Dr. Katja Pähle (SPD):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Meine Frage richtet sich an den Wissenschaftsminister. Wir haben er-lebt, dass auch in anderen Bundesländern hart um die Finanzierung des Hochschulsystems gerungen wird, nicht immer mit dem Ergebnis, das sich die Hochschulen wünschen. Jetzt hat das Land Sachsen-Anhalt vor nicht allzu langer Zeit die Zielvereinbarungen gezeichnet, die den Hochschulen für eine re-lativ lange Zeit jenseits von Landeshaushalten Planungssicherheit geben. Meine Frage an den Minis-ter ist: Wie konnte insbesondere die finanzielle Situation der Hochschulen über diesen langen und si-cheren Planungszeitraum mit den Zielvereinbarungen abgesichert werden. - Vielen Dank.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Minister Willingmann.
Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt):
Frau Abg. Dr. Pähle, darauf antworte ich sehr gern. Zunächst: Sie weisen völlig zu Recht darauf hin, dass die Situation in den Bundesländern sehr unterschiedlich ist. Wir haben in Sachsen-Anhalt am 6. März mit den Hochschulen und gestern mit den beiden medizinischen Fakultäten und Universi-tätsklinika unsere Zielvereinbarungen unterschrieben und damit Planungssicherheit erzeugen kön-nen, Planungssicherheit in finanzieller Hinsicht für die Jahre 2025 bis 2029. Das ist wichtig, weil wir schon seit dem Jahr 2000 mit den Hochschulen die Erfahrung machen, dass über eine vertragliche Vereinbarung die wesentlichen Entwicklungsschritte gemeinsam abgestimmt werden, dass man sich darüber weiterentwickelt und dass sich sinnvollerweise beide Seiten an diesen Vertrag halten.
Wenn Sie sich das Gesamtbudget des Wissenschaftsressorts anschauen - es liegt bei etwa 1,1 Milliarden € , dann stellen Sie fest, dass rund 460 Millionen € allein auf den Landeszuschuss zur Finanzierung unserer sieben staatlichen Hochschulen entfallen. Das heißt, wir haben einen festen Be-trag für jede Hochschule. Damit kann sie planen. Das ist die berühmte Planungssicherheit für die nächsten Jahre. Wir haben darüber hinaus Mittel im Ressort, die zusätzlich eingesetzt werden kön-nen für die Forschungsförderung, für Digitalisierung und für viele andere Themen.
Wir konnten Planungssicherheit gewährleisten, weil es ein klares Commitment der Landesregierung für die Finanzierung der Wissenschaft hier im Land gibt, weil auch der Finanzminister diesen Weg mit-gegangen ist zu sagen: Für die Hochschulen ist es wichtig, für fünf Jahre ein festes und garantiertes Budget zu haben, das sich selbstverständlich nach oben entwickeln kann, sei es, weil die wirtschaftli-che Lage insgesamt besser wird, sei es aber auch, weil aus anderen Töpfen zusätzliche Mittel in den Wissenschaftsbereich fließen. Das ist die Seite der Hochschulen. Deshalb haben Sie wahrscheinlich von den Rektorinnen und Rektoren und aus den Hochschulen gehört, dass es erfreulich ist, dass Sachsen-Anhalt einen anderen Weg beschreitet als etwa das Land Berlin oder das Land Hessen oder andere, die sich in der laufenden Zielvereinbarungsperiode dazu entscheiden mussten, dort einzu-greifen und damit die Verlässlichkeit der vertraglichen Vereinbarung infrage zu stellen.
Gestatten Sie mir, dass ich Ihnen an einem konkreten Beispiel sage, was die umgekehrte Seite ist; denn wer bezahlt, der hat auch ein paar Wünsche. Das gilt nun für das Land. In den Zielvereinbarun-gen steht nicht nur die Planungssicherheit für die Hochschulen, damit sie wissen, welches Budget sie bekommen, was sie an finanziellen Möglichkeiten und auch an Freiraum bekommen, sondern darin stehen auch unsere Erwartungen.
Ich will das einmal am Beispiel der Martin-Luther-Universität deutlich machen. Wir haben natürlich die Erwartung, dass die große Lehrer bildende Universität unseres Landes - das ist nun einmal die Martin-Luther-Universität - weiterhin 1 000 Studienplätze vorhält für das Lehramt und diese 1 000 Studienplätze idealerweise auch füllt. Das ist in den letzten Jahren nicht gelungen. Wir alle kennen die Gründe dafür. Es sind die zurücklaufenden Bevölkerungs- und damit auch Abiturientenzahlen. Lehr-erbildung ist ein wichtiges Thema. Auch bei den Juristinnen und Juristen erwarten wir einen Auf-wuchs. Bei den Zahnmedizinern haben Sie es gehört: Die Dekanin hat gesagt, durch eine gewisse Op-timierung des Institutsbetriebs sei selbst dort noch eine Reserve, die man nutzen könne, um zusätzli-che zehn Studienplätze einzurichten. Mit anderen Worten: Sie sehen ganz deutlich, wie das Land sei-nerseits Erwartungen formuliert, die von der Hochschule selbstverständlich getragen werden müs-sen.
Lassen Sie mich noch einen anderen Aspekt herausgreifen. Die Martin-Luther-Universität ist die An-keruniversität für wesentliche Einrichtungen, die insgesamt die Forschung im Land vorantreiben wol-len. Denken Sie an das Center for the Transformation of Chemistry. Der Standort dieses von Sachsen und Sachsen-Anhalt gemeinsam getragenen Instituts liegt zwar in Delitzsch, aber der Nebensitz oder der zweite Standort, wenn Sie so wollen, an der Hochschule Merseburg.
(Zustimmung bei der SPD und von Sebastian Striegel, GRÜNE)
Der wissenschaftliche Input kommt unter anderem auch von der Martin-Luther-Universität. Auch dieses steht in der Zielvereinbarung. Für die Merseburger steht es sowieso darin.
Denken Sie an das Zukunftszentrum. Es ist eine große Erwartung, ein großes Versprechen, das der Bund gegeben hat, das Zukunftszentrum zu entwickeln.
(Zustimmung von Andreas Silbersack, FDP, und von Jörg Bernstein, FDP)
Es ist vor allen Dingen auch deshalb dort gelandet, weil wir eine klare Verbindung herstellen konnten zwischen dem, was an der Martin-Luther-Universität wissenschaftlich läuft, und dem, was künftig im Zukunftszentrum gebraucht wird.
Nehmen Sie eine dritte Großforschungseinrichtung mit weltweiter Anerkennung, nämlich das „iDiv“, das Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung, Hauptsitz in Leipzig, aber im Grunde genommen undenkbar ohne die Naturwissenschaften, die wir an der Martin-Luther-Universität haben. Deshalb muss auch das alles in den Zielvereinbarungen abgesichert werden.
Ich will damit noch ein bisschen Werbung machen für den Forschungsstandort Sachsen-Anhalt, von dem manche immer denken, das wäre nicht ganz so strahlend. Es ist sehr strahlend im Moment. Wir alle drücken doch hoffentlich die Daumen. Fangen Sie heute schon einmal damit ein. Am 22. Mai en-det es dann. Am 22. Mai erfahren wir, ob unsere beiden Universitäten mit ihren Exzellenzanträgen erfolgreich gewesen sind.
(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)
Das ist ein Prozess, auf den wir uns in der Koalition verständigt haben. Ich erinnere an unsere ersten Gespräche darüber in den Koalitionsverhandlungen. Wir haben es dann konsequenterweise in den Vertrag geschrieben. Wir haben es konsequenterweise umgesetzt. Wir finanzieren seit dem Jahr 2021 durchgängig die beiden Universitäten auf diesem Weg. Jetzt konzentrieren wir uns auf zwei große Projekte, das Center for Chiral Electronics an der Martin-Luther-Universität und das Projekt „SmartProSys“ der Otto-von-Guericke-Universität. Wir sind mit beiden Projekten in der Endauswahl. Noch sind es 94 Cluster, die zur Begutachtung anstanden. 71 von ihnen werden die Lorbeeren da-vontragen. Am 22. Mai erfahren wir, ob wir erfolgreich waren. Es wäre nach fast 20 Jahren das erste Mal, dass Sachsen-Anhalt bei der Exzellenzinitiative dabei wäre. Dafür müssen wir alle Daumen drü-cken. Der Minister, auch der Staatssekretär, Kollege Wünsch, wir alle sind sehr hinterher und werden übrigens am 21./22. Mai in Bonn dabei sein, auch um noch einmal, wenn man zum Schluss noch ein bisschen Werbung braucht, diese Werbung zu leisten.
(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)
Das ist ein durchgängiges Projekt und übrigens auch ein schönes Zeichen für die Leistungsfähigkeit der Deutschland-Koalition.
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Vielen Dank.
Prof. Dr. Armin Willingmann (Minister für Wissenschaft, Energie, Klimaschutz und Umwelt):
Das als groben Überblick. - Frau Präsidentin, sehen Sie es mir nach, die Zielvereinbarungen haben 158 Seiten, ich bin jetzt auf Seite 4.
(Lachen bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)
Ich will es aber gern dabei bewenden lassen, stehe Ihnen weiterhin gern für Fragen zur Verfügung und danke dafür, dass ich diese Frage hier beantworten durfte, um noch einmal ein bisschen Wer-bung zu machen für den Wissenschaftsstandort Sachsen-Anhalt. - Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Vielen Dank, Herr Minister Willingmann. Ich denke, wir schreiben uns alle als Wiedervorlage den 22. Mai in den Kalender.