kommen kann - was wir nebenbei erfahren haben -, dass ein Schweinetransporter mit 170 ASP-positiven Schweinen nach Weißenfels zur Schlachtung gefahren wurde und unterwegs gestoppt wurde, um die Tiere dann wieder zum Lieferanten zurückzutransportieren. Da stellt sich mir die Frage, ob hier grundlegende Abläufe funktionieren. Wie bewertet das Ministerium das? Vor allem: Gab es Konsequenzen aus diesem Vorfall?
Zu dieser Problematik gehört auch, dass dieses Parlament einen entscheidenden Fehler begangen hat, indem das zuverlässig funktionierende und sichere System der Tierkörperbeseitigung in diesem Land aufgrund einer völligen Fehleinschätzung der ehemaligen Landwirtschaftsministerin und der grünen Landtagsfraktion leichtfertig aufgehoben wurde.
(Beifall)
Die Gelder wurden gestrichen. Das war einer der größten Fehler, den man in einer solchen Situation machen konnte.
Ich komme auf die konkreten Probleme bei den Wildschweinen zu sprechen, die als Träger und Verbreiter des ASP-Virus bekannt sind. Gravierend ist nach wie vor der konstant hohe Wildschweinbestand, der sich ausschließlich über die Jagdstrecke quantifizieren lässt.
Der Irrglaube unserer ehemaligen Landwirtschaftsministerin Frau Dalbert, über den Abschuss den Bestand letztendlich nicht reduzieren zu können, war wenig hilfreich, um wirklich präventiv agieren zu können. Insoweit haben die GRÜNEN ganze Arbeit geleistet, um die Prävention in unserem Bundesland zu verhindern.
Das Geschehen in Brandenburg zeigt, dass Rückzugsgebiete für Wildschweine wie zum Beispiel Schutzgebiete und schwer zugängliche Gebiete auch Rückzugsbereiche für das ASP-Virus darstellen. Darüber haben wir hier stundenlang diskutiert, nicht nur im Plenum, sondern auch im Landwirtschaftsausschuss. Leider wollte das die ehemalige Ministerin nicht verstehen.
Jagd- und Landwirtschaftsvertreter fordern jetzt, eine neue wildschweinsichere Grenze entlang der Autobahn in Brandenburg per Zaunbau einzurichten. Jetzt stellt sich für uns natürlich die Frage: So es noch nicht zu spät ist - wir alle hoffen das , wäre für Sachsen-Anhalt im Verbund mit den Nachbarländern zu prüfen, ob es sinnvoll und eine wirkungsvolle Prävention ist.
Unabhängig davon gibt es für die Jäger, wenn ein Schwein geschossen wurde, weiterhin diverse Probleme. Ja, hierbei gab es Fortschritte. Wir hatten entsprechende Anträge gestellt, woraus Anträge der Regierung resultierten, in deren Folge Dinge umgesetzt wurden.
Es gibt nun endlich die Prämie zur Übernahme der Beprobungskosten. Die muss nun Erfolge zeigen. Aber sie kann eben auch nicht als neu eingeführte Maßnahme verkauft werden. - Herr Schulze, das waren jetzt nicht Sie, sondern das hat der Landtag der alten Legislaturperiode - das ist ein Punkt - auf den Weg gebracht. Allerdings ist es so: Es gibt nachfolgend weitere zu lösende Fragen. Wie kommt die Probe des erlegten Schweines ohne viel Zeit- und Fahraufwand ins Labor? Wer übernimmt das Wildbret? Wo wird es gekühlt? Wer verarbeitet das Wildfleisch? Wie kommt es zum Verbraucher?
Wir haben auch im Ausschuss darüber diskutiert, was man machen kann, um die Nachfrage nach Wildfleisch entsprechend zu befeuern. Da war die Politik gefragt. Wir haben auch mit der AMG darüber diskutiert. Aber konkrete Maßnahmen sind hier bisher nicht umgesetzt worden.
Es gibt viele Fragen, die bereits umfassend geklärt sein sollten und die bisher offen sind. Auch deshalb braucht es den heutigen Antrag. Ich kann nur an alle Abgeordneten appellieren: Stimmen Sie unserem Antrag zu! Wir müssen jede mögliche Maßnahme noch umsetzen, um einen ASP-Eintrag in unser Bundesland zu verhindern. Denn die Folgen bestehen letztendlich nicht nur aus den enormen monetären Schäden es gibt unterschiedliche Berechnungen im Milliardenbereich und dem Leid für die Tiere, sondern es gibt vor allem auch Schäden für die Menschen, die von der Landwirtschaft leben, die mit den Tieren arbeiten. Ich denke, für diese Leute müssen wir die Präventionsmaßnahmen nachschärfen und vor allem die, die wir beschlossen haben, endlich umsetzen. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag und bedanke mich für die Aufmerksamkeit.
(Beifall)