Eva von Angern (DIE LINKE):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ich möchte mich zunächst dafür bedanken, dass die Debatte zu unserem Antrag und zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN überwiegend sachlich geführt wurde. - Frau Dr. Richter-Airijoki, es war sogar erfrischend sachlich. Ich wünsche mir mehr davon. Es ist deutlich geworden, welch große Sympathie Sie für diese Anträge haben. Aber die Grenzen, in denen Sie sich befinden, kennen wir aus vielen Jahren Parlamentsarbeit; keine Sorge. Vielleicht gelingt es uns jedoch, im Ausschuss eine vernünftige Debatte zu führen
Ich sage gleich zu Beginn etwas zum Thema Sachlichkeit. Denn ich habe natürlich auch die Worte, darunter die selbstkritischen Worte, der Frau Ministerin zum Thema Vielstimmigkeit gehört. Diese ist natürlich ein Riesenproblem in der Debatte. Ich teile ihre Auffassung aber ausdrücklich nicht, dass diese Vielstimmigkeit ab heute, ab morgen oder ab Mittwoch nicht mehr vorhanden ist. Wir haben sie heute hier mit der FDP-Fraktion erlebt. Ich sage es ganz offen: Ich hoffe, dass der FDP-Fraktion nicht die gleiche Rolle eingeräumt wird wie im Bundestag oder in der neuen Bundesregierung, in der sie irgendwie die Richtlinienkompetenz innezuhaben scheint.
Wer es nicht gehört hat, den möchte ich daran erinnern, Ihr Ministerpräsident hat gestern im „MDR“ gesagt, dass das, was in der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen wurde, auch in Sachsen-Anhalt eins zu eins umgesetzt werden wird. Den Debattenbeitrag der FDP-Fraktion habe ich heute ganz anders verstanden. Das ist ein Problem, meine Damen und Herren.
(Zustimmung)
Ich sage das aber auch mit Blick auf die Entscheidung heute im Bundesrat, die einstimmig ausfiel - welch Wunder. War es tatsächlich nötig, eine solche Vetodrohgebärde seitens der CDU-geführten Länder an den Tag zu legen? Sorgt man auch damit nicht wieder für eine Vielstimmigkeit, die die Akzeptanz für erforderliche Maßnahmen in erheblichem Maße untergräbt?
(Zustimmung)
Ich bin froh, dass heute zugestimmt wurde. Insofern: Ende gut, alles gut.
Aber das Ende ist eben noch nicht da.
Ich möchte auch noch mal daran erinnern - aber das ist dann wirklich das Einzige zur AfD-Fraktion : Wir haben im Ältestenrat stundenlang über die 3-G-Option diskutiert. Wir haben gestern eine Teststation mit einer zweifelhaften Qualität aufgebaut.
(Unruhe)
Wir haben aber klugerweise im Ältestenrat bei der Allgemeinverfügung nachgebessert. Und jetzt gucke ich in den Saal und sehe: Sie alle sind hier, Sie haben sich also doch diesem Prozedere unterworfen.
(Unruhe)
Ich finde, es ist ein peinliches Trotzkopf-Kleinkindgehabe.
(Unruhe)
Und: Nein, Ihre Frage werde ich nicht beantworten.
Meine Damen und Herren! Der Herr Ministerpräsident hat gestern getwittert: „Wir brauchen Maßnahmen, die die Kontaktdichte deutlich reduzieren“. Ich frage natürlich: Welche Maßnahmen sind das? Wer braucht die? Wir brauchen die. Diese Fragen sind heute nicht beantwortet worden.
Sie erinnern sich sicherlich daran, dass wir in der letzten Wahlperiode mehrfach darüber diskutiert haben, dass diese Debatten unbedingt im Landtag mit uns zu führen sind. Sie werden zukünftig mit uns zu führen sein; das ist gut so, das ist wichtig so; denn das holt die Transparenz in das Parlament, wo sie hingehört. Diese Transparenz ist doch nicht eine Nabelschau für uns Abgeordnete, weil wir so neugierig sind, wer die Landesregierung berät oder wie sie zu Entscheidungen kommt. Nein, diese Transparenz ist für die Akzeptanz der Maßnahmen dringend erforderlich.
Wenn wir Vertrauen wieder zurückgewinnen können, zurückgewinnen wollen, dann ist das die einzige Chance, die wir haben. Ich gucke hier alle neuen Abgeordneten des Landtages von Sachsen-Anhalt an und hoffe und sage ganz deutlich, dass sie es sich nicht gefallen lassen, dass hier eine Regierung durchregiert, sondern hier werden diese wesentlichen Entscheidungen zu treffen sein.
(Beifall)
Und - auch da sind wir noch nicht am Ende des Weges : Wir müssen darüber reden - das ist eben auch die Chance, wenn die Debatten hier Parlament und im Ausschuss geführt werden , wie wir die Impfquote erhöhen können.
Sie haben es sicherlich mitbekommen. Gestern wurde von einem Kollegen in unserer Bundestagsfraktion eine Debatte losgestoßen, in der es um die sogenannte Impfprämie ging. Da möchte ich zumindest darauf hinweisen: Das Münchener Wirtschaftsforschungsinstitut, das tatsächlich keine LINKEN mehr hat, hat berechnet, dass jede Impfdosis einen wirtschaftlichen Mehrwert von 1 500 € hat.
Für alle diejenigen, die jetzt sagen, das ist irgendwie ein Wolkenkuckucksheim, was die LINKE hier fordert, wenn es um Impfprämien geht, im Übrigen nicht nur für diejenigen, die jetzt noch geimpft werden müssen, sondern auch für diejenigen, die sich schon haben impfen lassen, erläutere ich: Das hat den Zweck, davor zu bewahren. Wir sind uns, glaube ich, überwiegend einig darin, dass wir hier noch mal einen Lockdown aufrufen müssen.
Meine Damen und Herren! Wir müssen auch über die Kommunikation reden. Über die Vielstimmigkeit habe ich jetzt einiges gesagt. Ich wünschte mir tatsächlich mehr fachliche Beratung unserer Landesregierung in puncto Kommunikation; denn es ist nicht nur ein Problem der Vielstimmigkeit, sondern es ist nach wie vor auch eine Frage der Aufklärung.
Hier ist viel über Gerüchte gesprochen worden. Ich kann Ihnen sagen: Diese Gerüchte kommen aus konkreten Ängsten, die die Menschen haben. Wir hatten gestern, aber auch heute schon über die Situation an den Kitas und Schulen gesprochen. Da sind natürlich viele, viele Ängste, ist viel Verunsicherung bei den Eltern unterwegs. Das kann ich durchaus nachvollziehen. Und ich kann Ihnen für meine Fraktion sagen: Selbstverständlich werden wir alles dafür tun und werden Sie auf jeden Fall darin unterstützen, dass die Präsenzpflicht nicht ausgesetzt werden muss. Das geht aber nur, wenn die rechtlichen Rahmen geschaffen werden, wenn vor Ort alles Erdenkliche getan wird, damit die Präsenzpflicht tatsächlich erhalten bleibt.
Notfalls müssen wir über maximal eingeschränkte Öffnungen reden; denn - das ist jetzt faktenbasiert; das ist kein Gerücht : Welche Wirkungen Schließungen haben, welche Wirkungen ein Lockdown auf Kinder und Jugendliche, welche Wirkungen Kontaktbeschränkungen haben, das kennen wir. Wir haben einen erheblichen Anteil von Kindern und Jugendlichen, die schwer psychisch belastet sind, die Angststörungen haben, die Depressionen haben. Und ich sage Ihnen das heute und hier auch mit Blick auf den Nachtragshaushalt: Selbstverständlich müssen wir ganz genau gucken, dass wir nicht nur die Digitalisierung in unserem Land voranbringen, sondern dass wir auch prüfen: Was können wir als Land Sachsen-Anhalt zur Verfügung stellen, damit Kinder und Jugendliche, die in erheblichem Maße durch die letzten eineinhalb Jahre belastet worden sind, entlastet werden? Und das sage ich nicht nur aus haushalterischer Sicht, sondern das sage ich vor allem aus humanitärer Sicht. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Herr Siegmund, eine Intervention, wenn ich das richtig sehe. Dann machen Sie mal!
Ulrich Siegmund (AfD):
Viele Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Frau von Angern, ich finde es sehr interessant, dass Sie als LINKE eine Impfprämie von 500 € für jeden geimpften Menschen in Deutschland rückwirkend fordern. Das sind bei rund 60 Millionen Impfdosen ungefähr 30 Milliarden €. Aber dass Sie sich heute Morgen hier hinstellen und sagen: „Für kostenloses Schulessen haben wir kein Geld“, das ist relativ exemplarisch. Und bei der Summe waren die ganzen Bratwürste noch nicht mal mit drin. - Danke schön.
(Unruhe - Beifall)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Da sehe ich jetzt keinen Wunsch auf eine Reaktion. Deswegen können wir vorangehen.