Tagesordnungspunkt 23

Beratung

Mieterschutz stärken - unlautere Vermieter nicht länger dulden

Antrag Fraktion Die Linke - Drs. 8/5319


Abg. Frau Hohmann wird diesen Antrag einbringen. - Frau Hohmann, bitte schön. 

(Beifall bei der Linken)


Monika Hohmann (Die Linke): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Wohnen und Mieten war in den letzten Monaten, zumindest im Wahlkampf meiner Partei, ein großer Schwerpunkt. Das Thema Mieterschutz ist in den laufenden Koalitionsverhandlungen top aktuell, zumindest theoretisch und verbal. 

Der Berliner SPD-Chef Saleh appellierte laut „MZ“ vom Dienstag, den 25. März 2025   ich zitiere  : „Wir brauchen eine mietenpolitische Revolution [...]“. - Es braucht also mehr Mieterschutz und mehr Regulierung bei der Mietpreisentwicklung. Ich sage einmal: lieber eine späte Einsicht als keine. Und: Um diese Worte in Taten zu überführen und kräftig zu unterstützen, bringen wir heute diesen Antrag ein. 

Bevor die Debatte vielleicht weniger sachlich oder stärker emotional wird: Natürlich gibt es nicht den Vermieter. Die Eigentümerstruktur in Deutschland ist vielfältig. In den meisten Fällen wollen sich die Vermieter nicht vordergründig an den Mietern bereichern. Besonders mieterfreundlich und beliebt bei Wohnungssuchenden sind deshalb die kommunalen Wohnungsgesellschaften oder die Genossenschaften. Zu den oft moderaten Mieten pflegen sie noch einen direkten Kontakt zu ihren Mietern. Hier wissen die Mieter, mit wem sie es zu tun haben und an wen sie sich wenden können. Mitunter gibt es sogar Sozialarbeiter, die bei Problemen beratend zur Seite stehen. 

Schwieriger wird es für Mieter im Kontakt mit börsennotierten Unternehmen wie Vonovia. Der Konzern hat kürzlich den E-Mail-Kontakt für Anfragen abgeschafft. Wer also Kontakt aufnehmen möchte, der muss sich über die App vorkämpfen oder über viele Klicks eine Telefonnummer finden und sich auf längere Zeiten in der Hotline des Callcenters einstellen. 

(Tobias Rausch, AfD: Stimmt doch gar nicht!)

Ganz interessant wird es für die Mieter bei Immobilieninvestmentfonds, die oft von Gesellschaften mit beschränkter Haftung gehalten werden oder im Ausland angesiedelt sind. Weil hierbei seit Jahrzehnten durch intransparent schnelle Weiterverkäufe, Anteilstückelungen und Unterfirmen Geldwäsche begünstigt wird, wurde 2018 das Transparenzregister in der EU eingeführt, jedoch nach Klage eines Immobilienfonds vom EuGH Ende 2022 wieder eingestampft. 

Bei Investmentsfonds ist es für Mieter also schwierig, direkt mit einer Person oder dem Eigentümer in den Kontakt zu kommen, falls Probleme auftreten. Manchmal gibt es Verwalter, die jedoch die Adressen oder Eigentümer nicht benennen müssen. Im Grundbuch ist eine Einsichtnahme kostenpflichtig und nicht ohne Weiteres, nämlich nur bei nachweislich berechtigtem Interesse, möglich. 

Wen dieses komplexe Geflecht noch mehr interessiert, dem empfehle ich gern im Anschluss einen ARD-Panorama-Beitrag, der erst vor Kurzem kam, oder eine Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung zur Anonymität im Immobilienmarkt. 

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir dringen mit unserem Antrag zum Schutz der Mieterinnen und Mieter darauf, auf gesetzlicher Grundlage ein Eigentümerverzeichnis für Mietwohnungen in Deutschland zu schaffen.

(Beifall bei der Linken)

Die Eigentümer- bzw. die Vermietersituation ist kein Geheimnis und für die jeweilige Wohnung umfassend transparent zu machen. Unlautere Vermieter, die die von den Mietern bezahlten Nebenkosten nicht weiterreichen, wie jüngst in Magdeburg geschehen   darauf komme ich gleich noch  , müssen rechtlich zur Verantwortung gezogen werden können. Es sollen die verantwortlichen Personen und die bevollmächtigt Handelnden benannt werden, um ggf. bei Untreueverdacht, Mietwucher, Betrugsversuchen oder Insolvenzverschleppung eine gerichtliche Belangbarkeit zu erreichen. 

Eine Kleine Anfrage meiner Fraktion ergab, dass mehrfach strafrechtliche Fälle von Mietwucher in Sachsen-Anhalt eingestellt wurden, weil die Vermieter nicht auffindbar waren. 

Kommen wir zu dem aktuellen Hintergrund dieses Antrages und dem jüngsten Fall des Abdrehens von Heizung und Warmwasser für 100 Mieterinnen und Mieter im Magdeburger Stadtgebiet Rothensee im Januar dieses Jahres.

Aufgrund der Medienberichterstattung wurde bekannt, dass der Eigentümer die Vorauszahlungen der Nebenkosten seiner Mieter nicht an den Versorger weitergereicht hatte. Der Netzbetreiber, die Stadtwerke Magdeburg, klemmte nach längerem Zuwarten die Versorgung auf Anweisung des Versorgers ab. Dieses Konstrukt ist schon schwierig. Die Stadt Magdeburg versuchte noch, mit Wohnraum auszuhelfen. Dem Verursacher waren die Mieter vollkommen egal. Das, meine Damen und Herren, darf nicht sein. 

(Beifall bei der Linken)

Es kann nicht sein, dass Familien mit Kindern und alte Menschen frieren müssen, weil der Vermieter die Vorauszahlungen einbehält. Das sind keine Einzelfälle. Auch wenn wir noch keine Berliner Verhältnisse haben, wo solche Fälle regelmäßig auftreten, ist dieses Thema trotzdem relevant; denn zuvor gab es in Halle und in Magdeburg-Sudenburg derartige Zumutungen für Mieter, aber auch in Thüringen gab es unlängst derartige Fälle. Nur medialer Druck ist nicht die Lösung für die Mieter. 

Fälle von veruntreuten Nebenkostenzahlungen sind rechtlich nicht auf der Landesebene, sondern nur auf der Bundesebene regelbar. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf, mit eigenen Initiativen im Bundesrat aktiv zu werden, um den Schutz von Mieterinnen und Mietern zu verbessern. 

Bundesseitig sollen Regelungen geschaffen werden, die verhindern, dass Mieterinnen und Mieter von Versorgungsleistungen, wie Wasser, Strom und Heizung, abgeschnitten werden, weil ein unseriöser Vermieter die Abschlagszahlungen nicht korrekt an die Versorgungsunternehmen weiterleitet. 

(Beifall bei der Linken)

Es sind aus unserer Sicht Regelungen zu schaffen, die Mieterinnen und Mietern in solchen Fällen das Recht geben, diese Zahlungen der Neben- bzw. Betriebskosten direkt an das jeweilige Versorgungsunternehmen zu leisten. So etwas ist jetzt nur über ein langwieriges und kompliziertes Verfahren möglich, wenn sich alle Mieter als Notgemeinschaft zusammenschließen, sich dann einheitlich organisieren und die ausstehenden Zahlungen quasi ein zweites Mal direkt an den Versorger zahlen. 

Sehr geehrte Damen und Herren! Ein weiteres Thema für die Mieter sind die Regelungen zur Umlage der Neben- und Betriebskosten. Nach unserer Auffassung müssten diese auf den Prüfstand; so ist z. B. die Zahlung der Grundsteuer ein Teil der Verpflichtung aus der Sozialbindung des Eigentums - Artikel 14 des Grundgesetzes  , die den Eigentümer und Vermieter betrifft, nicht aber alleinig auf die Mieterinnen und Mieter umzulegen ist. 

Viele als Modernisierung deklarierte Maßnahmen führen in der ohnehin angespannten Lage zu Preissteigerungen und sich weiter verteuernden Lebenskosten. Das Unternehmen Vonovia ist gerade wieder unangenehm aufgefallen, und zwar mit dem Austausch gängiger Rauchmelder gegen High-Tech-Rauchmelder, die nicht nur Lüftungsdaten sammeln und ständig aufleuchten, sondern auch die Mietkosten steigern. 

Dass die Nebenkostenabrechnungen in sehr vielen Fällen fehlerhaft sind, hat übrigens auch unsere Mietwucher-App, die momentan in Potsdam angewendet wird, deutlich gezeigt.

Da dieser Antrag ein Gesamtpaket zu bezahlbarem Wohnen aufgreift, haben wir die Forderung aufgenommen, die geltende Mietpreisbremse zu verlängern und diese schnellstmöglich in einen wirksamen Mietendeckel weiterzuentwickeln. 

(Beifall bei der Linken)

Natürlich ändert ein Mietendeckel nichts an unlauteren Machenschaften von Vermietern. Sachsen-Anhalt verfügt bisher nicht über eine Mietpreisbremse. Brandenburg oder Thüringen haben sie für ihre Oberzentren eingeführt. Die Landesregierung propagiert seit Langem, dass es im Land genügend bezahlbaren Wohnraum gibt. 

Die Realität ist jedoch, dass es in den Ober- und Mittelzentren in den attraktiven Wohnlagen einen deutlichen Preisanstieg gibt. Besonders Neuvermietungen und die wenigen barrierearmen Wohnungen und Neubauten sind kaum unter 10 €/m² kalt anzumieten. Ein Beispiel: Die Mieten für den Neubau nach Abriss nebenan im Breiten Weg liegen bei 18 €/m² kalt. 

Die geringen Durchschnittseinkommen und Renten im Land sind hinlänglich bekannt. Perspektivisch soll es in Sachsen-Anhalt nicht nur einen Mietenspiegel, sondern auch einen Mietendeckel geben, um in den Vierteln, in denen die Mieten so hoch sind, eine gute Durchmischung hinzubekommen. 

(Beifall bei der Linken)

In diesem Zusammenhang muss ein gesetzliches Vorkaufsrecht für Länder und Kommunen zum Erwerb von Wohnungsbestand und vor allem von Grundstücken für bezahlbaren und sozialen Wohnraum eingeführt werden. Das Land und die Kommunen müssen selber bauen und vermieten, um Mietwucher und eigene hohe Kosten bei Anmietungen zu verhindern. 

(Beifall bei der Linken)

Dafür braucht es ein Vorkaufsrecht zum Erwerb von Grundstücken und Wohnungen. 


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Frau Hohmann. 


Monika Hohmann (Die Linke): 

Ich bin gleich fertig. 


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Es gibt noch Fragen. Sie haben also eine weitere Chance. 


Monika Hohmann (Die Linke): 

Schließlich haben wir in unserer Landesverfassung den Artikel 40, der das Staatsziel und das Grundrecht auf bezahlbaren Wohnraum und den Schutz vor Obdachlosigkeit formuliert. 

In diesem Sinne bitte ich um die Überweisung 

(Zuruf von Eva von Angern, Die Linke)

an den AID, den Sozialausschuss und den Rechtsausschuss, und zwar wegen des Verbraucherschutzes. In den Ausschüssen können wir dann noch viel intensiver über dieses Thema diskutieren. 


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Jetzt ist Schluss. 


Monika Hohmann (Die Linke): 

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. 

(Beifall bei der Linken)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Es gibt eine Nachfrage von Herrn Tobias Rausch, wenn Sie sie zulassen, und eine Intervention von Herrn Bernstein. Sie lassen die Frage zu? - Okay. 


Tobias Rausch (AfD): 

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrte Kollegin Hohmann, Sie haben das Beispiel Magdeburg-Sudenburg gebracht, wo der Vermieter die Nebenkosten nicht an die Stadtwerke abgeführt hat. Sie sagten, es gibt noch weitere Beispiele. Welche weiteren Beispiele gibt es denn in Sachsen-Anhalt? Könnten Sie sie konkret benennen? Sie sagten Thüringen, aber ich habe für Sachsen-Anhalt keine weiteren Beispiele gehört. 

(Cornelia Lüddemann, GRÜNE: Halle, Dessau! - Eva von Angern, Die Linke: Magdeburg hat mehrere Stadtteile!)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Frau Hohmann ist gefragt worden und Frau Hohmann kann jetzt antworten. 


Monika Hohmann (Die Linke): 

Ich habe als Beispiel Magdeburg-Sudenburg und jüngst auch Halle genannt. Frau Lüddemann hat Dessau genannt. Es gibt diese Fälle. Aber es werden nicht alle Fälle medial aufgebauscht, aber es gibt sie. 


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Jetzt spricht Herr Bernstein. 


Jörg Bernstein (FDP): 

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Liebe Kollegin Hohmann, ich bin immer ganz begeistert, wie in den Darstellungen der Linken diese Zweigleisigkeit gefahren wird, und zwar einerseits die Oppositionsrolle, in der Sie dieses Problem bewundern. 

(Eva von Angern, Die Linke: Wir bewundern es nicht!)

- Frau von Angern, jetzt bin ich dran. - Wenn Sie aber andererseits in Regierungsverantwortung sind, dann machen Sie genau das Gegenteil. Ich erinnere daran - Die Linke war im Berliner Senat eine Zeit lang mit in der Verantwortung  , unter dem rot-roten Senat wurden an die Unternehmen, ich glaube, Vonovia und Deutsche Wohnen 60 000 kommunale Wohnungen verkauft. 

(Zuruf von der Regierungsbank: Das ist ein Ding!)

Einfach nur deshalb, weil man offensichtlich die Instandhaltungskosten oder was auch immer nicht tragen konnte oder weil man die klamme Berliner Staatskasse auffüllen musste. Es ist, finde ich, ganz einfach nicht seriös, wenn man einerseits das immer kritisiert und andererseits, wenn man in der Verantwortung ist, das ganze Gegenteil macht. Das passt für mich nicht zusammen. 

(Zustimmung bei der FDP und bei der AfD)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding: 

Frau Hohmann.


Monika Hohmann (Die Linke): 

Herr Bernstein, dieses Beispiel mit dem Verkauf in Berlin wird immer angeführt. Ich weiß aber auch, das ist, wie gesagt, Jahre her, dass es ein Bürgerentscheid in Berlin gab, der vorsah, Vonovia zu enteignen, und dieser ist nicht umgesetzt worden. 

Ich nenne ein zweites Beispiel, weil Sie gerade von Regierungsverantwortung sprachen. Ich kann mich ganz gut daran erinnern, dass wir vor ein paar Jahren eine Auseinandersetzung über eine Förderrichtlinie zum sozialen Wohnungsbau hatten. Thüringen hat es unter unserer Beteiligung geschafft, dieses Förderprogramm, zu dem eine sehr gute Förderrichtlinie erarbeitet worden ist, so auszuschöpfen, dass es überzeichnet war. Wir in Sachsen-Anhalt haben gar nichts geschafft. Wir haben das Geld regelmäßig an den Bund zurückgegeben. Das nur einmal als ein anderes Beispiel.