Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren!
(Unruhe)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Warten Sie einmal, Frau Sziborra-Seidlitz. - Jetzt noch einmal die Bitte. Hier ist ein Geräuschpegel, der so nicht geht. Wir sind bald am Ende der Sitzung. Ich bitte noch einmal ausdrücklich darum, jetzt ein wenig Disziplin an den Tag zu legen. Wer sich für die kleinen Kinder nicht interessiert, der möge bitte hinausgehen, aber sozusagen nicht permanent über mehrere Bänke reden.
Jetzt, Frau Sziborra-Seidlitz.
Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):
Sehr geehrter Herr Präsident, vielen Dank. - Sehr geehrte Damen und Herren! Wir alle - zumindest die Sozialpolitikerinnen unter uns - erinnern uns: Monat für Monat saßen wir im letzten Jahr mit dem Kita-Fachkräfteverband und Ver.di zusammen. Runde um Runde drehte es sich um das Thema Arbeitsbedingungen in unseren Kitas. Wir sahen Präsentationen, Zahlen und Vergleiche und hörten Berichte und wissenschaftliche Empfehlungen. Gekrönt wurde das vom Aktionstag auf dem Domplatz im Sommer letzten Jahres. Daran sollten sich nun wirklich alle in diesem Hohen Haus erinnern.
Worum ging es bei alledem? - Es ging um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Kitas in Sachsen-Anhalt, um die Verbesserung der Fachkraft-Kind-Relation, um die Anerkennung von Weiterbildungs-, Vor- und Nachbereitungszeiten, um das Stundenkontingent der Kita-Fachkräfte und um die realistische Abbildung von Krankzeiten.
Selbst diejenigen, die bei Arbeitnehmerrechten eher nicht dazu neigen entgegenkommend zu sein, die bei dem Thema hohe Arbeitsbelastung mit den Schultern zucken oder abwinken, sollten an dieser Stelle hoch aufmerksam mitziehen; denn es geht um das Wohl unserer Kinder. Das, was wir wollen und was Inhalt dieser Runden im letzten Jahr war, ist hoch qualitative frühkindliche Bildung mit stabilen und vertrauensvollen Bindungen zwischen Kindern und pädagogischem Fachpersonal, mit Zeiten für die Vor- und Nachbereitung, mit Personal, das Kinder ganz im Sinne des Bildungsprogramms begleitet, fördert und stärkt.
Was wir jetzt vielerorts stattdessen haben, ist eine reine Betreuung, wenn nicht gar Aufbewahrung. Wenn nur die Sicherheit und die Nichtgefährdung der Kinder gesichert werden können, aber frühkindliche Bildung im eigentliche Sinne auf der Strecke bleibt, weil es nicht leistbar ist, dann kann einem der Begriff „Massenkinderhaltung“ in den Sinn kommen. Das ist kein Zustand.
Was dagegen helfen könnte: Die offensive Nutzung der sogenannten demografischen Rendite, also die Nutzung der zurückgehenden Kinderzahlen, um das Fachkraft-Kind-Verhältnis zu verbessern, indem wir die beschäftigten Erzieherinnen auch bei weniger Kindern einfach behalten.
(Zustimmung von Olaf Meister, GRÜNE)
Die vorliegende Beschlussempfehlung benennt dies auch, ist aber ansonsten eher ein Versprechen als ein verbindlicher Auftrag an die Landesregierung.
Ich will zwei Punkte des Antrags hervorheben, die verheißungsvoll klingen: Das Bekenntnis des Landtags zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen in den Kitas ist schön und gut. Nur: wie, wann und in welchem Umfang? Und dann sogar die Anerkenntnis der Chance auf die demografische Rente. Aber: Wollen wir diese Chance auch nutzen? Wie, wann und in welchem Umfang?
Es bleiben also mehr Fragen offen, als geklärt werden. Aber immerhin steht sogar der letzte beschlossene Haushalt dieser Legislaturperiode diesem Unterfangen nicht grundsätzlich im Weg. Die Absicht ist formuliert. Prinzipiell ist die Landesregierung in dieser Hinsicht noch handlungsfähig. Die vorliegende Beschlussempfehlung vermeidet allerdings Verbindlichkeit. Deswegen können wir nur das Beste hoffen und uns der Stimme enthalten. - Vielen Dank.
(Beifall bei den GRÜNEN)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Zum Abschluss Frau Gensecke für die SPD. - Ach, Entschuldigung, das hatte ich nicht gesehen, Frau Gorr, bitte.
Angela Gorr (CDU):
Macht nichts, ich mache es auch ganz kurz. - Ich wollte nur eine persönliche Anmerkung machen. Das Wort „Massenkinderhaltung“ finde ich etwas unangebracht.
(Beifall bei der CDU und bei der FDP)
Vizepräsident Wulf Gallert:
Sie können darauf reagieren, Frau Sziborra-Seidlitz.
Susan Sziborra-Seidlitz (GRÜNE):
Vielen Dank für den Hinweis. Ich werde beim nächsten Mal die Gänsefüßchen anzeigen. Das war tatsächlich als ironische Überspitzung gemeint. Selbstverständlich ist es nicht wortwörtlich gemeint.