Dr. Andreas Schmidt (SPD):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor ziemlich ge-nau einem Jahr hat ein Abgeordneter in Bezug auf die Frage der Schuldenbremse an diese Stelle ge-sagt - ich zitiere  : Falls Friedrich Merz das Kanzleramt erobern sollte, wird und muss er nämlich genau das tun, für eine Lockerung der Schuldenbremse sorgen.

Nun würde ich gern sagen, was für ein weitsichtiger Politiker 

(Eva von Angern, Die Linke: Aber man lobt sich ja nicht selbst! - Olaf Meister, GRÜNE, lacht - Lachen bei der SPD)

und im Übrigen toller Typ das war. - Ich war es, der das gesagt hat. 

(Lachen bei der SPD, bei der CDU und bei den GRÜNEN) 

Aber ich muss ja vor Sie treten und bekennen, wie ich im Irrtum war. Ich hatte ja nicht gewusst, dass Friedrich Merz beabsichtigt, die Schuldenbremse wegzusprengen. Ich ging von Lockerungen aus. 

Nun ist sogar deutlich mehr passiert, als ich damals erwartet habe. Die Kolleginnen und Kollegen so mancher Fraktion, die ich damals warnte, nicht zu hoch auf den Baum zu steigen, müssen nun wieder runterklettern. Wie ich gestern der Presse entnahm, ist der Prozess noch nicht für alle komplett abge-schlossen. 

(Zustimmung bei der SPD - Lachen bei den GRÜNEN)

Aber ich will gar nicht weiter mit Spott darüber hergehen. Denn ich bin ja froh, dass in Berlin diejeni-gen, die jetzt Verantwortung übernehmen, die unhaltbar gewordenen Zustände unserer Staatsfinan-zen jetzt beantworten. 

(Beifall bei der SPD - Zuruf von Guido Kosmehl, FDP) 

Denn das ist doch wirklich wichtig und nicht die Frage, ob wir uns nickelig gegenseitig beweisen, wer schon immer recht hatte oder nicht recht hatte. Die Schuldenbremse wird für Investitionen gelöst und dieser Schritt ist richtig. Den hat die SPD im Wahlkampf auch gefordert. 

(Guido Heuer, CDU: Ihr seid eh die Schuldenkönige!) 

Für uns bedeutet das: 100 Millionen - - 

(Guido Kosmehl, FDP: Ja, ja, Zahlen sind egal!)

Investitionen über 100 Milliarden € pro Jahr über zwölf Jahre - davon werden bei uns ungefähr 225 Millionen € ankommen. Darüber hinaus gibt es einen Verschuldungsspielraum von 270 Millionen € pro Jahr. 

Wir gehen davon aus, dass die 225 Millionen €, die wir pro Jahr vom Bund zur Verfügung gestellt be-kommen, nicht nur für Investitionen in Straßen und Bauten Verwendung finden; dass also nicht nur Investitionen in klassische Infrastruktur stattfinden müssen. Wir gehen davon aus, dass für den Be-reich Klimaschutz der Bund mit seinem eigenen Arm sorgen wird; dazu gibt es auch eine Vereinba-rung. Wir gehen auch davon aus, dass ein großer Teil dessen, was unter der Überschrift „Sicherheit und Zivilschutz“ steht, vom Bund geleistet wird im Rahmen der Regelung, nach der Ausgaben für Ver-teidigung und Sicherheit nur noch bis zu einer Grenze von 1 % des BIP unter die Schuldenbremse fal-len und darüber hinaus Sicherheit mit Verschuldung zu bezahlen sein wird. 

Wir erwarten, dass der Bund seinerseits für die Themen Schiene, Straße, Hochschulen und Kranken-häuser mit seinem Teil der 500 Milliarden € zusätzlich für Investitionsmöglichkeiten sorgt. 

Nun komme ich zu der Beantwortung der Frage, die die GRÜNEN mit ihrer Aktuellen Debatte aufge-rufen haben. Was stellen wir uns denn vor? Vor diesem Hintergrund stellen sich die Sozialdemokra-ten im Landtag vor, zunächst die Kommunen, ähnlich wie beim Konjunkturpaket II im Jahr 2009 der Fall, in die Lage zu versetzen, zielgenau in ihre Infrastruktur zu investieren, und zwar so, dass es schnell geht, damit der volkswirtschaftliche Effekt schnell eintritt

(Beifall bei der SPD - Jörg Bernstein, FDP: Finde den Fehler - schneller! - Zurufe von Guido Heuer, CDU, und von Stefan Ruland, CDU) 

und die Leute auch sehen, dass dieser ganze Weg in Berlin auch zu etwas führt.

Das Konjunkturpaket II ist uns dabei Vorbild. Das bedeutet dann keine Förderrichtlinien, keine Abar-beitung von Bescheidenen und Anträgen, sondern direkte Überweisungen an die Kommunen, damit sie loslegen können, zu investieren. 

Weil das so ist, stellen wir uns vor, dass wir von den 250 Millionen € in den ersten drei Jahren ein bisschen mehr als 100 Millionen pro Jahr an die Kommunen geben, weil es natürlich leichter ist, an vielen Stellen mit Investitionen zu beginnen, als wenn das Land als Erstes damit beginnt, sich mit 50 Brücken und Überführungen gleichzeitig auseinanderzusetzen, zumal wir wissen, dass nicht alle von diesen 50 Vorhaben gleichzeitig gebaut werden können. 

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU) 

Insgesamt wollen wir über die zwölf Jahre eine Aufteilung dieser Investitionsmittel, und zwar jeweils zur Hälfte an Kommunen und Land. 

Darüber hinaus stellen wir uns vor - dafür braucht man nicht viel Fantasie, da es alles Themen sind, auf denen wir schon lange herumkauen und für die wir keine Lösung finden -, dass von dem, was das Land dann tut, den Kommunen etwas zugutekommt, nämlich in Form von Förderprogrammen für Bäder, für Schulen und für Kitas. Das sind die Dinge, die sich die Koalition ohnehin vorgenommen hat und bisher aus Finanzgründen nicht lösen konnte. 

Wir gehen davon aus, dass bei allem, was der Bund im Bereich des Zivilschutzes realisiert, die Feuer-wehrgerätehäuser für die Ortsfeuerwehren nicht bezahlen werden. Wir wissen, dass wir auch an die-ser Stelle eine Aufgabe haben, bei der wir endlich an den Punkt kommen müssen, zu sagen, wir stel-len überall ein Gerätehaus hin, das nicht mehr den Standard des 19. Jahrhunderts repräsentiert.

(Zustimmung bei der SPD, von Eva von Angern, Die Linke, und von Olaf Meister, GRÜNE)

Wirtschaftsnahe Infrastruktur, digitale Infrastruktur, Landesstraßenbau - es wird niemanden wun-dern, dass man nicht umhinkommt, das aufzuzählen. Mit der energetischen Sanierung auch in die ei-genen Verwaltungsgebäude haben wir eine gewaltige Aufgabe vor der Brust und wir haben uns noch gar nicht darüber unterhalten, wie wir diese lösen. 

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, sehr geehrte Damen und Herren, ich bin es leid, dass wir eine Grundausstattungsfrage für Schulen, nämlich diese digitalen Geschichten, immer in Form von Son-derpaketen mit Schleife des Bundes, mit Antrag und Kofinanzierung und allem Drum und Dran lösen müssen. Wir müssen jetzt einmal die Kommunen in die Lage versetzen, für diese Grundausstattung auch in grundhafter Form mit einer gesicherten Finanzierung zu sorgen, und zwar so, dass das überall gelöst ist und nicht in der einen Schule, die den Antrag gewonnen hat, und in der anderen nun gerade nicht. 

(Beifall bei der SPD) 

Jetzt komme ich zu dem Teil, der nicht so schön ist, der aber, wie ich finde, zu dieser Antwort gehört. Auch dieser große Schluck aus der Pulle wird nicht alle Probleme dieses Landes in finanzieller Hinsicht lösen. Ich hatte an demselben Tag, an dem ich das Zitierte gesagt habe, darauf hingewiesen, dass wir im Land insgesamt mit allem Drum und Dran, Landesstraßen, Gemeindestraßen, Schulen und allem, was wir vor der Brust haben, einen Investitionsstau in Höhe von ungefähr 10 Milliarden € haben. 

(Zuruf von der AfD)

Wenn wir jetzt 6 Milliarden € einsetzen würden, also auch das, was wir an zusätzlichem Verschul-dungsspielraum über zwölf Jahre bekommen, dann haben wir nicht diesen Stau von 10 Milliarden € aufgelöst. Denn wir reden ja über heutige Preise und nicht über zukünftige Preise. Das bedeutet, zu der Aufgabe derer, die jetzt in Berlin Verantwortung tragen, gehört trotzdem, dass sie sich über die strukturelle Unterfinanzierung der öffentlichen Hände in Deutschland und damit über Steuererhö-hungen unterhalten müssen.

(Beifall bei der SPD, bei der Linken und bei den GRÜNEN - Guido Heuer, CDU: Oh, meine Fresse! - Eva von Angern, Die Linke: Das ist doch keine Überraschung, dass das von der SPD kommt! - Zurufe von der AfD)

Ich sage noch einmal das, was ich vor einem Jahr gesagt habe: Wer die strukturelle Unterfinanzierung der öffentlichen Hände in Deutschland immer noch leugnet, fährt dieses Land an die Wand. 

(Beifall bei der SPD - Zurufe von der CDU und von der AfD)

Der Satz, wir hätten kein Einnahmeproblem, ist einfach ein Ausdruck der Fähigkeit, nicht rechnen zu können. 

(Zurufe von der CDU und von der AfD)

Wenn wir das nicht in den Griff bekommen, dann stehen wir in zehn Jahren an genau derselben Stel-le, die uns diejenigen eingebrockt haben, die immer geleugnet haben, dass wir ein Einnahmenprob-lem haben.

(Unruhe - Zurufe)

Dass das jetzt nur mit einem großen Knall gelöst werden kann    

(Unruhe)

Dass das jetzt nur mit einem großen Knall gelöst werden kann    

(Unruhe - Zuruf von Guido Heuer, CDU - Lothar Waehler, AfD: Ihr macht doch mit denen gemeinsa-me Sache!)

Dass das jetzt nur mit einem großen Knall gelöst werden kann, lieber Kollege Heuer, durch unser bei-der Parteivorsitzende, ist ein Ergebnis davon, dass wir uns 20 Jahre lang vor diesem Problem die Au-gen zugehalten haben. Das muss aufhören.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Olaf Meister, GRÜNE: Richtig! Richtig!)

An dieser Stelle - das will ich all denen sagen, die sich jetzt aufregen oder kritisch schauen - haben wir die eigenen Hausaufgaben, für die wir ohnehin immer Sparanstrengung brauchen, noch nicht gelöst. Wir alle wissen, wir werden die Wiederbesetzungssperre im Jahr 2026 nicht durchhalten. Das ist eine undurchführbare Idee. Wir wissen, dass wir diesbezüglich etwas werden machen müssen. Wir alle wissen, dass wir Tarifsteigerungen werden schlucken müssen, die nicht von schlechten Eltern sein werden. Wir müssen trotzdem, nachdem der Bund das jetzt macht und nachdem wir immer noch über Steuern reden müssen, in diesem Landeshaushalt Sparanstrengungen unternehmen, weil wir sonst trotzdem nicht mit unseren Aufgaben um die Kurve kommen.

Damit habe ich hoffentlich die Frage der GRÜNEN, jedenfalls für die Sozialdemokratie, hinreichend beantwortet. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD, bei den GRÜNEN und von Andreas Henke, Die Linke)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Dr. Schmidt, einen Augenblick. Es gibt eine Intervention von Herrn Kosmehl, der steht schon dort, und eine Nachfrage von Herrn Gallert, wenn Sie die zulassen. - Herr Kosmehl, bitte.


Guido Kosmehl (FDP):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Lieber geschätzter Kollege Schmidt! Seitdem ich Sie kennenlernen durfte, ist die alte Weisheit, dass Linken und Sozialdemokraten immer etwas einfällt, wie man noch mehr Geld ausgeben kann, personifiziert bei mir eingebrannt worden.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich möchte Sie gern bitten, vielleicht noch einmal ein paar Ausführungen zu Folgendem zu machen. Sie haben in den Koalitionsverhandlungen eine viel höhere Summe für das Corona-Sondervermögen gefordert, weil Sie noch sehr viele Ideen hatten. Sie haben übrigens auch zwischen 50 und 100 Jahren Tilgungszeit vorgeschlagen, damit unsere Enkel die Lasten haben und jedenfalls keiner mehr von uns betroffen sein würde. Jetzt müssen wir doch aber feststellen, dass wir große Probleme haben, unser Corona-Sondervermögen zum Abfließen zu bringen.

Sind sie vor diesem Hintergrund wirklich der Auffassung, dass man schon heute darüber entscheiden sollte - das haben Sie soeben gemacht  , dass man alle zusätzlichen Investitionen aus dem 500-Milliarden-Paket als Land nutzen soll und dass wir generell - das haben Sie gesagt - ab diesem Jahr den zusätzlichen Verschuldungsspielraum von 0,35 % des BIP, wie auch immer der verteilt wird, de-finitiv nehmen sollten, weil wir wissen, dass wir das Geld ausgeben können? Sind Sie, auch angesichts der Erfahrungen mit dem Corona-Sondervermögen, der Auffassung, dass man das Geld wirklich auf die Straße bekommt und wirklich zielgenau eine Verbesserung für unser Land herbeiführen kann?


Dr. Andreas Schmidt (SPD):

Lieber Kollege Kosmehl! Seit der Große Kurfürst sich die Sache mit dem kameralen Haushalt ausge-dacht hat, ist es in jedem Jahr, das Gott werden ließ in deutschen Landen, passiert, dass es einen Be-darf gab, etwas zu tun und Geld dafür auszugeben, man es aber nicht geschafft hat, das zu tun, ob-wohl der Bedarf immer noch da war. Dann ist am Ende des Jahres ein schlauer Kämmerer vorbeige-kommen und hat gesagt: Offensichtlich braucht ihr das Geld ja gar nicht. - Das haben Sie soeben ge-macht. Sie haben gesagt: Weil das Corona-Sondervermögen nicht abfließt, wird das Geld offensicht-lich nicht gebraucht. Seit der Große Kurfürst sich das ausgedacht hat, und zwar seit Jahr 1 - wir reden dabei von der Mitte des 17. Jahrhunderts  , war das falsch. Denn der Bedarf geht doch nicht davon weg, dass ich es nicht schaffe, es auf die Straße zu bringen.

Wir werden uns demnächst - ich kenne die Zahlen nicht; Frau Hüskens kennt die vermutlich aus dem Kopf - vermutlich mit 80 bis 100 Brücken und Überführungen an Landesstraßen auseinandersetzen müssen. Wir werden es nicht schaffen, die innerhalb eines kurzen Zeitraums, sagen wir mittelfristig innerhalb von fünf Jahren, abzuarbeiten.

(Jörg Bernstein, FDP: Genau!)

Weil das so ist, bedeutet das aber nicht, dass der Bedarf nicht gegeben ist und dass der Investitions-stau nicht vorhanden ist.

(Jörg Bernstein, FDP: Und den muss ich aus dem Kernhaushalt lösen!)

Ich versuche einmal eine einfache Rechnung. Wir beide wissen, dass der Landeshaushalt, den wir be-schlossen haben, gegenüber einer vernünftigen Aufgabenverfüllung eigentlich ungefähr 800 Millionen € zu klein ist. Um den Landeshaushalt zuzubekommen, nehmen wir in jedem Jahr über konjunkturbedingte Kredite und über die IPS ungefähr 1 Milliarde € auf, damit der überhaupt dort ist, wo er jetzt geschrieben steht. Das sind 1,8 Milliarden €. Wir leugnen die 10 Milliarden € Investiti-onsstau einmal nicht. Es sind 1 Milliarde € für Landesstraßen, 1 Milliarde € für Kreisstraßen, 1 Milliarde € für Gemeindestraßen, 3 Milliarden € für Verwaltungsgebäude, mindestens 1 Milliarde € für Schulen und dann haben wir von Herrn Robras Schlössern und Burgen noch nicht gesprochen. Es sind rund 10 Milliarden €, die vermutlich hier im Haus niemand leugnen wird. Die teilen wir jetzt ein-mal auf zehn Jahre auf. Das ist 1 Milliarde € pro Jahr, plus 1,8 Milliarden €. Also fehlen im Haushalt 2,8 Milliarden € pro Jahr, die wir bräuchten, damit wir mit allem zurechtkommen und uns wirklich mit dem Investitionsstau auseinandersetzen, unabhängig davon, ob wir in den zehn Jahren wirklich die Baufirmen binden können. Das Ziel müssen wir aber doch aufrechterhalten.

Es sind 2,8 Milliarden € pro Jahr. Das entspricht ungefähr 20 % des Haushalts. Wenn wir das auf die Bundesverhältnisse hochrechnen, dann sind wir genau bei der Summe - das ist kein Zufall  , die die große Koalition jetzt aufzunehmen gedenkt. Die kommen auf ungefähr 1,5 bis 1,7 Billionen € in den nächsten zwölf Jahren. Das entspricht genau den 20 % der Steuereinnahmen, die der öffentlichen Hand in Deutschland jedes Jahr fehlen, damit sie ihre Aufgaben so erfüllt, wie sich das der Große Kur-fürst einmal vorgestellt hat, nämlich preußisch und vorbildlich.

(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Jetzt folgt die Frage von Herrn Gallert.


Wulf Gallert (Die Linke):

Ich gönne Ihnen den Moment. Ich sage Ihnen dazu bloß eines. Es macht einen nicht beliebter, wenn man sagt: Ich hatte schon immer recht. - Das ist meine eigene Erfahrung.

(Lachen und Zurufe - Unruhe)

Dafür bin ich lange genug hier dabei. Aber sei es drum. Die Versuchung akzeptiere ich. Das verstehe ich gut. Lange Rede, kurzer Sinn an der Stelle.

Sie haben gesagt, wir brauchen eine grundhafte Ausstattung z. B. im Bildungs- und Schulbereich. Es soll nicht jemand einen Antrag stellen, sondern es soll durchgeregelt werden, indem wir Standards organisieren und sichern. Nun hatten wir das mit dem Corona-Sondervermögen bei den Schulen und der Digitalisierung. Jetzt haben Sie einem Haushalt zugestimmt, in dem massenhaft Mittel für diesen Zweck herausgenommen worden sind und dafür in die Finanzverwaltung - zum Teil wirklich ins Fi-nanzministerium, aber zum großen Teil insgesamt in die Landesverwaltung - umgeleitet werden. Sie sehen also die Chance, dieses Geld in der Landesverwaltung umzusetzen, aber Sie sehen nicht die Chance, das Geld vernünftig zur Digitalisierung in den Schulen umzusetzen. Ansonsten hätten Sie dem Corona-Sondervermögen so nicht zustimmen dürfen.

Jetzt sagen Sie mir einmal, warum das denn so ist. Warum sind wir bei den Schulen nicht dazu in der Lage, und warum meinen Sie, dass wir stattdessen in der Landesverwaltung dazu in der Lage sind, diese Digitalisierung umzusetzen?


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Dr. Schmidt.


Dr. Andreas Schmidt (SPD):

Lieber Kollege Gallert! Zunächst einmal hat man als Sozialdemokrat auch viele andere Momente im Leben. Insofern bin ich dankbar, dass Sie mir den gönnen; er ist selten.

(Olaf Meister, GRÜNE, lacht - Guido Kosmehl, FDP, lachend: Ja, Gott sei Dank!)

Das Corona-Sondervermögen - das wissen wir beide - ist eine konditionierte Angelegenheit. Die wen-det sich an Vorsorge im Infektionsschutzfall und ist eine Veranstaltung, die der Antragstellung und eines Bescheids für die Mittelverwendung bedarf. Dann passiert genau das: Der Bedarf ist vorhan-den, aber das Geld fließt trotzdem nicht ab. Das liegt aber nicht daran, dass der Bedarf auf einmal nach Hause gegangen ist, nicht mehr existiert und sich selbst aufgelöst hat. Vielmehr liegt es daran, dass wir uns in Deutschland die Förderung nicht leichtmachen. Darüber könnten wir auch noch spre-chen. Es wäre vielleicht eine andere Debatte an einem anderen Tag. Der Bedarf existiert aber trotz-dem.

Nun hat aber diese Frage - das müssen Sie zugeben - mit der Frage der GRÜNEN nach der Verwen-dung der Mittel aus dem Investitionspaket des Bundes relativ wenig zu tun außer, dass man etwas in Bezug auf die Frage lernen kann, wie man das machen kann. Genau deswegen sagen wir, dass wir nicht vorrangig Landesprogramme brauchen, jedenfalls nicht dort, wo wir den Kommunen Zuwen-dungen geben wollen. Wir brauchen nicht vorrangig Landesprogramme, sondern wir brauchen einen einfachen Weg der Direktüberweisung an die Kommunen, damit die loslegen können,

(Zustimmung bei der SPD, bei den GRÜNEN und von Hendrik Lange, Die Linke)

und zwar möglichst ohne Konditionierung, damit wir das Geld auf die Straße bekommen.

Ich will es noch einmal sagen. Ein erheblicher Teil der Motivation, die die Berliner dazu bringt, das jetzt zu machen - das hat die FDP übrigens im Wahlkampf heftig gefordert  , ist der volkswirtschaftli-che Effekt. Wir wollen aus dem konjunkturellen Tal heraus.

(Guido Kosmehl, FDP: Aber das muss man doch anders machen! - Jörg Bernstein, FDP: Wir haben aber keine Konjunkturkrise!)

Deswegen ist es nicht egal, wie schnell das Geld auf die Straße kommt. Es reicht nicht, dass es vor-handen ist.


(Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN))


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Gallert, aber kurz.


Wulf Gallert (Die Linke):

Na ja, Herr Schmidt. Sie sagen jetzt, dass Sie es per Antragsbescheid machen mussten, weil das Son-dervermögen Corona betraf. Für mich ist nicht nachvollziehbar und logisch, warum eine Bezuschus-sung aus dem Sondervermögen per Antrag gemacht werden muss. Aus dem normalen Haushalt her-aus muss es nicht per Antrag gemacht werden.

Wir haben an der Stelle ein zusätzliches Problem. Nach den Regeln der Schuldenbremse - das werden Sie gleich von der CDU hören  , die ja nicht aufgehoben wird, ist das, was hier zusätzlich an Investiti-onen beschlossen wird, genauso ein Sondervermögen, nur eben auf der Bundesebene. Deswegen frage ich mich, warum es denn dabei anders laufen soll als bisher.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Dr. Schmidt.


Dr. Andreas Schmidt (SPD):

Lieber Kollege Gallert! Wie der Bund das jetzt auskleiden will, wissen wir noch nicht. Der wird das für sich als Sondervermögen veranstalten. Das heißt, es ist zunächst einmal mehrjährig angelegt und trotzdem den Regeln des Bundesverfassungsgerichts bezüglich Jährlichkeit und Jährigkeit unterwor-fen. Ein einfaches Auszahlen in dem Sinne von „Holt es euch ab, wenn ihr es braucht.“ wird an der Stelle auch nicht gehen. Ich weiß aber, weil das jedenfalls die sozialdemokratischen Ministerpräsiden-ten in diese Verhandlungen hinein schon gefordert haben, dass es funktionieren muss, ohne dass man wieder Anträge stellt. Und vor allem muss es ohne Kofinanzierung ablaufen. Denn der gesamte Vorteil der Übung frisst sich sofort wieder auf, wenn wir das kofinanzieren müssen. 

Ich habe schon deutlich gespürt, dass für den Fall, dass der Bund es nicht hinbekommt, es klar, ein-fach, logisch und schnell abfließbar zu machen, Ministerpräsidenten sich mit Forken und Mistgabeln bewaffnet auf den Weg nach Berlin machen werden. Vor der einen oder dem anderen muss man ja wirklich Angst haben.

(Zustimmung und Lachen bei der SPD - Olaf Meister, GRÜNE, lacht)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Vielen Dank, Herr Dr. Schmidt.