Guido Kosmehl (FDP):
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich bitte auch um Zustimmung zur Beschlussemp-fehlung.
Ich will an der Stelle Ihnen, Herr Kollege Gebhardt, nur eines entgegenhalten: Ich dachte, wir hätten das im Innenausschuss bereits ausführlich diskutiert, und hatte gehofft, dass Sie das auch noch ein-mal für sich prüfen. Das haben Sie allerdings offensichtlich nicht mit der notwendigen Tiefe gemacht.
Artikel 13 ist nicht schrankenlos. Das einzige Grundrecht im Grundgesetz, das schrankenlos ist, ist das in Artikel 1. Alle anderen Grundrechte können Schranken beinhalten, d. h., sie können eingeschränkt werden. Genau dies passiert auch bei Artikel 13.
Es ist ein materieller Unterschied, ob ich von einer Wohnung oder von einem Zimmer in einer Ge-meinschaftsunterkunft ausgehe. Das ist ein materiell-rechtlicher Unterschied. Deshalb können wir an dieser Stelle in der Abwägung ein Betretungsrecht gesetzlich verankern und weisen ausdrücklich da-rauf hin, dass damit natürlich das Grundrecht in Artikel 13 eingeschränkt wird.
Artikel 13 gilt ja nicht nur für Wohnungen, auch das habe ich im Ausschuss schon gesagt, sondern z. B. auch für Büros und Geschäftsräume. Auch dort kann sich ein Schutz aus Artikel 13 entwickeln, aber der ist im Einzelnen zu prüfen. Sie gehen davon aus, dass ein Zimmer in einer Gemeinschaftsun-terkunft wie eine eigene Wohnung zu behandeln ist. Das ist aber nicht der Fall. Auch in der Recht-sprechung ist das nicht der Fall. Deshalb können wir angemessen eingreifen und deshalb ist es aus unserer Sicht auch richtig, ein solches Betretungsrecht zu etablieren.
Wir machen es auch deutlich, was z. B. die Nachtstunden betrifft. Das wird noch einmal einer weite-ren Beschränkung unterworfen. Es muss eine dringende Gefahr vorliegen, dass in den Nachtstunden betreten werden kann. Damit respektiert man in gewisser Weise die Privatsphäre. Das heißt, diese Regelung ist aus unserer Sicht angemessen, um darauf zu reagieren. Im Übrigen setzen wir Bundes- und Europarecht um. Das müssen wir machen.
Eine letzte Bemerkung geht an den Kollegen Hecht, der immer so gern hier vorträgt und auch irgend-wann Jura studiert und abgeschlossen hat. Wenn Sie das Asylrecht nicht gänzlich streichen, dann werden Sie Regelungen brauchen, wie Sie mit Menschen umgehen, die nach Deutschland kommen. Genau das regelt man in einem Aufnahmegesetz. Deshalb kann man auf ein Aufnahmegesetz nicht verzichten, wie Sie das wollen. Das hat auch nichts mit Ihrem Fünf-Punkte-Plan zu tun. Aber Sie hö-ren ohnehin nicht zu. - Ich bitte um Zustimmung zur Beschlussempfehlung.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Kosmehl, es gibt eine Intervention, und zwar von Herrn Gebhardt. - Herr Gebhardt, bitte.
Stefan Gebhardt (Die Linke):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Herr Kosmehl, Sie haben mich direkt angesprochen, sodass ich jetzt kurz darauf reagieren muss. Vorausgeschickt sei folgende Bemerkung: Wir haben offenbar sehr un-terschiedliche Positionen. Die muss man einfach auch gegenseitig akzeptieren und aushalten. Ich will aber noch deutlich machen, dass es sich um eine Gruppe von Menschen handelt, die wir bewusst herausnehmen würden. Nur für die soll dieser Passus gelten. Also nur für Geflüchtete in einer Erst-aufnahmeeinrichtung soll dieser Passus gelten.
Guido Kosmehl (FDP):
Ja.
Stefan Gebhardt (Die Linke):
Das ist aus der Sicht meiner Fraktion natürlich an der Stelle auch eine Diskriminierung.
(Zustimmung bei den GRÜNEN)
Denn wir nehmen eine Gruppe von Menschen heraus und schränken nur für die dieses Recht auf die Unverletzlichkeit ihrer Wohnung ein,
(Sebastian Striegel, GRÜNE: Das möchte die FDP!)
weil wir auf einmal definieren, dass ihre Wohnung in einer Erstaufnahme ist. Sie haben doch aber gar keine Chance, eine andere Wohnung zu haben. Insofern haben wir dazu einfach unterschiedliche Po-sitionen.
Für mich und für meine Fraktion ist völlig klar, dass es sich bei einem Zimmer in einer Erstaufnahme-einrichtung natürlich um eine eigene Wohnung handelt. Denn die Personen haben keinen anderen eigenen Wohnraum. Insofern muss der genauso geschützt werden, wie eine private Wohnung jedes anderen auch. Das ist einfach unsere Position. Dazu können wir unterschiedliche Positionen haben und die auch aushalten.
(Zustimmung bei der Linken)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Kosmehl, bitte schön.
Guido Kosmehl (FDP):
Herr Kollege Gebhardt! Es ist auch nicht schlimm, dass wir unterschiedliche Positionen haben. Wir sind auch in unterschiedlichen Fraktionen. Ich wollte nur für die FDP-Fraktion sehr deutlich machen, warum wir aus unserer Sicht diesem Gesetzentwurf zustimmen können. Denn bei der Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft fassen wir den Schutzbereich von Artikel 13 des Grundgesetzes weniger eng. Bei einer Wohnung würden wir ihn enger fassen, als das für ein Zimmer in einer Ge-meinschaftsunterkunft oder für einen Geschäftsraum oder ein Büro der Fall ist. Das Büro würde auch unter Artikel 13 des Grundgesetzes fallen. Sie wollen absoluten Schutz für jeden Bereich haben. Wir sehen das anders.
Frau Präsidentin, erlauben Sie mir folgenden Satz, weil ich nicht weiß, ob der Zwischenruf von Herrn Striegel auch dokumentiert wurde. - Die Freien Demokraten setzen sich natürlich für die Menschen-rechte und die ordnungsgemäße menschenwürdige Unterbringung von Geflüchteten ein. Ihre un-qualifizierten Zwischenbemerkungen, die Sie dort machen, haben aber auch nichts mit der Sache zu tun, Herr Kollege Striegel. An der Stelle verwahre ich mich dagegen, dass Sie hier mit einer Heiterkeit versuchen, die FDP zu diskreditieren.