Konstantin Pott (FDP): 

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Frage nach der Krankenhausversorgung war, ist und bleibt auch heute und in den kommenden Wochen und vermutlich auch Monaten ein zentrales Thema, das die Menschen im Land bewegt. Trotz der Verabschiedung der Krankenhausreform herrscht weiterhin eine große Unsicherheit. Gerade für das Land Sachsen-Anhalt mit seinen besonderen Herausforderungen und Gegebenheiten braucht es daher eine klare Strategie. Ein klarer Plan, wohin das Land gehen möchte, ist wichtig, damit wir auch mit den Planungen, mit den konkreten Krankenhausplanung, beginnen können. 

Bevor ich konkret auf das Thema der Aktuellen Debatte und den Antrag eingehe, möchte ich ganz kurz den Rahmen umreißen und auf die Krankenhausreform des Bundes eingehen. Das Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz bildet die gesetzliche Grundlage für die Reform und verfolgt das Ziel, die Krankenhausstruktur grundsätzlich zu verändern. Dabei sollen Krankenhäuser verschiedene Leistungsgruppen zugewiesen bekommen und dann in Versorgungslevel eingeteilt werden. Zudem soll es eine Abkehr vom reinen DRG-System, also dem reinen Fallpauschalensystem geben, und ergänzend eine Vorhaltevergütung, Vorhaltefinanzierung eingeführt werden, um den wirtschaftlichen Druck von den Kliniken zu nehmen bzw. diesen zu verringern. 

Ich sage es an dieser Stelle ganz direkt: Durch diese Vorhaltefinanzierung wird massiv Bürokratie aufgebaut und das eigentliche Problem wird dadurch nicht gelöst. Deswegen hätte es diesbezüglich Nachverhandlungen gebraucht. 

Es zeigt sich auch schnell das Problem, dass das KHVVG die unterschiedlichen Situationen der unterschiedlichen Bundesländer zu wenig berücksichtigt. Ich halte es für falsch, wenn Krankenhäuser, die gute Arbeit leisten, am Ende auf Ausnahmeregelungen angewiesen sein könnten. Genau dazu könnte es aber kommen. Deshalb hätte ich mir an dieser Stelle gewünscht, dass es zu einer Nachverhandlung im Vermittlungsausschuss kommt. Nun stehen wir aber vor diesen geänderten Rahmenbedingungen und müssen damit umgehen und als Land Lösungen finden. 

Die Krankenhäuser stehen aber generell vor Herausforderungen, z. B. vor finanziellen. Die wirtschaftliche Situation vieler Kliniken ist angespannt. Die aktuelle Struktur des Vergütungssystems hat daran mit Sicherheit auch Anteile. Zu lange dauern Anpassungen an die gestiegene Inflation, an den Anstieg der Energiekosten oder an Tarifsteigerungen. Krankenhäuser sind in der Situation, gestiegene Kosten nicht durch eine Erhöhung von Preisen weitergeben zu können. Deshalb sind sie darauf angewiesen, dass genau diese Haupteinnahmequelle, nämlich die Fallpauschalen, in solchen Situationen ansteigen. Wenn das aber nur in sehr geringem Maße oder fast gar nicht passiert, während eine hohe Inflation vorhanden ist, dann führt das logischerweise zu Problemen. Ich glaube, dass das DRG-System auch an dieser Stelle verbessert und weiterentwickelt werden kann.

Ein zweites großes Problem ist der Mangel an Fachkräften. Auch in den kommenden Jahren wird sich dieses Problem eher verschärfen als verbessern. Der demografische Wandel sorgt dafür, dass es immer mehr ältere Menschen in unserem Land gibt, die häufiger auf eine Gesundheitsversorgung angewiesen sind, während gleichzeitig weniger junge Menschen in die medizinischen Berufe nachrücken. 

Wir stehen also vor verschiedenen Herausforderungen. Die Bevölkerung in Sachsen-Anhalt ist deutschlandweit mit am ältesten. Wir sind bei dem demografischen Wandel also schon deutlich weiter fortgeschritten als die anderen Bundesländer. 

Zudem ist Sachsen-Anhalt ein Flächenland. Eine Basis für die Notfallversorgung muss flächendeckend und möglichst wohnortnah sichergestellt werden. Aber daraus ergeben sich wiederum andere Herausforderungen als z. B. in Nordrhein-Westfalen. 

Gerade das zeigt auch, weshalb die Krankenhausreform nicht einfach so auf das Land angewendet werden kann. Man kann aktuell zwar noch keine finale Beurteilung der Krankenhausreform vornehmen, weil die Leistungsgruppen noch nicht vorliegen, aber Probleme sind schon im Vorfeld deutlich geworden. 

Umso wichtiger ist es, dass die Landesregierung selbst aktiv wird. Es braucht Planungssicherheit und aus unserer Sicht ein Konzept, das die realen Gegebenheiten in Sachsen-Anhalt berücksichtigt. Genau aus diesem Grund haben wir einen eigenen Vorschlag entwickelt, der auf fachlichen Gesprächen und den Ergebnissen des Gutachtens der PD beruht. 

Wichtig ist: Wir müssen die Debatte führen und wir müssen endlich dahin kommen, über konkrete Vorschläge und Ideen zu diskutieren. Unser Konzept soll genau dafür eine Diskussionsgrundlage sein. Klar ist dabei auch, dass die Situation insgesamt dynamisch ist. Deshalb werden wir unser Konzept immer wieder weiterentwickeln, fachliche Anregungen einfließen lassen und Veränderungen in der Krankenhauslandschaft berücksichtigen. 

Lassen Sie uns diese und anderen Diskussionspapiere nutzen, um fachlich ins Gespräch zu kommen und möglichst ohne Schaum vor dem Mund darüber zu diskutieren, wie wir eine Krankenhauslandschaft in Sachsen-Anhalt hinbekommen, die zukunftsfähig und im Sinne der Patienten ist. 

Ich möchte mich jetzt auf den vorliegenden Antrag und die Forderungen der Linken beziehen. Er zielt zumindest unterschwellig darauf ab, alle Krankenhäuser in die öffentliche Hand zu überführen, 

(Zuruf von der Linken) 

auch wenn die Forderung nicht ganz so klar formuliert wurde. In der Konsequenz läuft es aber darauf hinaus. Sie wollen einen vereinfachten Übergang, aber Sie sagen nicht, dass am Tag X alle Krankenhäuser sofort in die öffentliche Hand überführt werden müssen - so will ich es einmal formulieren. 

Aus unserer Sicht kann und darf das nicht das Ziel sein, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linken! Auch die Krankenhausgesellschaft des Landes sieht das im Übrigen nicht so. Eine Trägervielfalt ist nämlich sinnvoll. Sie sorgt dafür, dass Innovationen und neue Ansätze möglich sind. Sie sorgt für Weiterentwicklung und sie sorgt dafür, dass unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt werden können und gesetzt werden. 

Gern kommen Sie mit Ihrer Aussage, dass Gesundheit keine Ware sei und dass das System der Fallpauschalen und der damit verbundene wirtschaftliche Druck an allem schuld seien. Aber kommen wir doch einmal darauf zu sprechen, welches System möglicherweise nachfolgen könnte. Es gibt zwei Möglichkeiten. 

Eine Möglichkeit wäre es, zu dem alten System der Krankenhausfinanzierung zurückzugehen, also dem System vor dem DRG-System. Damals war es so, dass es Tagespauschalen gab. Das führte dazu, dass Patienten, ohne dass es medizinisch notwendig war, in Krankenhäusern gehalten wurden, weil es sich gelohnt hat. Man hat also künstlich die Betten ausgelastet. Ich glaube, im Sinne der Patienten und der Menschen im Land ist das definitiv nicht. 

Oder wollen Sie vielleicht einen Weg ohne jeglichen wirtschaftlichen Druck gehen und die Krankenhäusern komplett finanzieren? Wir können uns gern anschauen, welche Einrichtungen in Deutschland komplett ohne diesen wirtschaftlichen Druck arbeiten. Das sind in der Regel Behörden. Wenn man jetzt meint, Krankenhäuser sollten so arbeiten wie Behörden, dann wäre das, glaube ich, nicht im Interesse der Patientinnen und Patienten im Land. Das wäre in meinen Augen auch nicht sinnvoll. 

(Beifall bei der FDP)

In unseren Augen ist es relevant, wenn man die Krankenhausversorgung im Land Sachsen-Anhalt insgesamt in den Blick nehmen möchte, eben auch offen für Ansätze zu sein, die private Krankenhäuser haben. Sie nehmen einen Teil der Versorgung ein. Wenn es einem wirklich um die Krankenhausversorgung und um die Versorgung der Patienten im Land Sachsen-Anhalt geht, dann ist man dafür offen und sagt nicht, dass man auf diese verzichten kann. Sie nehmen nämlich einen wichtigen Teil ein. Das hat in meinen Augen gezeigt, dass Ihr Antrag eher ideologisch getrimmt ist, als wirklich eine Verbesserung der Versorgung im Land zu forcieren. 

Ich möchte auch auf einen Punkt eingehen, der immer wieder in den Raum gestellt wird. Es wird immer wieder so getan, als wäre dieses DRG-System an allem schuld. Aber wenn wir uns anschauen, was es mit sich gebracht hat, dann wird eines ganz gern vergessen: Das DRG-System hat nämlich dazu geführt, dass die Krankenhäuser insgesamt deutlich effizienter und effektiver arbeiten, also dass mehr Patienten versorgt werden können, dass Patienten besser versorgt werden können. Ich glaube, das ist ein ganz entscheidender Punkt. Das System ist nicht perfekt, aber man sollte auch immer überlegen, was am Ende im Sinne der Patienten ist. Ich halte das aktuelle System für eine Grundlage, die es weiterzuentwickeln gilt, die es aber keinesfalls komplett abzuschaffen gilt. 

(Zustimmung bei der FDP)

Es sollte klar sein, dass Sachsen-Anhalt ein eigenes Konzept benötigt, um die Krankenhausversorgung zu stärken und die Häuser zu unterstützen, und zwar im Sinne der Planungssicherheit für die Häuser und vor allem im Sinne der Patienten. Es braucht eine Strategie. Unser Konzept kann, wie ich bereits sagte, hierfür eine Diskussionsgrundlage sein. Gleichzeitig müssen wir immer berücksichtigen, dass die Situation dynamisch ist und wir Weiterentwicklungen vornehmen müssen. 

Wichtig ist eine wohnortnahe Basis- und Notfallversorgung, eine Trägervielfalt innerhalb der Krankenhauslandschaft und das Ermöglichen eines Wettbewerbs zwischen den Häusern. Auch Kooperationen und die Übernahme der Investitionskosten vonseiten des Landes sind wichtig. Wir brauchen den Plan, um zu wissen, welches Krankenhaus am Ende welche Leistungen übernehmen soll und wo es dann diese Investition braucht. Genau dafür brauchen wir diese Debatte und genau dafür braucht das Land ein Konzept. 

Es reicht nicht aus abzuwarten. Sachsen-Anhalt muss seinen Planungsauftrag erfüllen. Aus unserer Sicht geht Ihr Antrag in die falsche Richtung. Aber wir sind in einer Koalition und in einer solchen gibt es natürlich auch unterschiedliche Auffassungen. Deswegen werden wir den Antrag an den Ausschuss überweisen und dort gern weiter darüber diskutieren. - Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Herr Pott, es gibt eine Frage von Frau Heiß. Wollen Sie sie zulassen?


Konstantin Pott (FDP): 

Ja. 


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Frau Heiß, bitte. 


Kristin Heiß (Die Linke): 

Sie haben gerade so ein bisschen ein Loblied auf die privaten Krankenhausträger gesungen. Wenn ich den Plan, den die FDP-Fraktion vorgelegt hat, richtig in Erinnerung habe, dann ist es für den Landkreis Anhalt-Bitterfeld wie folgt: Das Städtische Klinikum in Dessau ist knorke, 

(Eva von Angern, Die Linke: Alternativ: dufte!)

kann erhalten bleiben. Das Goitzsche-Klinikum, das ebenfalls in staatlicher Hand ist, ist auch knorke. Aber das Krankenhaus in Köthen, das von Helios, einem privaten Krankenhausträger getragen wird, muss weg. 


Konstantin Pott (FDP): 

Das steht gar nicht drin. 


Kristin Heiß (Die Linke): 

Das passt so gar nicht in Ihren Plan. Vielleicht können Sie mir das kurz erklären. 

(Zustimmung bei der Linken)


Konstantin Pott (FDP): 

Erstens. Ich habe keine Lobeshymne auf die privaten Krankenhäuser gesungen, sondern ich habe schlicht und einfach festgestellt, dass sie einen relevanten Anteil an der Krankenhausversorgung, an der Versorgung von Patienten im Land haben. 

(Zustimmung bei der FDP)

Das ist eine Realität, die man anerkennen sollte. 

Zweitens. Ich komme zu unserem Konzept. Sie haben Dinge genannt, die gar nicht darinstehen. Wir haben uns die Versorgungssituation angeschaut und haben daraus resultierend eine Einschätzung der Versorgung abgeleitet. Das ist eine Diskussionsgrundlage, über die wir gern inhaltlich diskutieren können. 

Aber natürlich schauen wir bei einer Beurteilung, welches Krankenhaus in Zukunft welche Rolle einnehmen soll, in erster Linie darauf, welches Krankenhaus wo welche Qualität sicherstellen kann, und nicht wer der Träger ist. Wir wollen ein Konzept, das im Sinne des Patienten ist. Dort haben wir angesetzt und genau das ist unsere Diskussionsgrundlage. Darüber können wir gern ins Gespräch kommen. - Vielen Dank. 

(Beifall bei der FDP)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Es gibt eine kurze Nachfrage. 


Kristin Heiß (Die Linke): 

Herr Pott, das heißt, Ihre wohnortnahe Versorgung, die Sie erwähnt haben, ist für Köthen dann nicht mehr gegeben; denn die müssten dann nach Dessau oder Bitterfeld fahren? So habe ich das jetzt verstanden. 

(Eva von Angern, Die Linke: Ja!)


Vizepräsident Wulf Gallert: 

Bitte. 


Konstantin Pott (FDP): 

Wenn Sie aus einem Konzept zitieren, dann empfehle ich Ihnen, es bis zum Ende zu lesen. Darin steht am Ende nämlich noch etwas ganz Entscheidendes: Wenn es im äußersten Fall zu Krankenhausschließungen kommt, dann wollen wir immer eine Nachnutzung und intersektorale Konzepte, die dann eine Basisversorgung vor Ort sicherstellen. Das steht ganz klar darin. Ich empfehle Ihnen, in das Konzept zu gucken. Das steht recht weit am Ende, aber das ist auch am Anfang bereits einmal erwähnt. Wenn Sie mit solchen Aussagen kommen, dann sollten Sie das ganze Konzept lesen und bitte auch in seiner Gesamtheit bewerten und nicht nur einzelne Aspekte herausgreifen, die Ihnen in den Kram passen. 

(Zustimmung bei der FDP)

Darin steht auch nicht, dass wir jetzt sofort irgendwelche Krankenhäuser schließen wollen. Das ist schlichtweg falsch.