Tagesordnungspunkt 10
a) Aktuelle Debatte
Gesundheit in öffentliche Hand. Krankenhäuser retten statt Renditen sichern.
Antrag Fraktion Die Linke - Drs. 8/5167
b) Beratung
Gesundheit in öffentliche Hand. Krankenhäuser retten statt Renditen sichern.
Antrag Fraktion Die Linke - Drs. 8/5147
Die Redezeit beträgt wie immer zehn Minuten. Die Einbringung des Antrages erfolgt im Rahmen des Debattenbeitrages. Es wurde folgende Reihenfolge vereinbart: Linke, CDU, AfD, FDP, GRÜNE und SPD. Zunächst hat die antragstellende Fraktion Die Linke das Wort. Der Redebeitrag der Fraktion ist, wie gesagt, gleichzeitig die Einbringung des Antrages. - Frau von Angern, bitte sehr.
Eva von Angern (Die Linke):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Mit Blick auf die Reihen der Koalitionsfraktionen: Herr Kosmehl, am Ende der Aktuellen Debatte stimmen wir über einen Antrag meiner Fraktion ab.
(Lachen - Zurufe von der CDU, von der Linken, von den GRÜNEN und von Guido Kosmehl, FDP)
Sehr geehrte Damen und Herren! Es vergeht kein Jahr, in dem nicht ein Krankenhaus
(Zurufe - Unruhe)
- Darf ich?
Vizepräsident Wulf Gallert:
Versuchen Sie es noch einmal. Fangen Sie noch einmal an.
Eva von Angern (Die Linke):
Okay. - Es vergeht nicht ein Jahr, in dem nicht ein Krankenhaus oder eine Abteilung geschlossen oder verkleinert wird. Die Strukturen sind so fragil, dass nur ein Oberarzt die Kinderstation zu verlassen braucht und schon ist die ganze Abteilung nicht mehr zu halten, wie wir Ende Dezember 2024 wieder erleben mussten. Damals wurde in Burg am Heliosklinikum die Kindermedizin geschlossen. Das ist bitter für die Familien, die Kinder und die Jugendlichen, aber es ist eben auch belastend für die umliegenden Krankenhäuser.
Es fehlt an Ärzten, es fehlt an Pflegepersonal auf den Stationen. Und auch die Entwicklung der ambulanten Versorgung durch Fachärzte nimmt in den ländlichen Regionen an Dramatik zu.
Es ist auch kein Geheimnis, dass z. B. Kinderärzte einen zwar äußerst anspruchsvollen, dafür aber vergleichsweise gering vergüteten Beruf ausüben, besonders im ambulanten Bereich. Geburts- und Kindermedizin sind wie andere Bereiche eben in besonderem Maße betriebswirtschaftliche „Verlustgeschäfte“, eignen sich nicht zur Rendite und werden von den privaten Trägern meistens als Erste dichtgemacht. Ameos und Helios suchen und wollen aber genau das: Rendite für ihre Aktionäre. Noch einmal: Wir reden hier von dem wichtigsten und intimsten gesellschaftlichen und zwischenmenschlichen Miteinander in Gesundheitsfragen und nicht von irgendeiner Dienstleistung.
Die Linke sagt deshalb: Gesundheit ist keine Ware, Krankenhäuser sind als Profitmarkt für Patienten ungesund.
(Beifall bei der Linken)
Es müsste inzwischen der Letzte gemerkt haben, dass die Privatisierung und Kommerzialisierung die medizinische Versorgung gefährdet und Rosinenpickerei befördert. Klar und deutlich formuliert: Mit der Krankheit von Menschen macht man keine Geschäfte. Gesundheitsversorgung gehört in öffentliche Hand.
(Beifall bei der Linken)
Meine Damen und Herren! Das ist auch unsere Antwort - unsere Forderung - auf die herausfordernde Situation, wie sie sich aktuell in Magdeburg mit den gemeinnützigen Pfeifferschen Stiftungen darstellt. Für die Menschen in Magdeburg und Umgebung ist es wichtig, dass die beiden Krankenhäuser in Magdeburg und in Lostau erhalten bleiben. Die drohende Insolvenz eines solch großen Gesundheitsversorgers wie den Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg ist eine akute Gefährdung der medizinischen Grundversorgung von Patientinnen und Patienten. Viele Arbeitsplätze sind zudem bedroht.
Die orthopädischen Behandlungen am Haus in Magdeburg sind deutschlandweit für ihre Qualität bekannt. Die Lungenoperationen in Lostau sind ebenso qualitativ hochwertig und geschätzt. Und erst Ende 2023 zog die so dringend benötigte Palliativstation von Pfeiffers von Cracau nach Lostau. Diese beiden Standorte brauchen also sofort und umgehend jede Unterstützung der Landesregierung, um aus dem einjährigen Schutzschirmverfahren neu aufgestellt herauszukommen.
(Beifall bei der Linken)
Ob und wie die Investitionsbank jetzt helfen kann, helfen soll, interessiert uns auch sehr. Vielleicht bekommen wir in der heutigen Debatte erste Antworten. Sollte die Rettung der Pfeifferschen Stiftungen scheitern, sind aus unserer Sicht dringend eine Rettung durch die öffentliche Hand sowie die Übernahme in den Verband der kommunalen und landeseigenen Krankenhäuser vorzunehmen - und nichts anderes.
(Beifall bei der Linken)
Natürlich sind die Länder mit ihrer planerischen und finanziellen Verantwortung für die Krankenhausplanung in der Zwickmühle. Der Noch-Bundesgesundheitsminister Lauterbach betreibt eine Kahlschlagpolitik, die nicht wenige im Gesundheitssystem, aber auch in den Landesministerien erschreckt - berechtigt erschreckt. Um es deutlich zu sagen: Seine Reform verschärft die Existenzprobleme vieler Krankenhäuser.
Nun zur Verantwortung unserer Landesregierung und ihrer Vorgängerregierungen: Das Land Sachsen-Anhalt erfüllt seit Jahren die von ihm eingegangenen Verpflichtungen nicht, die Investitionskosten bedarfsgerecht zu finanzieren. Für die, die es vergessen haben: Es gab hier auch Jahre mit Nullrunden.
Und warum kommen die Zuweisungen des Bundes nicht bei den Krankenhäusern im Land an? - Für das Jahr 2024 waren gut 31 Millionen € vom Bund angesetzt. Abgeflossen ist nicht einmal 1 Million €. In den Jahren 2025/2026 sinken die Bundeszuweisungen deutlich auf nunmehr noch gut 22 Millionen €. Auch die Abflüsse bei den Landeszuschüssen an öffentliche und gemeinnützige Krankenhäuser waren im Jahr 2024 rudimentär. Auch dafür erwarten wir eine Erklärung, Frau Gesundheitsministerin.
(Zustimmung bei der Linken)
Hinzu kommen gestiegene Energie-, Personal- und Materialkosten, die die Krankenhäuser nicht aus eigener Kraft decken können. Der Bund hat nur etwas zur Deckung der Verbrauchskosten, der direkten Behandlungskosten beizutragen. Die Investitionen müssen von den Ländern kommen; deswegen sind die Häuser jetzt auch in einer besonderen Zwangslage. Die Krankenkassen sollen aus den weiter steigenden Beiträgen ihrer gesetzlich Versicherten den Kahlschlag aus der Krankenhausreform von Herrn Lauterbach auch noch zur Hälfte mitfinanzieren.
Meine Damen und Herren! Das anhaltende Krankenhaussterben im Land besorgt die Menschen und es schwächt das Vertrauen in eine funktionierende Gesellschaft und in eine handlungsfähige Politik.
Stellvertretend für viele Kommunen müssen auch die Stadt Magdeburg und die Stadt Dessau Millionendefizite ihrer kommunalen Krankenhäuser ausgleichen, weil das Land die Investitionskosten kaum zahlt und Bundesmittel nicht weiterreicht. Dieses Agieren bzw. Nichtagieren ist skandalös; denn es geht zulasten der Gesundheit der Menschen in Sachsen-Anhalt.
Der auf der Basis des Krankenhausgesetzes Sachsen-Anhalt erstellte Krankenhausplan ist die Grundlage für den Betrieb von Krankenhäusern in Sachsen-Anhalt. Im Land fehlt es an einer verbindlichen Festlegung, welche Versorgungsstruktur tatsächlich landesbedeutsam ist. Der Krankenhausplan des Landes soll alle zwei Jahre angepasst und aktualisiert werden. Fehlanzeige: Die Gesundheitsministerin wartet tatenlos zu.
Der aktuelle Krankenhausplan galt, wie wir wissen, bis Oktober 2024; er ist aber aufgrund vieler Schließungen, wie in Bernburg, in Aschersleben oder in Halberstadt von Ameos, längst überholt.
Völlig befremdlich finde ich den angekündigten Zeitplan der Landesregierung: Jetzt soll erst im Oktober 2026 der Krankenhausplan für das Land vorliegen. Sie haben Nerven, wenn Sie das mittragen. Das Krankenhausgesetz des Landes muss jetzt an die seit Januar geltende Katastrophen-Reform von Herrn Lauterbach angepasst werden. Wir haben die Ministerin mehrfach aufgefordert, nachhaltige Planungssicherheit zu schaffen und Standorte zu benennen und zu sichern, die für Sachsen-Anhalt und vor allem auch für die Menschen im ländlichen Raum notwendig sind. Die Gesundheitsministerin hat sich allerdings in den letzten zwei Jahren jedoch hinter den Ankündigungen und Plänen des Bundes versteckt.
Ein wesentlicher Fehler der derzeitigen Krankenhausplanung ist, dass die Landesregierung sie als bloßes Bestandsverzeichnis versteht. Sie ist ohne Durchgriffsmacht: Der im Krankenhausplan verankerte Versorgungsanspruch kann und wird so regelmäßig durch die im Vordergrund stehenden wirtschaftlichen Interessen einzelner Krankenhausträger infrage gestellt.
Noch ein paar Worte zu unserem Antrag: Für uns ist die Überführung der Gesundheitseinrichtungen in die öffentliche Hand die überfällige Alternative zum marktwirtschaftlichen Denken.
(Beifall bei der Linken)
Gesundheit ist ein elementarer Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge und muss daher höchste Priorität haben - nicht die die Profite einiger weniger Investoren und Konzerne.
Wir fordern die Landesregierung auf, einen Krankenhausgipfel - gern auch vor dem Autogipfel - mit allen relevanten Akteuren einzuberufen, um zügig eine nachhaltige, soziale und gemeinwohlorientierte Krankenhausplanung vorzulegen.
(Beifall bei der Linken)
Meine Damen und Herren! Die Krankenhäuser müssen an einem Tisch mit den Krankenkassen sitzen und der Gesundheitsministerin erklären, was nötig ist. - Herr Pott meldet sich. - Die Krankenhäuser haben die Fachleute, die die Probleme kennen, benennen und ihre Lösungsvorschläge der Ministerin verständlich machen können - nicht umgekehrt.
Und - wir hatten es bereits vor zwei Jahren beantragt - es müssen endlich die finanziellen Mittel bereitgestellt werden, um mit einem Rettungsschirm die akut bedrohte Krankenhauslandschaft zu stabilisieren.
Im aktuellen Fall fordern wir, die Krankenhäuser der Pfeifferschen Stiftungen in Magdeburg und in Lostau im Falle eines Verkaufes in die öffentliche Hand zu überführen, um deren zukünftigen Bestand zu sichern - und nicht über die kurzfristigen Gewinninteressen von Ameos und Co. weiter unsicher zu halten.
Dass das funktioniert, zeigt übrigens das Beispiel Seehausen, wo die Salus eingestiegen ist, um im unterversorgten Norden des Landes die medizinische Versorgung für die Region zu erhalten.
Außerdem sind die Arbeitsplätze und die Perspektiven der Beschäftigten in den betroffenen Einrichtungen zu sichern, wenn die Insolvenz tatsächlich eintritt.
(Beifall bei der Linken)
Grundsätzlich braucht es auf der Bundesebene eine gesetzliche Regelung, die die Übernahme von Gesundheitseinrichtungen in öffentliche Trägerschaft erleichtert und so künftigen Versorgungskrisen vorbeugt.
In Zeiten, in denen marktwirtschaftliche Strukturen und Gewinnmaximierung zunehmend zu Versorgungsengpässen und sozialen Benachteiligungen führen, muss die öffentliche Hand ihre Verantwortung wahrnehmen.
Regionale Klinikverbünde unter dem Dach einer Landeskrankenhausgesellschaft sind der zukünftige Weg.
Das Harakiri von Ameos im Salzlandkreis im vergangenen Jahr zeigte sehr, sehr anschaulich, wie nebensächlich für die Schweizer eine Notfallversorgung oder auch eine Chirurgie sind.
Seehausen zeigt dagegen, dass es funktionieren kann, wenn der politische Wille da ist.
Das muss unser aller Anspruch ein, wenn wir die Krankenhauslandschaft in unserem Land nicht vollständig gegen die Wand fahren wollen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
(Beifall bei der Linken)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Nun hat Herr Pott eine Frage. Wollen Sie sie zulassen?
Eva von Angern (Die Linke):
Ja, Herr Präsident.
Vizepräsident Wulf Gallert:
Sie lässt sie zu. - Dann können Sie sie stellen. Bitte.
Konstantin Pott (FDP):
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Frau von Angern, ich habe eine Nachfrage, da Sie ja jetzt so einen Krankenhausgipfel mit allen relevanten Akteuren machen wollen. Ich habe dazu zwei Fragen. Erstens. Zählen Sie für Sie zu den relevanten Akteuren auch die privaten Krankenhäuser, die im Land schon eine Rolle spielen? Oder - das wäre die zweite Nachfrage - kommt da aus Ihrer Fraktion nur so ein verächtliches Schnauben wie gestern in der Obleutebesprechung?
Eva von Angern (Die Linke):
Das verächtliche Schnauben kann ich nicht bewerten, ahne aber, dass es dafür einen Grund gab. Aber ich finde, wir sollten das hier nicht besprechen, wenn nicht alle alle Fakten kennen.
Bei den Akteuren bin ich durchaus offen. Aber wir als Linke sagen ganz transparent - ich glaube, das wissen wahrscheinlich alle, die hier im Raum sind , unser Ziel ist tatsächlich, dass Krankenhäuser in die öffentliche Hand übergehen.
Das sagen wir, weil wir immer wieder feststellen - die Grundlagen dafür sind leider in den 190er-Jahren gelegt worden -, dass es bei Gesundheitsfragen, bei Krankenhäusern vor allem darum geht, Geld zu verdienen, und es nicht mehr darum geht, Menschen zu heilen, Menschen gesund zu machen, und das ist ein völlig anderer Ansatz als der, den Sie verfolgen. Insofern kann ich gut auf die privaten Krankenhäuser verzichten.