Wolfgang Aldag (GRÜNE):

Vielen Dank, Herr Präsident. - Natürlich stelle ich mich hier vorn an das Rednerpult und rede auch zu dem Beitrag. Das ist doch völlig klar, Herr Roi. Lassen Sie mich eines sagen: Wenn ich damals gesagt habe, dass wir Ruhe bewahren wollen, dann heißt das, dass ich nicht wie Sie wie ein Duracell-Männchen draußen herumspringe und laut herumschreie, sondern dass man das in Ruhe macht, dass man mit den Leuten redet und nach Lösungen sucht.

(Zustimmung - Zuruf)

Lassen Sie mich auch noch eines sagen: In dem unwahrscheinlichen Falle, dass Sie irgendwann einmal hier in diesem Land eine Ministerin oder einen Minister stellen,

(Zurufe)

würde dieser genauso wie Herr Willingmann heute hier stehen müssen und würde sagen müssen, dass bestimmte Genehmigungsverfahren einzuhalten sind. Wenn diese Deponien planungsrechtlich genehmigt sind, dann muss man dem erst einmal Rechnung tragen. Das ist ein Fakt und an einem solchen Punkt würden Ihre Ministerin oder Ihr Minister nicht anders handeln als Frau Dalbert oder Herr Willingmann heute.

(Zurufe)

Aber wir haben andere Vorzeichen, und das ist das, um das es heute geht. Das, was wir in der vorangegangenen Legislaturperiode nicht geschafft haben, hat uns die Stadt Sandersdorf-Brehna nun vorgelegt. Ich bin denen, die das möglich gemacht haben, sehr dankbar, denen, die hartnäckig geblieben sind und im Hintergrund das erarbeiten ließen, was uns nun neue und, wie ich meine, deutliche Erkenntnisse bringt.

Wer das Gutachten aufmerksam liest, dem wird schnell klar, dass hier dringender Handlungsbedarf besteht. Bei dem Gutachten zur Errichtung der Deponien der Deponieklassen 0 und I ist von fehlerhaften und lückenhaften Dokumentationen bei den Bohrungen zur Baugrunduntersuchung die Rede, also der Grundlage dafür, ob eine Deponie dort überhaupt standsicher betrieben werden kann. Es ist die Rede von nicht verwertbaren Untersuchungsergebnissen usw. Herr Lange ging bereits auf die konkreten Inhalte und Schlussfolgerungen ein.

Auch die Unterlagen zu bereits genehmigten Deponien der DK II weisen nach Aussage des Gutachtens eklatante Fehler auf, sodass abschließend festzuhalten ist, dass die vorliegenden Planungen für eine Standortbewertung keinesfalls ausreichend waren und nicht brauchbar sind. Für mich reicht das aus, um hier ganz klar die Reißleine zu ziehen, die weiteren Einlagerungen sofort zu stoppen und das nun vorliegende Gutachten zu prüfen.

Meine Damen und Herren! Angesichts dieses Vorgangs müssen wir uns mindestens zwei Fragen stellen. Erstens. Weshalb lassen Deponiebetreiber solche unzureichenden Planungen erstellen? Zweitens. Weshalb sind die prüfenden Behörden nicht in der Lage, die eklatanten Fehler, die jetzt aufgezeigt werden, zu erkennen? Ich kann beide Fragen nicht beantworten. Ich will der Prüfung nicht vorgreifen, aber allein der Verdacht, dass hier vieles übersehen wurde und dass bei richtiger Betrachtung eine Genehmigung vermutlich nicht hätte erteilt werden dürfen, macht mich extrem nachdenklich und bringt mich wiederum zu der Frage, ob das Geschäftsmodell der Abfallwirtschaft für Sachsen-Anhalt das richtige ist.

Immer wieder kommt es zu Ungereimtheiten und Skandalen. Möckern, Vehlitz, Teutschenthal sind nur einige Beispiele, bei denen wir merken, dass diejenigen, die dieses Geschäftsmodell kreieren, uns auf der Nase herumtanzen. Im Falle von Möckern kostet das das Land und den Landkreis bis zum Ende des Jahres rund 29 Millionen €. Ich meine, wir müssen endlich umdenken. Deshalb ist es folgerichtig, auch das Abfallgesetz unter die Lupe zu nehmen und an den Stellen, wo es uns möglich ist, zu verändern.

(Zustimmung)

Der erste Vorstoß zur Änderung in der letzten Legislaturperiode ist der Diskontinuität zum Opfer gefallen. Mich ärgert es noch heute, dass sich gerade die CDU hierbei einen schlanken Fuß gemacht hat.

(Zuruf)

Auch wir wollten eine Änderung des Abfallgesetzes auf den Weg bringen; diese fand innerhalb der damaligen Koalition aber leider keine Mehrheit. Ich bin gespannt auf die inhaltlichen Diskussionen. Ich bin vorsichtig zuversichtlich, aber ich lasse mich hier überraschen.

Bezüglich des Antrages zur Deponie haben wir einen Änderungsantrag eingebracht, der zusätzlich ein verbessertes Monitoring vorsieht, um mögliche Störungen in der Basisabdichtung der Deponie der DK II frühzeitig zu erkennen. Ich bitte Sie, diesem zuzustimmen.

Meine Damen und Herren! Bezüglich der Erkenntnisse aus dem vorliegenden Gutachten müssen wir bei den weiteren laufenden Verfahren in Rheinsberg, Jüdenberg und all den anderen Standorten, an denen neue Deponien entstehen sollen, ganz genau hinschauen. Überall war derselbe Gutachter tätig. Ich meine, es braucht hier ein deutliches Zeichen aus der Politik, dass wir es nicht dulden werden, dass hier nicht mit offenen Karten gespielt wird. Wenn wir Deponien im Land benötigen, dann müssen die Verfahren offen, transparent und ehrlich geführt werden. Schaffen wir das nicht, verlieren wir zunehmend das Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern. Und dem, meine Damen und Herren, müssen wir alle gemeinsam entgegenwirken. - Vielen Dank.

(Zustimmung)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Warten Sie einmal, Herr Aldag. Es gibt eine Intervention von Herrn Roi.

(Zuruf: Oh!)

Herr Roi, Sie haben das Wort.


Daniel Roi (AfD):

Vielen Dank. - Herr Aldag, Sie haben recht, dass der Minister, egal welche Farbe sein Parteibuch hat, sich an geltendes Recht halten muss. Das ist völlig richtig.


Wolfgang Aldag (GRÜNE):

Ja.


Daniel Roi (AfD):

Nur will ich Sie einmal an eine Sache erinnern. Sie haben mir hier gerade vorgeworfen, ich würde draußen herumrennen und herumschreien. Also, ich denke, wir alle haben vor Ort Gespräche geführt und auch sachliche Gespräche mit allen beteiligten Akteuren. Das, was ich Ihnen vorgeworfen habe, war: Sie als Grüne waren in Verantwortung, und Sie haben hier dafür geworben, dort Ruhe hineinzubringen, zu beschwichtigen, die Bürger hinzuhalten, den Protest auf der Straße im Keim zu ersticken   das war nämlich das Ziel der ganzen Aktion  , die Bürger einzulullen mit der Mediation   Steuergeldverschwendung nenne ich das   und mit immer wiederkehrenden Gesprächsrunden.

Jetzt will ich Ihnen einmal eines sagen: Hier steht der Abgeordnete, der als Einziger die illegalen Aufschüttungen auch strafrechtlich angegriffen hat, der sich auch auf das Gelände begeben hat und der das alles mit Videoaufnahmen an die Öffentlichkeit gezerrt hat. Ich habe dafür schöne Briefe bekommen; 2 000 € sollte ich zahlen. Das ist alles eine Luftblase der Firma gewesen.

Aber Fakt ist eines: Am Ende musste der geplante DK 0-Bereich, der von dieser Firma schon illegal aufgeschüttet wurde, abgetragen werden. Das Strafverfahren ist eingestellt worden; die Geldbuße in Höhe von 50 000 € wegen Ordnungswidrigkeit ist bis heute nicht bezahlt. Sie müssen mir nicht sagen, dass ich irgendwo herumschreie. Ich habe versucht, wirklich Bewegung in die Sache zu bringen.

(Beifall)

Wissen Sie, was jetzt mein Vorwurf ist? - Ihre Ministerin hat auf die Anfragen dazu   ich habe dazu nämlich immer angefragt  , ob es diese Aufschüttungen gibt, geschrieben: nein. Ihre Ministerin hat im Fall von Roitzsch von Anfang bis Ende versagt. - Vielen Dank.

(Beifall)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Aldag, wenn Sie wollen, dann können Sie …


Wolfgang Aldag (GRÜNE):

Ja. - Herr Roi, ich habe es gerade schon erwähnt: Es ist nicht meine Art, draußen herumzuschreien und irgendwo lautstark auf der Straße herumzurennen.

(Unruhe)

Ich glaube, wir müssen uns hier nicht vorhalten, wer was wie unternimmt.

(Zuruf: Das ist ein ganz schönes Rumgeeiere!)

Es ist ein schönes Verdienst, wenn Sie das erreicht haben. Das ist auch gut. Das kann man doch anerkennen. Das ist doch alles okay. Aber wir müssen uns nicht vorrechnen, wer was wie gemacht hat. Ich glaube, alle Fraktionen   die FDP nicht, die war in der letzten Wahlperiode noch nicht dabei   waren vor Ort und haben auf ihre Art und Weise dafür gesorgt, dass wir dort draußen eine Lösung finden, der eine ein bisschen lauter, der andere ein bisschen leiser. Aber ich glaube, wir tun nicht gut daran, uns hier vorzuwerfen, wer wo irgendwie auf der Straße oder nicht auf der Straße war. Wir waren, glaube ich, alle bemüht, dort eine Lösung hinzubekommen.

(Zuruf)


Vizepräsident Wulf Gallert:

Gut, dann sind wir damit durch. - Frau Tarricone, ich nehme jetzt einmal an, Sie haben sich schon gemeldet, als Herr Aldag gesprochen hat,

(Zurufe: Ja!)

und ich habe das nur nicht gesehen.

(Zuruf: Wahrscheinlich war es so! - Nein! - Doch, doch!)

- Okay.


Wolfgang Aldag (GRÜNE):

Lassen wir das einmal durchgehen.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Dann frage ich: Herr Aldag, wollen Sie eine Frage von Frau Tarricone beantworten?


Wolfgang Aldag (GRÜNE):

Na klar.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Ja, das will er. Dann haben Sie jetzt die Chance, sie zu stellen.


Kathrin Tarricone (FDP):

Danke schön, Herr Aldag. Sie haben gerade noch einmal gesagt   das ist aber auch schon mehrfach gesagt worden  , Sie nehmen an, dass der Gutachter, der von einem Auftraggeber bestellt oder bezahlt wird, ein parteiisches Gutachten abgibt. Ich selbst bin bis zur Übernahme meines Landtagsmandates Gutachterin gewesen und ich habe nie ein parteiisches Gutachten abgegeben. Ich war manchmal anstrengend, aber immer lösungsinteressiert.

(Zuruf)

Warum gehen Sie denn davon aus, dass Gutachter quasi nicht ehrenhaft sind und nicht sachsichere Gutachten abgeben? Warum ist darin die Unterstellung: Wenn das der Betreiber oder der zukünftige Betreiber macht, ist das ein parteiisches Gutachten, dem ich misstraue, wenn aber auf der anderen Seite die Stadt ein Gutachten beauftragt, dann kann ja nur das Gegenteil herauskommen? Das erschließt sich mir nicht.


Vizepräsident Wulf Gallert:

Herr Aldag, Sie können antworten.


Wolfgang Aldag (GRÜNE):

Gern. - Frau Tarricone, vielen Dank für Ihre Frage. Ich habe, glaube ich, nicht allgemein Gutachterinnen und Gutachter irgendwo schlechtgemacht. Und ich selber bin auch Gutachter,

(Lachen - Zurufe)

von daher können Sie mir glauben, dass ich nicht per se ein Misstrauen gegen Gutachter habe. Aber wir sehen doch immer wieder   das hat uns die Geschichte, insbesondere wenn wir auf Sachsen-Anhalt schauen, doch immer wieder gezeigt  , dass es gerade bei den Abfallgeschichten immer wieder zu Ungereimtheiten und zu Problemen kommt. Ich habe einige Beispiele aufgezeigt. In vielen Fällen ist man darauf gestoßen, dass die anfänglichen Unterlagen wie Gutachten einfach nicht korrekt waren. Das ist der Punkt, den ich angesprochen habe.