Jörg Bernstein (FDP):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir debattieren heute in zweiter Lesung über den Entwurf eines Nachtragshaushaltsbegleitgesetzes 2021 und des zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2021. Kernpunkt ist dabei jeweils die Bewältigung der Folgen der Coronapandemie.

Die Unterstützung unserer Kommunen durch die Änderung des Gewerbesteuerausgleichsgesetzes dürfte sicherlich allgemein unstrittig sein. Anders sieht es sicherlich bei der angestrebten Einrichtung des Sondervermögens Corona aus.

Eingebracht wurde dieses Sondervermögen mit einem Volumen von 1,95 Milliarden €. Jetzt liegen wir knapp unter der 2 Milliarden €-Marke. Zunächst haben wir Liberale uns darauf konzentriert, diese Schallmauer nicht zu überschreiten; wir liegen darunter. Mit hartem Ringen ist uns dies gelungen. In vielen und langen Sitzungen zu dem Thema

(Zustimmung)

haben wir im Finanzausschuss und in den Fachausschüssen die einzelnen Maßnahmen diskutiert, konkretisiert und auch nachgeschärft.

Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Welches Fazit zieht die FDP-Fraktion aus den zurückliegenden Verhandlungen? - Zunächst einmal betrachten wir das geplante Sondervermögen Corona als Vertrauensvorschuss an das Parlament und an die Fachministerien,

(Zustimmung)

welche die geplanten Maßnahmen umsetzen werden. Mit den aufzustellenden Wirtschaftsplänen zur Bewirtschaftung des Sondervermögens und der laufenden Berichterstattung sind wir Parlamentarier in den Umsetzungsprozess eingebunden.

Wir Liberale sehen den Zweck des Sondervermögens darin, Folgen der Pandemie für den Gesundheitssektor, für Bildung und Kultur, aber auch für die Wirtschaft und den Tourismus abzumildern und unser Bundesland insgesamt zukunftsfester aufzustellen.

Jetzt mag sich mancher fragen: Bedurfte es einer solchen Krise, wie wir sie erlebten und immer noch erleben, um unsere Schwachstellen aufzudecken? Ich denke, die Antwort lautet Ja. Und hier liegt aus liberaler Sicht auch der ursächliche und notwendige Bezug des Sondervermögens.

Viele Maßnahmen, die in den letzten Jahren auf der Strecke blieben, müssen auch dieses Mal wieder auf sich warten lassen, denn das Coronasondervermögen dient nicht dazu, sämtliche versäumten Investitionen auf einen Schlag abzuräumen. Nein, dazu sind wir heute nicht hier.

Sinn und Zweck ist es aus unserer Sicht, unser Land startklar zu machen und es auf einen nach vorn gerichteten Weg zu bringen. Natürlich werden wir zur Finanzierung aller Maßnahmen die größte Neuverschuldung eingehen müssen, die es in unserem Land jemals gegeben hat. Die Tilgung wird nach derzeitiger Planung zukünftige Haushalte allerdings in vertretbarem Maß belasten.

Aber seien wir doch mal ehrlich: Welche zielführende Alternative gäbe es dazu? Mit dem Sondervermögen wollen wir neben der Bewältigung der Pandemiefolgen auch dafür sorgen, dass die nachfolgenden Generationen ein Land mit krisenfesten Strukturen vorfinden, die es ihnen überhaupt erlaubt zu sagen: Ja, ich will hierbleiben.

(Beifall)

Insofern sollte man dies auch als eine Option auf unsere Zukunft ansehen.

Lassen Sie mich auf einzelne Punkte eingehen. Gewiss mag man digitalisierte Ortschroniken als Lappalie ansehen, aber sie hatten aus unserer Sicht nichts im Maßnahmeplan zu suchen.

Beim Simulationssystem für die Schießausbildung der Polizei wurde die Notwendigkeit durch das Innenministerium nachträglich unterstrichen. Uns überzeugte letztendlich die Bereitschaft, die Finanzierung durch Umschichtungen im Zuständigkeitsbereich des MI zu sichern. Wie bereits erwähnt, waren dies sicherlich nicht die wirklich großen Finanzposten.

Die großen Brocken finden sich im Gesundheitssektor, bei der Bildung und bei der Digitalisierung, geht es doch darum, in sicherlich kommenden Krisensituationen nicht wieder überrascht zu werden. Es sind doch genau diese Bereiche, die uns in der Notlage unsere Grenzen aufgezeigt haben. Daher kann ich die Stimmen hier im Plenum nicht nachvollziehen, die das Ganze einen Schattenhaushalt nennen. Es darf doch die Frage gestellt werden: Wie sollte es anders gehen? Mit dem notwendigen Blick auf das Ganze lässt sich der Coronabezug bei den Einzelmaßnahmen klar benennen. Deswegen müssen wir jetzt alles in unser Macht Stehende tun, um die Weichen in Richtung Zukunft zu stellen.

Ich sprach eingangs von einem Vertrauensvorschuss. Diesen sehe ich vor allem bei den beiden Uniklinika unseres Landes. Auch diese erhalten einen Großteil der geplanten Finanzmittel bereits im nächsten Jahr. Wie bei den kleineren Krankenhäusern wird es auch hier darum gehen, sich zukunftssicher aufzustellen. Sie werden unter anderem in die Digitalisierung von Prozessen, die Verbesserung und die Ausweitung von Notfallkapazitäten, in neue Großgeräte sowie in die digitale Sicherheit investieren. Was wir aber auch von den zuständigen Fachministerien erwarten, sind tragfähige Konzepte zur Bekämpfung der angespannten Personalsituation in den Kliniken.

(Beifall)

Was nützen die besten Investitionen in neue Gebäude und Technik, wenn es an Personal vor allem in der Pflege mangelt? Gerade die derzeit angespannte Situation in unseren Krankenhäusern zeigt uns diesen Mangel drastisch auf, haben sich doch zum Beispiel die noch vor Jahresfrist in deutlich größerer Zahl vorhandenen Intensivbetten nicht einfach in Luft aufgelöst.

Den notwendigen Modernisierungsschub sehen wir auch im Bildungsbereich. Auch hier ist die Frage berechtigt: Wo würden wir ohne die Coronakrise stehen? Aus eigenem Erleben würde ich antworten: Es hätte sich vermutlich nichts geändert.

Begreifen wir also die Krise als den Turbo, den es zu zünden gilt, angefangen bei Maßnahmen der Alltagshygiene in den Schulen, in den Investitionen in die Digitalisierung und dabei auch die personelle Absicherung der Maßnahmen durch die Digitalassistenten. Hier wird es in nicht allzu ferner Zukunft unsere Aufgabe sein, deren Einsatz zu verstetigen.

Und ja, auch unsere Verwaltungen müssen wir krisenresistent gestalten. Die aktuellen Probleme, wie beim Umtausch von Führerscheinen, hätten wir mit einer modern aufgestellten Verwaltung und digitalisierten Prozessen einfach nicht gehabt.

Der Kreis schließt sich und die Frage bleibt: Wie kam es zum Aufwuchs des ursprünglich geplanten Finanzrahmens des Sondervermögens Corona? Die Antwort ist einfach: Die Fachausschüsse konnten sich auf wesentliche Einsparungen nicht verständigen und es reifte zusätzlich der Wunsch, den Kommunen über den separat geplanten Gewerbesteuerausgleich eine weitere Entlastung zu verschaffen. Angesichts steigender Kosten für Investitionen - jeder, der hier im kommunalen Bereich tätig ist, kennt dieses Problem - herrschte tatsächlich über alle Fraktion hinweg Einigkeit darüber, mithilfe der Maßnahme 61 Mittel in Höhe von 45 Millionen € zu Verfügung zu stellen. Wie sollten wir Liberale uns diesem Wunsch versperren?

Wir als FDP-Fraktion setzen insgesamt die Hoffnung darauf, dass mit dem Sondervermögen ein Schub für unsere Wirtschaft ausgeht, Nachfrage nach Leistungen unterschiedlicher Art generiert wird, neue Geschäftsfelder für die Unternehmen wachsen und somit neben den unmittelbaren Effekten zur Sicherung der Krisenfestigkeit unseres Landes auch ein positiver Einfluss auf die gesamte Entwicklung in unserem Land ausgeht.

Wir Liberale sehen also zuerst die Chancen, welche sich aus den vorgelegten Gesetzentwürfen ergeben, ohne dabei jedoch die finanziellen Risiken zu negieren. In der Gesamtabwägung kommen wir zu dem Ergebnis, dass wir beiden Gesetzentwürfen unsere Zustimmung geben werden. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.