Carsten Borchert (CDU):
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Soziale Herkunft - ich kann es nicht mehr hören. Meine Mama war Landwirtin, sie war Rinderzüchterin, und mein Papa war Lagerarbeiter und zu DDR-Zeiten Warenannahmeleiter und er hat eine wahnsinnig tolle Arbeit geleistet.
(Zuruf von der AfD)
Meine Eltern haben alles dafür getan, damit ich die Möglichkeit habe, das zu werden, was ich geworden bin. Ob das gut oder schlecht ist, kann ich nicht beurteilen, das beurteilen andere. Aber die Chance, die ich damals bekommen habe, hat heute auch jedes Kind, wenn es das möchte.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)
Wenn es möchte, dann haben wir genug Möglichkeiten zu unterstützen. Wir haben ein durchlässiges Schulsystem; das ist nicht perfekt. Darüber müssen wir uns nicht unterhalten, das wissen wir alle. Wir haben Reserven und Probleme in allen Bereichen der Gesellschaft, das wissen wir auch alle.
Wir sitzen hier, um diese Reserven aufzuspüren und um uns gegenseitig dabei zu unterstützen, diesbezüglich etwas zu entwickeln. Machen wir aber nicht. Wir erzählen von vor 100 Jahren und sagen, dass dies immer noch aktuell ist. Diese Statistiken mögen für diejenigen, die nicht wollen, stimmen.
Wir alle, die wir hier sitzen, wissen doch, dass es genug Kinder gibt, die aus Akademiker-, Lehrerfamilien oder Doktorfamilien kommen, die absolut zur Seite gerutscht sind.
(Zurufe von der CDU: Ja!)
Warum? - Sie hätten doch normalerweise alle Abitur machen müssen und müssten ganz oben sein, aber wenn sie nicht wollen, dann wollen sie nicht. Dann ist es Sache der Eltern und auch unsere Sache, die Sache der Gesellschaft, irgendwo Wege und Lösungen zu finden. Dann sind wir wieder alle auf einem Weg. Das wollen wir alle zusammen.
Meine Ministerin sprach von den verschiedenen Schulformen, die wir aktuell nur in Sachsen-Anhalt haben. Niemand steigt inzwischen mehr durch, nicht einmal ich. In der nächsten Legislaturperiode müssen wir ran und ein wenig Ordnung hineinbekommen, um in den Sek. I-Bereich ein wenig System hinzubringen.
Aktuell kann man 13 Schuljahre oder zwölf Schuljahre absolvieren, man kann eine Klasse wiederholen, in die eine oder andere Schulform wechseln. Das ist nicht immer einfach und es ist nicht selbstverständlich. Aber was auf dieser Welt ist einfach und selbstverständlich? - Wenn wir alles geschenkt bekommen, dann ist es nichts wert.
(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von der AfD: Genau!)
Von der Warte her können wir das, was Sie fordern, absolut nicht nachvollziehen.
Wenn ich die Definition, meine Vorredner haben es schon gesagt, für Bürgerräte lese, dann sind Bürgerräte Versammlungen von 30 bis 200 per Los zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger. Der Bildungsausschuss hat ewig eine Expertenkommission begleitet und vor einem halben Jahr wurden die Ergebnisse ausgewertet. Das wurde schon von einigen Vorrednern gesagt.
Klar, sie sind weniger wert als ein Bürgerrat. Eigentlich haben wir doch hier schon einen Bürgerrat: Jeder redet bei dem Thema Bildung mit und jeder weiß alles. Im Prinzip sind wir doch ein Bürgerrat. Wir haben alle keine Ahnung, aber wir wissen alles besser.
(Guido Kosmehl, FDP: Na, na, na! Nur die Lehrer wissen es besser!)
- Ausnahmen bestätigen die Regel. Ich habe keine Ahnung von bestimmten Bereichen, so wie andere keine Ahnung von anderen Bereichen haben. Deswegen haben wir unsere Ausschüsse und es gibt Bereiche, bei denen einige ein wenig besser sind.
Lange Rede, kurzer Sinn: Ich bin voll aufseiten meiner Ministerin. Wir brauchen keinen Bürgerrat. Das ergibt bei diesem Thema überhaupt keinen Sinn. Ich hoffe, dass meine Ausführungen einigen zu denken geben. Es ist zu einfach, zu sagen, die soziale Herkunft entscheide über das Leben. Ich sehe das nicht so. - Danke.