Eva von Angern (Die Linke):
Herzlichen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Sie erinnern sich: Sechs Männer im Adenauerhaus, drei von der CDU, drei von der CSU, sitzen am Tisch, um die Regierungsübernahme vorzubereiten. Das Bild hat nicht nur digital, sondern auch analog zu Recht für viel Spott und Häme gesorgt. Es fehlen nicht nur Frauen in dieser Runde, sondern auch Politikerinnen aus Ostdeutschland oder eben mit Migrationsgeschichte.
(Zurufe von der AfD)
Schon deshalb ist die Stärkung des Ostbeauftragten richtig; er sollte mindestens auf Staatssekretärsebene verankert bleiben müssen.
(Zustimmung bei der Linken und bei den GRÜNEN)
Gleichzeitig wandelt sich aber auch der Einheitsprozess. Es gilt nicht mehr die Erwartung, der Osten müsse irgendwie aufholen und man müsse sich an den Westen anpassen. Es geht nicht um Anschluss. Es geht nicht um Larmoyanz, sondern es geht um Gleichberechtigung und um Chancengleichheit. Diese gibt es - das ist leider Fakt - auch 35 Jahre nach der deutschen Einheit nicht. Das zu ändern, ist eben Auftrag der Landesregierung. Denn Fakt ist, Berlin weiß immer noch zu wenig über Magdeburg, Cottbus, Rostock, Köthen, Apolda oder Bischofferode.
Meine Damen und Herren! Es bedarf einer echten Repräsentanz in allen Bereichen unseres politischen und gesellschaftlichen Lebens. Dazu gehört es, wie es mein Kollege in der Bundestagsfraktion Dietmar Bartsch richtig forderte, ein Schlüsselministerium des Bundes in ostdeutsche Hand zu geben und natürlich sehr gern auch in die Hände einer ostdeutschen Frau.
(Zustimmung bei der Linken)
Die ostdeutsche Perspektive muss an einer zentralen Stelle vertreten sein, und eben nicht nur bei einem Ostbeauftragten, dessen begrenzte Möglichkeiten wir leider viele Jahre erleben mussten. Ich glaube auch, der derzeitige Ostbeauftragte war nicht immer glücklich in seinem Amt und mit seinen Möglichkeiten.
In der Frage, ob die CDU in Sachsen-Anhalt die Funktion des Ostbeauftragten schätzt, gab es zuletzt und auch heute - freundlich formuliert - Abstimmungsprobleme. Der Landesverband der CDU sollte Ihrem Mann im Bundestag gern den Wink geben, dass nicht jede Schlagzeile wichtiger ist als die Vertretung ostdeutscher Interessen im Kanzleramt. Tariftreue, Arbeitszeitangleichung und Rentengerechtigkeit sind wichtige ostdeutsche Anliegen, die der Bund eben immer noch nicht geregelt hat.
(Zustimmung bei der Linken)
Fakt ist - das haben wir mehrfach in Debatten schon erlebt -, auch die Landesregierung wartet weiter zu und tut so, als würde der große Wurf der Anerkennung gestrichener Rentenansprüche bspw. für in der DDR geschiedene Frauen, für Postler oder Krankenschwestern noch kommen. Solange es keinen Gerechtigkeitsfonds in Bund oder im Land gibt, meine Damen und Herren, bleibt die Renteneinheit unvollendet.
Sonntagsreden reichen nicht zur Anerkennung von Lebensleistungen.
(Beifall bei der Linken)
Konkret wird es auch beim zivilgesellschaftlichen und demokratischen Engagement. Vieles ist nach der Bundestagwahl über die Karte gesagt worden, die, so denke, eine Vielzahl von Kolleginnen und Kollegen hier bitter zurückgelassen hat.
Die Linke war bereits in den 90er-Jahren Teil und Ankerpunkt der demokratischen, antifaschistischen und antirassistischen Engagierten.
(Oh! Bei der AfD)
Und wir sind es wieder. Wir gehen als Partei genau dahin, wo die Sorgen vor hohen Mieten, vor Niedriglohn und Arbeitslosigkeit die Menschen in Ostdeutschland drücken. Wir sehen die Ängste vieler vor einem zunehmenden Klima der Gewalt. Wir sagen, es braucht Haltung und Mut und vor allem Gesprächsbereitschaft.
Der Osten - er hat endlich eine Stimme, er hat Differenz, er hat Sichtbarkeit. Die lassen wir uns nicht nehmen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der Linken)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Es gibt eine Intervention von Herrn Tillschneider. - Herr Tillschneider, Sie haben das Wort. Bitte sehr.
Dr. Hans-Thomas Tillschneider (AfD):
Also dieses Gejammer der Linken ist unerträglich. Sie tun so, als wären Sie die Anwälte des Ostens. Dabei sind Sie diejenigen, von denen sich die deutschen Bürger im Osten 1989 befreit haben.
(Beifall bei der AfD)
Mit Ihrem Gejammer machen Sie den Osten klein, so klein, wie es Ihrer kleingeistigen Politik entspricht.
Das hier ist ein wunderbares Stück Deutschland. Das ist das Gebiet, in dem vor 2 000 Jahren die Römer nicht hinkamen und das sie freies Germanien genannt haben.
(Zurufe von der SPD und von den GRÜNEN - Unruhe)
Hier wurde 1813 in Leipzig die Völkerschlacht gekämpft und Europa wurde befreit. Hier kamen die Fehlentwicklungen des Westens nicht hin.
Wenn die AfD heute hier mit Abstand stärkste Kraft ist, dann zeigt das, dass das freie Germanien lebt.
(Beifall bei der AfD - Zurufe von der Linken, von der SPD und von den GRÜNEN)
Wir, die AfD, repräsentieren das freie Germanien. Wir brauchen keinen Ostbeauftragten. Wir brauchten einen Westbeauftragten. Denn wenn eine Region in Deutschland politischen Nachholbedarf hat, dann ist es der Westen.