Guido Heuer (CDU): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um einmal mit der Fensterdebatte anzufangen: Das ist schon eine Schockdebatte, die dazu taugt, dass die Stimmung sogar kippt.

(Sebastian Striegel, GRÜNE: Weil sie die Arbeitsweise der Koalition offenlegt! - Oh! bei der CDU)

- Herr Striegel, wissen Sie, ich bin froh, dass mein Vorgarten keine Stimme hat.

Sehr geehrter Herr Siegmund, Sie rufen hier meiner Fraktion zu, dass wir endlich die Probleme in unserem Land lösen sollen. Aber anstatt hier über echte Probleme zu diskutieren und gesetzgeberische Lösungen zu beschließen, beantragen Sie eine Aktuelle Debatte, in der Sie sich in Ihrer Opferrolle zu Wahlkampfzwecken inszenieren.

Und wenn wir zu dem zurückkommen, was Sie vorhin gesagt haben, als es darum ging, dass manche an den Mandaten kleben - Herr Roi ist gerade nicht da - den haben Sie aus Ihrer Fraktion ausgeschlossen.

Also, auch AfD-Mitglieder scheinen an Mandaten zu kleben. Das gehört dann auch zur Wahrheit dazu.

Wir hätten in den letzten anderthalb Stunden - vielleicht sind es sogar schon zwei Stunden - mit Sicherheit über wichtigere Dinge wie das Gesundheitswesen diskutieren können.

(Beifall bei der CDU)

Denn das interessiert die Menschen in diesem Land wirklich und nicht dieses Theater, das hier heute aufgeführt wird. Das ist im Endeffekt nichts anderes als die Fortsetzung von gestern Abend.

(Zuruf von der CDU: Ja! - Zuruf von der AfD: Ihr habt doch gar keine Ahnung!)

Sie wollen sich lieber mit sich selbst beschäftigen. Sie möchten über die Normalisierung Ihrer Partei reden. Aber dazu hätte ich dann schon noch die eine oder andere Frage. 

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

Nachdem hier im Mai 2022 einmal wieder ein Vizepräsident durchgefallen war, sagte Ihr Fraktionsvorsitzender, Herr Kirchner, laut Verfassungsschutzbericht: „Da fand ich selbst die DDR-Rechtslage besser.“ 

(Olaf Meister, GRÜNE, lacht)

Das erinnert mich an die Hufeisentheorie. Aus dem Bundestag höre ich von Frau Reichinnek „Auf die Barrikaden!“. Die kann Sie genau da in Empfang nehmen.

(Oliver Kirchner, AfD: Nein!)

Eines muss ich auch noch dazu sagen. In demselben Jahr sagt Herr Tillschneider auf Ihrem Parteitag   ich zitiere  : 

„Unser Partner, das ist der Widerstand […]. Ich reiche jedem, der in diesen Tagen gegen das Altparteienregime der Deutschlandplünderer auf die Straße geht, die Hand.“ 

(Zuruf von der AfD: Ja! - Zuruf von Frank Otto Lizureck, AfD)

Das passt genau zu dem Empfang auf den Barrikaden, von dem ich gerade sprach. Wenn das Ihre Auffassung von Politik und von Demokratie ist, dann leben wir irgendwann wirklich in einem anderen Land.

(Zustimmung bei der CDU - Tobias Rausch, AfD: Die Rede ist so schlecht, da klatscht noch nicht einmal die eigene Partei!)

- Ja, ja, Herr Rausch.

(Tobias Rausch, AfD: Ein bisschen deutlicher sprechen, würde weiterhelfen!)

Herr Rausch, gestern hat Herr Büttner gemeint, dass ich keine Ahnung hätte. Sie haben mir einmal unterstellt, dass ich keine Ahnung von Wirtschaft habe.

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

Wenn Ihnen die Argumente ausgehen, dann fangen Sie an, persönlich zu beleidigen. Das ist die Wahrheit.

(Zustimmung bei der CDU)

Nach dem, was wir hier alles gehört haben - ich will aus der letzten Wahlperiode mit „Geschwüren am deutschen Volkskörper“ gar nicht zitieren -, sage ich an dieser Stelle ganz klar: Solange das so ist, ist an Ihrer Partei gar nichts normal. Das beweist, dass Teile Ihrer Partei nicht zu den fundamentalen Werten unserer Republik und meiner Partei, der Christdemokratischen Union Deutschlands, steht.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und von Olaf Meister, GRÜNE)

Sie betrachten den Bundestag und auch diesen Landtag als reine Bühne für kleine Clips auf Social Media.

(Sandra Hietel-Heuer, CDU: Ja!)

Es ist Ihre Partei, die mit Ihren Worten unser Land spaltet.

(Zustimmung bei der CDU, bei der SPD und von Olaf Meister, GRÜNE)

Sie adressieren genau damit Ängste, weil Sie nur Schwarz und Weiß kennen und keine Grautöne.

(Tobias Rausch, AfD: Ja, klar! - Ulrich Siegmund, AfD: Blau!)

Das sind billige Parolen von Ihrer Seite. Sie hoffen damit auf Stimmenfang für die bevorstehende Bundestagswahl. Ich zitiere dazu einmal Franz Josef Strauß: Rechts von uns ist nur noch die Wand.

(Zustimmung bei der CDU - Oliver Kirchner, AfD: Das ist lange her!)

Wir stehen hier. Hier kommt die Wand. Leider war das unter Angela Merkel nicht immer der Fall.

(Oliver Kirchner, AfD: Das stimmt!)

Und da hat sich eine von Herrn Lucke gegründete Partei dazwischengesetzt. Teile Ihrer heutigen Partei haben überhaupt keine Scheu, diese demokratische Wand zu überschreiten. Das ist die Wahrheit.

(Zustimmung bei der CDU)

Denn hinter dieser Wand stehen nicht die Rechten, dahinter stehen die Rechtsextremen. Das gehört zur Wahrheit.

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

- Ja, ja, genau, Herr Rausch.

Und diese Rechtsextremen wollen die freiheitlich-demokratische Grundordnung beseitigen. 

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

Und wir werden, so wie wir hier sitzen, nicht     

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

- Ja, werden Sie laut. Ja, ja.

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

- Sie können nicht zuhören. Sie können keine Kritik vertragen.

(Tobias Rausch, AfD: Ich kann Kritik vertragen!)

- Ja, das habe ich gestern gemerkt bei Ihrem Kollegen Rausch und von Ihnen persönlich auch. 

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

- Ja, ja, ja. - Wir als CDU und auch diese Deutschlandkoalition werden nicht zulassen, dass politische Extreme die Verantwortung in unserem Land tragen dürfen.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD - Zuruf von der AfD)

Meine Fraktion hat dazu seit dem Jahr 2016 einen klaren Kurs: abgrenzen, aber nicht ausgrenzen.

(Zustimmung von Sandra Hietel-Heuer, CDU - Tobias Rausch, AfD: Das haben wir bei Holger Stahlknecht gesehen!)

Es gibt in Sachsen-Anhalt keinerlei Zusammenarbeit mit der AfD, keine Absprachen, keine Koalition, keine Tolerierung. - Punkt. Wir grenzen uns ab, indem wir eigene Lösungen für die Herausforderungen in Deutschland vorlegen; Lösungen, die eben nicht auf extremem Gedankengut basieren, sondern die sachorientiert Probleme beseitigen.

(Zurufe von Oliver Kirchner, AfD und von Frank Otto Lizureck, AfD)

Gerade mit dem gestrigen Antrag zur Migration hat sich die AfD doch selbst entlarvt.

(Zuruf von Nadine Koppehel, AfD)

Sie hat keine eigenen Lösungen für die Probleme in unserem Land. In Ihren Anträgen zur Migrationspolitik zeigt diese Partei wiederum - wie ich es vorhin gesagt habe -, dass sie nur schwarz und weiß kennt. Und auf so etwas werden wir uns als Union niemals einlassen. Wir regieren sachorientiert und mit klarem Wertekompass.

(Zustimmung bei der CDU - Oliver Kirchner, AfD: Das waren die Forderungen aus Ihrem Antrag! Was erzählen Sie denn? Was ist denn da los? - Zuruf von Tobias Rausch, AfD)

Sie haben gestern vor allem einmal wieder unter Beweis gestellt. Die Äußerung von Ihrem Kollegen Büttner hat das zum Schluss bewiesen, als er keine Argumente hatte. Er ist auf keinen Punkt eingegangen.

(Zurufe von Tobias Rausch, AfD, und von Rüdiger Erben, SPD - Weitere Zurufe von der AfD)

Im Endeffekt hat er persönlich diffamiert. - Punkt. 

(Zuruf von Tobias Rausch, AfD - Weitere Zurufe von der AfD - Unruhe)

Warum bringen Sie das an? Warum soll ein Landesgesetzgeber etwas beschließen, dem der Bundestag schon zugestimmt hat? Was soll denn das? Was ist denn das für ein Unsinn?

(Zustimmung bei der CDU - Zurufe von der AfD)

Gestern ging es Ihnen nur um die Show. Sie fordern uns nicht zu einer Zusammenarbeit auf. Ihr Ziel ist es, uns zu ersetzen.

(Beifall bei der AfD - Zustimmung von Frank Bommersbach, CDU - Jawohl! bei der AfD)

Das werden wir nicht zulassen.

- Ja, träumen Sie weiter. Träumen Sie weiter. Träumen Sie weiter.

(Oliver Kirchner, AfD: Jetzt hat er es! - Lachen bei der AfD - Stefan Ruland, CDU: Jetzt habt ihr es uns aber einmal gegeben! - Zurufe von der AfD)

- Jetzt haben wir es. Ja, Herr Kirchner, jetzt haben wir es.

(Tobias Rausch, AfD: Jetzt hat er den Faden verloren!)

- Nein, ich habe den Faden nicht verloren. Ich lasse Ihnen nur Zeit zum Feiern.

(Zuruf von der AfD: Ja, das ist gut!)

Sie werden Ihr Waterloo schon noch erleben.

(Zuruf von der AfD: Was?)

Vor dem Hintergrund der schrecklichen Gewalttaten der vergangenen Woche hat Friedrich Merz klargemacht, dass es ihm um die Sache geht. Und er meint es ernst, ob Ihnen das passt, ob Sie es glauben oder nicht.

(Zurufe von der AfD)

Aufgrund der unkontrollierten Migration hat Deutschland mittlerweile ein ausgewachsenes Sicherheitsproblem.

(Zurufe von Oliver Kirchner, AfD und von Frank Otto Lizureck, AfD)

Dieses Problem muss an der Wurzel bekämpft werden. Offensichtlich kann die Polizei nicht jeden Gefährder dauerhaft kontrollieren, wenn davon Dutzende im Land sind. Genau deshalb, im Sinne einer besseren Überwachung, setzen wir uns für einen konsequenteren Einsatz z. B. von Fußfesseln für Gefährder ein.

Aber natürlich dürfen die in erster Linie gar nicht ins Land kommen. Denn wir reden hierbei über irreguläre Migration. Was irregulär ist, dürfte es eigentlich gar nicht geben. Deshalb unterstützen wir die bundespolitischen Maßnahmen von Friedrich Merz.

Deutschland braucht aus unserer Sicht dauerhafte Grenzkontrollen und eine effektive Zurückweisung illegaler Einwanderer. Deutschland braucht endlich eine wirksame Abschiebeinitiative, nicht nur für Straftäter, sondern für alle ausreisepflichtigen Ausländer. Zur Lösung des Sicherheitsproblems braucht Deutschland den Fünfpunkteplan der Union. Und was Deutschland braucht und was in der Sache richtig ist, wird doch nicht falsch, nur weil die Falschen zustimmen.

Der Noch-Bundeskanzler macht es doch vor. Im Bundestag hat Olaf Scholz immer wieder das gemeinsame europäische Asylsystem als Lösung angeführt. Und ja, das ist ein wichtiger Schritt. Ja, es ist richtig, wenn Flüchtlinge künftig an der europäischen Außengrenze registriert werden und ihr Verfahren durchlaufen, ohne in die EU zu kommen.

Aber hat er sich auch einmal angeschaut, wer dem Migrationspakt im Europäischen Rat zugestimmt hat? - Die Regierungen von Viktor Orbán und von Giorgia Meloni. Ich sage ganz klar: Dadurch werden diese europäischen Maßnahmen nicht falsch. Es zeigt einfach, dass die Argumentation von Linken und GRÜNEN nicht trägt.

Herr Kosmehl, jetzt komme ich auch einmal zu dem besagten 29. Juni, und sehr geehrte Kollegin von Angern, ja, ich habe mich bei Ihnen persönlich und auch bei den GRÜNEN für die ein oder andere Hilfe bedankt. Aber Tatsache ist, dass die AfD am 29. Juni die Auszählung beantragt hat. Die erste Abstimmung nehme ich Ihnen gar nicht übel, aber die zweite kann man Ihnen übelnehmen.

(Zuruf von Sebastian Striegel, GRÜNE)

- Doch, mit Ihrer zweiten Zustimmung zu diesem Antrag haben Sie der AfD dazu verholfen, hier johlen zu können: So geht Mehrheit!

(Zuruf von der CDU: Ja! - Zurufe von Sebastian Striegel, GRÜNE, und von Alexander Räuscher, CDU)

Sie haben beide zustimmt.

(Zurufe von Alexander Räuscher, CDU und von Sebastian Striegel, GRÜNE)

- Ich stelle nur fest, wie es war; das kann man im Protokoll nachlesen.

(Alexander Räuscher, CDU: Das habe ich auch angemerkt, Herr Meister! - Sebastian Striegel, GRÜNE: Liebe Leute, die sitzen im „Il Capitello“ und Sie machen uns Vorwürfe! - Oh! bei der CDU - Zuruf von der CDU: Grüne Steigbügelhalter! - Weitere Zurufe - Sebastian Striegel, GRÜNE: Arbeitsverweigerung!)

An der Stelle streue ich natürlich Asche auf unser Haupt, weil wir hier nicht vollzählig waren. Das geht gar nicht. Aber Tatsache ist, dass Sie den Weg für das Gejohle von der Seite geebnet haben.

(Guido Kosmehl, FDP: Sie haben sich die Mehrheiten geholt! - Zuruf von Olaf Meister, GRÜNE)

- Genau. - Damit haben Sie, Herr Meister, die Brandmauer überschritten.

(Olaf Meister, GRÜNE: Ich, ha! - Lachen bei den GRÜNEN)

Wenn Sie bei einer Auflistung von Festen und Tänzen mit der AfD abstimmen, brauchen Sie uns keine Vorträge zu halten. Die Union hat Ihren Plan für ein sicheres Deutschland in den Bundestag, in dem es keine Koalitionsmehrheit mehr gab, eingebracht. Wir wollten mit unserer Überzeugung die echten Probleme der Bürger lösen. Dafür kann man weder Friedrich Merz noch der Union einen Vorwurf machen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Herr Heuer, es gibt eine Frage von Herrn Striegel.


Guido Heuer (CDU):

Ich höre sie mir erst einmal an.


Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:

Sie hören Sie sich erst einmal an. - Herr Striegel, bitte schön.


Sebastian Striegel (GRÜNE):

Herr Heuer, ich habe eine Frage an Sie bezüglich des Fünfpunkteplans.

(Frank Bommersbach, CDU: Oh!)

Selbst Friedrich Merz hat inzwischen mit Blick auf einen der Bestandteile dieses Fünfpunkteplans gesagt: Da haben wir uns vergriffen, das scheint nicht durchführbar zu sein. - Ich glaube, das war seine Formulierung. Das betrifft die Inhaftierung von Ausreisepflichtigen.

(Zuruf von Stefan Ruland, CDU)

Wir haben gestern gehört, dass das in Sachsen-Anhalt etwa 800, vielleicht 1 000 Personen sind. Mich interessiert Folgendes: Wenn Sie sich weiterhin hinter diesen Fünfpunkteplan stellen und diesen mit Verve verabschieden wollen - ich sage, der taugt nichts, der ist europafeindlich -, gilt das dann auch für den Punkt, den Friedrich Merz inzwischen als nicht durchführbar erkannt hat? Oder gilt das nicht? Ist es ein Fünf- oder ist es ein Vierpunkteplan bei Ihnen?


Guido Heuer (CDU):

Herr Striegel, auch über Ihr Stöckchen werde ich nicht springen und das kann ich auch begründen.

(Lachen bei der CDU)

Denn egal, ob es Entschließungsanträge oder Gesetze sind - das verhält sich hierbei nicht anders -, sie gehen in der Regel in den Ausschuss, werden beraten und auf Rechtssicherheit überprüft. Und das, was rechtssicher ist, wird beschlossen. - Punkt, Ende der Veranstaltung. Und hören Sie auf, uns Stöckchen hinzuhalten.