Dr. Falko Grube (SPD):
Frau Präsidentin! Hohes Haus! Dass die AfD ausgerechnet bei dem Thema KI die Abhängigkeit von den Vereinigten Staaten fürchtet, ist nach den Huldigungen der letzten Tage für die neuen Säulenheiligen Trump und Musk wirklich eine Farce.
(Beifall bei der SPD)
Sie feiern die Auflösung des transatlantischen Bündnisses mit tiefgreifenden Folgen für die Sicherheit Europas und auch Deutschlands.
(Zuruf von der AfD: Das sagt die SPD! Wart ihr mal auf dem Weihnachtsmarkt? Also wirklich!)
Dann zu sagen, KI sei ein Problem, weil wir von Amerika abhängig seien, das ist wirklich der Witz des Tages.
(Zuruf von der AfD: Nein, Sie! - Lothar Waehler, AfD: Nein, das ist nicht der Witz des Tages!)
Zurück zur Debatte. Wir stehen an der Schwelle zu einer neuen Ära, geprägt von bahnbrechenden technologischen Entwicklungen. Künstliche Intelligenz revolutioniert bereits jetzt viele Bereiche unseres Lebens. Wir können einmal die Probe aufs Exempel machen: Wer von Ihnen weiß, dass er KI nutzt? - Die Wahrscheinlichkeit, dass jeder, der auf sein Handy schaut, das schon getan hat, ist groß.
Fakt ist: Im Bereich KI schreitet die Entwicklung rasant voran. Ein besonders faszinierender und zugleich herausfordernder Aspekt dieser Entwicklung ist das Konzept von DeepSeek. Was ist DeepSeek? - Das ist ein KI-Unternehmen aus China. Es ist übrigens nicht die Software oder ein neues KI-System, wie es im Antrag heißt. Die aktuelle gehypte Software ist die Software DeepSeek R1, ein erweitertes Large Language Model, das sich durch seine Fähigkeit zur Textgenerierung auszeichnet. Ja, das hat den Tech-Markt ziemlich durcheinandergebracht. Wer von Ihnen hier im Raum noch NVIDIA-Aktien besitzt, der weiß, wovon ich rede.
KI prägt bereits heute unseren Alltag, von Sprachassistenten über Chatbots in Behörden und Unternehmen bis hin zu selbstfahrenden Autos. KI ist allgegenwärtig und entwickelt sich rasant weiter.
In der Medizin kann sie dabei helfen, Krankheiten früher zu erkennen und individuelle Therapieansätze zu entwickeln. In der Industrie ermöglicht sie effizientere Produktionsprozesse und eröffnet neue Geschäftsfelder. In der Landwirtschaft ermöglicht sie den sparsamen Einsatz von Düngemitteln oder anderen Verfahren. Im Bildungswesen können personalisierte Lernumgebungen geschaffen werden, die auf die individuellen Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler eingehen.
Wir als Bundesland haben die Chance und auch die Pflicht, KI-Innovationen in Unternehmen, in Start-ups zu stärken und die Lebensqualität unserer Bürgerinnen und Bürger zu verbessern.
Herr Kollege Pott hat gesagt: möglichst wenig Reglementierung. Ich komme trotzdem auf den Regelungsrahmen, den uns die EU mit dem AI-Act vorgibt, zu sprechen. Denn dass mit dem Thema KI auch Risiken einhergehen, ist, glaube ich, nicht zu leugnen. Datenschutz und Urheberrecht sind im Zusammenhang mit KI immer ein Problem. Dass KI nach Hause telefoniert und Unternehmen und Staaten Zugriff auf persönliche Profile bekommen, ist ein Problem, und zwar egal ob die Server in China, in den USA oder irgendwann auch hier in Europa stehen.
Was macht der AI-Act? - Er verfolgt einen risikobasierten Ansatz. Danach werden KI-Systeme in vier Risikokategorien eingeteilt.
Die erste Kategorie ist „inakzeptables Risiko“. Solche KI-Systeme werden verboten, z. B. Bewertungssysteme wie in China zur Massenüberwachung.
Dann gibt es solche mit einem hohen Risiko, z. B. in der Medizin, in der Strafverfolgung oder bei kritischer Infrastruktur. Da gibt es sinnvollerweise gerade beim Thema Datensicherheit strenge Auflagen.
Dann gibt es die Kategorie „begrenztes Risiko“. Dabei geht es vor allem Chatbots oder Deepfakes. Da gibt es dann zumindest eine Kennzeichnungspflicht für die Nutzerinnen und Nutzer.
Und dann gibt es die Kategorie „minimales Risiko“ - Spamfilter, Videospiele. Das ist kaum reguliert.
Was bleibt für uns in Sachsen-Anhalt zu tun? Der Minister hat schon viel gesagt. Ich möchte noch drei Punkte ergänzen bzw. verstärken.
Erstens: der Bereich Bildung. Wir müssen frühzeitig in die Ausbildung der jungen Generation investieren. Schulen sollen nicht nur digitale Kompetenzen vermitteln, sondern auch ein tiefgreifendes Verständnis für KI-Technologien fördern. Informatik muss einen festen Platz im Lehrplan bekommen, ergänzt durch Fächer wie Ethik und Gesellschaftskunde, um die Auswirkungen von KI kritisch zu reflektieren. Ich weiß nicht ich bin kein Bildungspolitiker; die Ministerin ist auch gerade nicht anwesend , inwieweit die Kultusministerkonferenz das Thema KI und Lehrplanaktualisierung schon auf dem Schirm hat. Aber vielleicht ist das nach der Debatte ein Thema für den Bildungsausschuss, dem er sich widmen könnte.
Zweitens: Infrastruktur und Forschungsförderung. Wir müssen in Sachsen-Anhalt weiter in den Ausbau der digitalen Infrastruktur investieren. Breitbandnetze und moderne Technologien müssen flächendeckend verfügbar sein, um Innovationen zu ermöglichen. Forschungszentren und Start-ups im Bereich KI verdienen unsere besondere Unterstützung. Durch die Kooperation von Universitäten, Wirtschaft und öffentlichen Einrichtungen können Kompetenz-Cluster ausgebaut werden, die national und international wettbewerbsfähig sind.
Drittens das ist ein Punkt, der uns als Sozialdemokraten immer besonders wichtig ist : Arbeitsmarkt und soziales Gleichgewicht. Die Automatisierung und der Einsatz von KI werden den Arbeitsmarkt unweigerlich weiter verändern. Wir haben das bei der industriellen Revolution erlebt, was die physische Arbeit betrifft. Wir werden das bei der KI erleben, was die intellektuelle Arbeit betrifft. Wir müssen daher Strategien entwickeln, um den Übergang abzufedern. Weiterbildungs- und Umschulungsprogramme können helfen, Arbeitskräften neue Perspektiven zu eröffnen. Wir werden das Ganze auch mit dem Thema soziale Sicherungssysteme matchen müssen.
International beobachten wir einen Wettlauf um die Vorherrschaft im Bereich der KI. China und die USA investieren Milliardenbeträge. Wir sollten uns nicht dem Narrativ, wir seien abgehängt, ergeben; wir sollten uns bemühen, nicht abgehängt zu werden. Wir müssen unsere Aktivitäten intensivieren, auch auf der europäischen Ebene.
Das Beispiel Mistral AI ist genannt worden. Das ist der europäische Branchenführer, dicht dran an OpenAI. Das ist ein französisches Unternehmen. Im Rahmen des AI Action Summit wurden KI-Investitionen in Höhe von insgesamt 309 Milliarden € angekündigt. Vielleicht kommen noch 500 Milliarden € für das KI-Projekt „Stargate“ hinzu. Das sind keine Einzelinvestitionen. Ich denke, für Europa ist das ein erklecklicher Betrag.
Zum Schluss: Wir können uns über KI unterhalten und uns die schöne neue Welt ausmalen, aber trotzdem das ist etwas, das wir in diesem Hause kennen müssen wir unsere Hausaufgaben erledigen. Wir haben in manchen Kommunen noch heute ein Problem, Leistungen nach dem OZG anzubieten, selbst solche, die schon da sind. Digitales Lernen ist auch nach Corona noch nicht überall der Normalfall. Da gibt es einiges zu tun. Das müssen wir parallel machen. Wir können nicht warten, bis die Hausaufgaben erledigt sind, und uns dann der KI widmen. Beides muss gleichzeitig geschehen. Dazu will ich nicht missverstanden werden. Aber am Ende des Tages gilt: Die schöne neue Welt mit der KI funktioniert nur, wenn die Skills da sind, wenn die Infrastruktur da ist. Dazu müssen wir unseren Teil beitragen. Es gibt noch einiges zu tun, auch wenn wir auf einem guten Weg sind. - Vielen Dank.
Dank, Herr Dr. Grube. - Es gibt eine Intervention von Herrn Bernstein. Herr Bernstein, bitte.
Jörg Bernstein (FDP):
Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Sehr geehrter Kollege Grube, eine kleine Ergänzung zum Bildungsbereich. Der Bildungsausschuss hat sich, glaube ich, schon im Jahr 2023 in einer Anhörung mit dem Thema KI beschäftigt und letztendlich auch die Dinge bewertet, die im Land schon aktiv sind. Vielleicht der kleine Hinweis in die Runde, dass wir als Sachsen-Anhalt dabei durchaus vorangehen, kann man sagen.
Auf dem Landesbildungsserver haben die Kolleginnen und Kollegen, also unsere Lehrkräfte, die Möglichkeit, sich nach einer Online-Schulung, die inhaltlich super gestaltet ist, für einen Zugang zu dem sogenannten emuKI GPT 4 freischalten zu lassen. Das ist also der volle Funktionsumfang ohne den Nachteil, dass man dort irgendwelche persönlichen Daten hinterlegen muss. Man kann damit z. B. Unterrichtsmaterialien erstellen, auch gegenchecken, ob Dinge wie die, die hier vorn zu den Witzen erzählt wurden, stimmen.
Ich kann sagen: Es ist tatsächlich so. Ich glaube, wir als Sachsen-Anhalt sind dabei das muss man immer wieder einmal sagen ganz gut unterwegs. Aber es ist natürlich noch viel zu tun. - Vielen Dank.
(Zustimmung bei der FDP und von Matthias Redlich, CDU)
Vizepräsidentin Anne-Marie Keding:
Herr Grube.
Dr. Falko Grube (SPD):
Vielen Dank für den Hinweis. Dazu zwei Anmerkungen. Wir merken erstens, dass die Arbeitsteiligkeit hier im Parlament funktioniert, zweitens, dass das Thema KI offensichtlich ein übergreifendes Thema ist. Das merken wir auch daran, dass der Wirtschaftsminister geredet hat, nicht die Digitalisierungsministerin.
Eines habe ich vergessen: Wir würden über das Thema KI-Strategie gern auch einmal im Digitalisierungsausschuss sprechen. Mir war nicht bewusst, dass dies Teil der Innovationsstrategie und quasi bei den Wirtschaftsleuten versteckt ist. Aber das werden wir, glaube ich, mit einem gemeinen Selbstbefassungsantrag heilen. - Vielen Dank.